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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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bewertet und beschlossen, daß ich ein besonderes Zeichen der Anerkennung für meine Taten erhalten sollte? Sind sie endlich aufgewacht?«
    Ein kleines Stirnrunzeln durcheilte seine Gesichtsplatten genau an den Stellen, wo die Fleischstreifen seines Gesichts sich mit seinem Neumetallkopf verbanden. Er breitete seine Neumetallarme in einer Geste aus, die mich in gewisser Beziehung wünschen ließ, daß er jene Zehe nur ein winziges bißchen über der Linie, der Zerstörungslinie, stehen gehabt hätte, damit ich ihn mit bestem Gewissen zu den Messern und den Mahlgeräten hinunterfallen lassen könnte, um jenen Blick und jenes verächtliche Armschwingen-voll-Hohn in den endgültigen Zustand von Staub versetzen zu können. Aber ich tat es natürlich nicht. Aus Neugier und einem starken Gefühl der Fairness ertrug ich ihn. »Eine Welt der ungestümen schneidigen Taten mit Kanonen wünscht Belohnungen«, sagte er. »Aber ich habe ein größeres Ziel. Wenn ich sage ›ich bringe Ihnen meine Blumen‹, dann meine ich, daß ich Ihnen das Wesen meiner Blumen bringe. Tatsächlich bringe ich Ihnen diesen Blumenstrauß nicht wirklich. Denn dieser Blumenstrauß ist eine meiner Hände, falls Sie es interessiert!«
    Nun, das brachte mich ins Wanken. Irgendwie warf mich das öfter, härter hoch und schleuderte mich nieder, als wenn er mir plötzlich enthüllt hätte, daß er einen Neumetallarm hätte, der in einem eingebauten Messer oder einem Gewehr endete. Warum sollte sich ein Mann in dieser Welt, in der ein Individuum all die guten Stahlhände braucht, die es bekommen kann, sich absichtlich eine Hälfte wegschneiden? Oder war es doch keine Absicht? »Ist dies irgendeine Strafe?« fragte ich. »Begingen Sie einmal eine feige Tat, wegen der man Ihnen eine Ihrer Hände abschnitt und sie durch ein paar Blumen ersetzte, um Sie für immer in einer Welt des Mutes und der entschlossenen Taten zu isolieren? HA.«
    Der Blick, den er mir zukommen ließ, eine finstere Grimasse, die alle Fleischstreifen und allen Stahl seines Gesichts einbezog, veranlaßte meinen umsichtigen Mut, meine Gedanken zurück zu Auslösehebeln zu drängen, die ein Bodensegment rasch herabstürzen lassen würden. Aber ich ließ ihn natürlich nicht herabstürzen. Ich hörte zu, als er sagte, »Sie haben also Hände, um Hebel zu packen, Finger, die für die Knöpfe entworfen sind und Fingernägel, um vielleicht an einem stählernen Gewissen zu kratzen, das vielleicht überhaupt nicht existiert. Und doch glaube ich, daß Sie ein Gewissen haben, Mensch! Deshalb bin ich hier; deshalb gehe ich. Und ich werde weiter durch diese waffenstarrende Welt gehen, direkt in die Spitzen von Kanonen hinein, wenn ich kann, und natürlich kann ich es – ich muß! – bis Ihr Gewissen und alles, was ihm ähnlich ist, aus all diesen Kanonen einen riesigen Blumentopf macht. Sie glauben, daß ich Witze mache. Oh, daß ich in solch eine Welt kommen mußte, in der ein solches Ziel als ein Witz angesehen wird.« Bei den letzten Worten warf er sich völlig unerwartet für mich flach auf den Boden, und er begann, mit seiner Blumenhand auf die Platten des Hofes zu schlagen. Das fahle Blau der Aus-dem-Boden-Schießer des Frühlings, das tiefe Rot der ganzen der Jahreszeit nicht angemessenen Rosenknospen und das Gelb der schäbigen Narzissen bildete aufblitzende leuchtende kleine Farbbogen, als er sie eins-zwei-drei, eins-zwei-drei auf den Boden schlug, in einem hypnotischen, zum Wahnsinn treibenden Rhythmus.
    Als er damit fertig war, lag er recht erschöpft da, mit dem Gesicht nach unten, seine schöne aber jetzt zerschmetterte Hand streckte sich so weit wie möglich in meine Richtung, sein Brustgebläse, das aus ewig arbeitenden Standardlungen der Neuen Methoden bestand, ging in recht flottem Tempo, um seine Erschöpfung auszugleichen, und er sah, wenn man alles berücksichtigte, im wesentlichen wie ein interessanter alter Abfallhaufen aus. Ich bemerkte beiläufig, daß, obwohl seine zerschmetterte Hand maximal in meine Richtung gestreckt war, nicht einmal ein Stückchen der am weitesten nach vorn zeigenden zerfetzten Narzisse diesseits der Gefahrenlinie lag. Ich entspannte mich, atmete ruhiger und konnte mir nicht verkneifen zu fragen: »Wieviele Blumensträuße verbrauchen Sie durchschnittlich pro Jahr, Mann?«
    Er kam vom Boden hoch wie eine alte, gestürzte, große, narbige Sonnenblume, die von einer magischen Sonne hochgehoben wurde, um wieder zu stehen. In ihm und um ihn herum war ein

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