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Festung Zehn

Festung Zehn

Titel: Festung Zehn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Bunch
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Moderan. Es handelt sich immer einfach nur darum, daß wir uns an unseren Schalttafeln zurücklehnen und die Raketenwerfer starten lassen, beobachten, wie die laufenden Puppenbomben dahinziehen, lauschen, wie die Ehrlichen Jakobs vorbeikreischen und die hohen, unheimlich gellenden Zertrümmer-Trümmer auf ihren automatischen Weg zum Töten bringen. Deshalb sagte ich, als der Augenblick vorüber war und ich ihn nicht so eingehend haßte oder ihn mit meinen beiden bloßen Händen auseinandernehmen wollte: »Grüße, Festung 9. Im Krieg der nächsten Woche habe ich einige Überraschungen für Sie. Mein Experimentierkorps, Sie verstehen –« Ich ließ es baumeln, und er wandte mir ein verdrießliches Gesicht zu, das durch eine Nase aus Fleischstreifen noch scheußlicher gemacht wurde, ein riesiges Ding und sicherlich ein Kennzeichen seiner Familie, das er zu behalten auserwählt hatte. Die meisten von uns hatten sich vor langer Zeit entschlossen, die Ganzmetall-Nase aus einer Neulegierung zu nehmen, denn sie war normalerweise besser geformt, nebenbei leistungsfähiger und verhütete Reinigungsprobleme. Seine kleinen Neumetallaugen hefteten sich mit unverhülltem Haß auf mich. »So, deshalb haben Sie so einen kleinen Tränenbeutel für den Tag der Buße«, schloß er mit auf Spott eingestellter Stimme. »In der Woche der Sühne bereiteten sie einen Sprenger vor, anstatt Tränen zu machen!«
    »Mein Tränenbeutel ist hinreichend«, sagte ich. »Ich bin in allen Belangen hinreichend, wie Sie wissen. Und erheblich besser als hinreichend in den Dingen, nach denen wir bewertet werden.«
    Er wandte sich ab und kochte, schäumte vor Wut, wie ich wußte, denn ich hatte ihm die Wahrheit gesagt. Ich war der anerkannte Meister der Niedertracht in unserer Provinz, meiner Festung wurden im Kriegsbuch mehr größere Kriege bescheinigt als irgendeiner anderen Festung in unserem Sektor. Jedes Jahr erhielt ich die Kriegsmedaille mit der Nummer meiner Festung darauf und der eingravierten Jahreszahl. Ich schlenkerte nachlässig mit der letzten, während wir gingen. »Nächste Woche«, sagte ich, als ob ich über nichts Bestimmtes reden würde, »nächste Woche!« Dann waren wir ein Durcheinander von Herren, als wir wieder auf rauhen Boden stießen, wir strengten uns bis zum äußersten mit unseren Scharnieren an, um mit metallischer Präzision zu gehen, fanden es aber sehr schwierig, überhaupt in unseren Fleischstreifen und Stahlteilen zu gehen, denn wir waren wirklich nicht zum Gehen, sondern vielmehr dazu bestimmt, in den Kriegsräumen unserer Festungen zu sitzen und auf die Knöpfe für die Raketenwerfer zu drücken. Als wir uns entflochten, ging ich neben Festung 2. Festung 2 war für moderanische Verhältnisse ein sehr junger Herr. Sein Fleischstreifen-Anteil war nicht festgelegt, und seine Festung war ihm vor nicht mehr als zehn Jahren verliehen worden. Aber wir hatten in dieser Zeit einige erstklassige Kriege gehabt, er und ich, und es war ihm im Buch bescheinigt worden, daß er ein kommender Mann war. Er hatte ungefähr meine Größe und meine Statur, und ich mochte den offenen Blick in seinem Gesicht und die Art, in der seine weiteingestellten Neumetallaugen alle Dinge mit einem starren Blick, der verläßlichen Haß ausdrückte, betrachtete. Ein Mann, auf den man sich verlassen konnte. Aber obwohl ich ihn mit nicht mehr als dem guten sauberen notwendigen Haß unserer Zeiten haßte, beschloß ich, ihn ein wenig zu reizen, nur so zum Spaß. »Grüße, Festung 2«, sagte ich. »Ich erwarte, daß ich nächste Woche meinen neuen Sprenger für die Serienproduktion fertig haben werde. Es ist wirklich ein neuer Durchbruch bei der Pulverisierung. Mein Experimentierkorps, Sie verstehen–« Ich ließ es für eine Weile baumeln, während er ging und an seinen Gedanken brütete. »Lassen Sie mich nachdenken«, sagte ich nach kurzer Zeit und gab vor nachzusinnen. »Ich glaube – ja, ich bin sicher – man hat uns, Sie und mich, für einen Versuch vorgesehen. Nächste Woche.«
    Er wandte mir diese weiteingestellten guten Augen zu und sagte mit gleichmäßiger Stimme: »Wir kämpfen, ich weiß – nächste Woche.«
    »Ja, wir kämpfen.« Dann stieß ich freundschaftlich die Spitze meines stählernen Ellbogens gegen seinen Brustfleischstreifen und sagte: »Sie haben nicht viel zu verlieren. Sie sind eine junge Festung und haben keine lange Tradition. Man hat Sie wahrscheinlich mir und meinem neuen Sprenger zugeteilt, weil man gerne Ihr

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