Festung Zehn
wie ihr Rhythmus in mich drang, fühlte ich, wie ihre Herzräder meine antrieben, wie sich ihre Ventile öffneten und schlossen, wenn es meine taten, bis es keinen Ritter mehr gab, der es mit dem goldenen Ritter aufnehmen konnte. Damals war sie blau und golden, deshalb trug ich eine goldene Rüstung und ihre blauen, spitzenbesetzten Schleifen, und Tronser war ein goldenes Pferd. Wir drei und Erhabenheit waren damals ein Ausdruck in Ibel – die goldene und blaue Lanire, ich und Tronser.«
Er hielt inne; das Surren ging in ein knirschendes Ächzen über und dann in nichts. Ich schaute ihn an, und ich konnte nicht entscheiden, ob ich lachen wollte oder ob jenes juckende brennende Gefühl eine Träne in meinen Fleischstreifen war, die versuchte, meine Augen zum Regnen zu bringen. Da mein Wesen das eines Moderaners war, gab es normalerweise keinen Kummer wegen Liebesaffären, und die Größere Wirklichkeit nahm meine beste Denkzeit in Anspruch. Und doch – und doch – dringt manchmal, in kleinen angsterfüllten Zeiten, ein nagendes Etwas in mein Neumetallgehirn ein und arbeitet dort, bis ich mir nicht mehr sicher bin, daß ich mit meinen »Ersetzungen« aus Neumetallegierungen ewig leben werde und bis ich mir nicht mehr sicher bin, ob die Größere Wirklichkeit wirklich Gültigkeit hat. Und zu solchen Zeiten werde ich zu Fragen verleitet, die für mich völlig ohne Interesse sein sollten. »Wer war der große Ritter, der den Goldenen Ritter schlug? Wie groß war die Schönheit seiner Dame? Und er muß mit einem prächtigen Pferd beritten gewesen sein – einem Hengst aus Stahl und Drachen, wenn er besser als Ihr Tronser gewesen ist!«
»Er war kein großer Ritter«, antwortete er mir. »Er hatte keine schöne Dame. Und wenn Sie sagen, daß er ein großes schwarzes Pferd ritt – nun, das würde zum größten Teil reine Einbildung sein. Aber es gab kein Feld, auf dem er nicht gegen mich antrat. Wenn ich zum Lanzenstechen ritt, war er immer in meiner Reichweite oder dicht neben mir. Und sogar wenn ich vor den großen Gefechten in meinem Bett lag und fühlte, wie mein Herz stark und bereit war und aus ihrem Herzen Kraft schöpfte, war er direkt vor meinem Fenster und beobachtete mich wie ein eifersüchtiger Hund. Und dann gingen wir hinaus, um Tronser zu satteln, und er, diese Kreatur, beobachtete uns immer; er beobachtete immer das Prüfen der Lanzen.«
»Für einen Ritter«, murmelte ich, da ich von der Heftigkeit seiner Sprechweise völlig gefesselt wurde, »benahm er sich recht merkwürdig.«
»Er war kein richtiger Ritter!« schrie er gellend. »Er war ein Schuft, ein Hund. Er war eine lange schwarze Ratte, die dem Tod nachschnüffelte, nachdem die Sonne untergegangen war. Er war am eifersüchtigsten, wenn wir ganz oben waren. Oh, dann zog er gegen uns, dann rannte er gegen uns an. Und schließlich bekam er meine Lanire, und jetzt muß er mich beseitigen.«
Ich dachte an ein schreckliches Monstrum, das sich an einer Küste von Moderan an einer Dame verging, und ich sagte entsetzt: »Er hat Ihre Dame, und Sie, der Goldene Ritter, sind hier und plaudern mit mir!?«
Er antwortete mir nicht sofort. Zeichen des Schmerzes waren in den Fleischstreifen zu erkennen, die sein Gesicht aufwies, und er ging den vollen Bereichswechsel seiner Herzeinstellungen durch. »Noch nicht«, sagte er sich immer wieder, »noch nicht. Ich nehme an, niemals. Es ist sinnlos.« Dann drehte er sich in meine Richtung, und ich sah, daß ihn eine Höhle erwischt hatte; ein Ort, der zu dunkel und zu tief für seine kranken Augen war, die an die eines toten Fisches erinnerten, zog sein Gehirn hinunter. »Sprechen Sie zu mir über große Ritter«, schrie er. »Sprechen Sie zu mir darüber, daß uns die Sonne mit Feuer und Schatten mißt. Sprechen Sie zu mir von jenem endlosen Sandsturm und dem Vergehen des Himmels. Haben Sie den Schnee gezählt? Vor kurzem? Lanire! Lanire! Lanire – haben Sie sie kürzlich gesehen? Ich habe es nicht! Ich fühle nur den großen Schmerz ihres Herzens.«
Dann fiel er von seinem Pferd herunter, und ich dachte, daß er vielleicht sterben würde, als er umherrollte. Aber er tat es nicht, und ich vergab ihm die Schmach seines Schmerzes, da ich fühlte, wie groß sein Verlangen war. Als er sich vom Umherrollen in meinem Hof erhob und wieder auf Tronser gelangt war, war er wieder der vollkommene Ritter. »Vergeben Sie mir«, sagte er, »wenn ich Ihren Sinn für geziemendes Benehmen verletzt habe. Ich möchte gerne das
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