Festungsklause Saghon
selten. Aber wenn er sprach, hatte er etwas zu bieten.
»Der Gedanke ist durchaus nicht abwegig«, pflichtete ich ihm bei. »Wir werden sehen, wie man auf uns reagiert. Sind Ihre frisierten ›Nachlaßunterlagen‹ in Ordnung? Man wird den bekannten japanischen Wissenschaftler Nishimura augenblicklich erkennen. Ich möchte Sie gern als Paradestück meiner Mitarbeiter vorweisen.«
Sein immer etwas maskenhaft anmutendes Gesicht entspannte sich in einem schwachen Lächeln.
»Völlig in Ordnung, Sir. Ich habe sogar mit meiner Familie gebrochen und unauffällig anarchistisches Ideengut verbreitet. Offiziell gelte ich als Toterlay-Bewunderer. In der Tat, Sir, gibt es immer mehr Menschen auf unserer Welt, die Toterlays Verbrechen gutheißen.«
Die Worte rüttelten mich mehr auf als Allisons Berichterstattung über die Diskriminierung der GWA.
»Werden Sie nur nicht zum Märtyrer für Verrückte und ewig Unzufriedene«, warnte Samy Kulot düster. »Muß das Spiel unbedingt so weit gehen?«
»Der Gegner läßt uns leider keine Wahl, Samy. Finden Sie sich damit ab. Helfen Sie mir, bitte. Ich stehe auf. Ich habe nach wie vor etwas dagegen, daß seltsame Intelligenzen nahezu unbemerkt und mit dem Anschein des Rechts dabei sind, die Menschheit zu unterjochen. Wie hängt das mit dem Mars-Bazillus zusammen, Dr. Kulot?«
Samy rieb seine hageren Hände gegeneinander. Wir vernahmen ein schabendes Geräusch.
»Wir glauben neuerdings, daß die Todesschläfer menschliche Individuen in einer wahrscheinlich positiven Form modifizieren können. Deneber wurden durch die Gehirnpest dahingerafft. Was aber geschieht mit uns? War das von Admiral Saghon eingeplant? Wollte er sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Wollte er die Deneber vernichten und die junge atlantische Menschheit biologisch aufforsten, damit sie bei der erhofften Rückkehr der marsianischen Restflüchtlinge aktiv und lebenstüchtig war – vor allem aber hochintelligent? Wenn das die Ursache des Rätsels ist, Konnat, dann haben Sie mit der Fehlprogrammierung des Saghonschen Reizsenders eine künstliche Evolutionswoge von gigantischen Ausmaßen verhindert. Das würde ich ein Zeitparadoxon nennen.«
Ich schwang die Beine aus dem Bett. Die Robotsonden lösten sich automatisch von meinem Körper. Die Maskenaufpflanzung war beendet.
»Ich trage mich mit ähnlichen Überlegungen. Die Lösung werden wir in der Andenfestung der Marsianer finden. Dort habe ich vor 187 000 Jahren einen Freund zurückgelassen, der bis zu seinem natürlichen Tode vermutlich sehr viel Zeit hatte, seinen Verstand spielen zu lassen. Sein Name war Hedschenin, Okolar- Scharno, Abwehrchef für die gesamte Erde, engster Vertrauter des Marsianers Markhas, Generalstatthalter der dritten Solwelt. Wir werden sehen, inwieweit Hedschenin an seine zeitgenössische Menschheit und damit an uns, die Nachfahren dieser atlantischen Menschheit dachte. Ich hatte ihn eingehend über unsere Entwicklungsgeschichte und derzeitigen Kulturstand unterrichtet.«
Allison blinzelte und rieb sich mit dem Handrücken den Schweiß aus den Augen.
»Das nenne ich eine typische Konnat-Idee«, spöttelte er, aber er war beeindruckt. »Ich schließe mich ihr an, wenn Sie mir verraten, was ein Mann wie Hedschenin nach dem Untergang von Atlantis noch ermitteln oder erforschen wollte. Er saß in der An denfestung. Er war abgeschnitten. Die Überflutung der Kontinen te und Erdmassenverschiebungen dauerten viele Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte. Was erwarten Sie?«
»Nachrichten, Framus, lediglich Nachrichten! Er ahnte schon damals, daß wir wiederkommen würden. Was hätte ihn daran hindern sollen, witterungsbeständige Informationen zu hinterlassen? Und dann ist da noch etwas …«
»Was?« fragte er. Er flüsterte fast.
Ich blickte die Männer der Reihe nach an. Wieso kam niemand auf die richtige Idee? Auf eine Idee, die durchaus real sein konnte.
»Glauben Sie ernsthaft, die Marsianer hätten sich nach dem überstürzten Rückzug nie mehr um die Erde gekümmert? Es gab Überlebende. Wir wissen auch, daß auf Venus ein großer Fluchtstützpunkt für die Mächtigsten der Mächtigen in aller Heimlichkeit erbaut worden war. Das ahnten nicht einmal marsianische Spitzenwissenschaftler. Ich bin daher sehr neugierig, was in Wirklichkeit geschehen ist. Es steht nämlich fest, daß Saghon nach seiner Niederlage nicht ahnte, daß die Deneber ebenfalls am Ende ihrer Reserven angekommen waren. Diese Intelligenzen haben das nur
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