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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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gewaltsam von seinen süßen Gedanken los, aber der alte König sprach glücklicherweise nicht länger mit ihm. Ein Zwerg in Kampfmontur, dessen langer roter Bart zu zwei breiten Zöpfen zusammengebunden war, welche über sein dunkles Lederwams fielen, war neben ihn hingetreten und betrachtete ihn mit gutmütiger Miene, ja fast mit einem Ausdruck von Zuneigung. Uther erwiderte sein Lächeln, bemüht, sich sein Amüsement nicht anmerken zu lassen. Trotz seiner Kriegsausrüstung, seines schweren zweischneidigen Beils und seines Helms war dies hier kein Krieger. Zu dick.
    »Bran ist der jüngere Bruder von Prinz Rogor, Thronerbe von Troin unter dem Schwarzen Berg ...«
    Der alte König machte eine kurze Pause.
    »Vielleicht sogar offizieller Erbe, falls Rogor nicht mehr am Leben ist...«
    Es kam ihm vor, als plustere Bran sich auf. Auf jeden Fall unternahm er eine lobenswerte Anstrengung, seinen Bauch einzuziehen.
    »Das spielt zwar überhaupt keine Rolle«, bemerkte Baldwin mit einem eisigen Blick auf den jungen Zwerg. »Doch Bran hat königliches Blut in den Adern. Er kennt die ganze Geschichte. Falls ihr bis zur Königin Lliane gelangt, wird er alles bezeugen können.«
    »Sire, Ihr könnt Euch auf mich verlassen«, erklärte Bran. »Wir werden sie finden, und ich werde ihr alles, was ich weiß, erzählen.«
    »Du weißt überhaupt nichts«, knurrte Baldwin. »Sieh einfach nur zu, dass du am Leben bleibst.«
    Der König erhob sich, begleitet von einem metallischen Klirren seines Kettenhemdes, und stieg die drei Stufen seines Thrones hinab, während er Ulfin um die Taille gefasst hielt (vermutlich hätte er ihn lieber an den Schultern gepackt, aber dazu hätte er den Arm ausstrecken und sich auf die Zehenspitzen stellen müssen, was wenig würdevoll gewesen wäre). Wortlos, ohne Bran, der dicht hinter ihnen neben Uther hertrippelte, auch nur eines Blickes zu würdigen, durchquerten sie auf diese Weise das königliche Gemach sowie die Gänge des Palastes und kamen auf dem Paradeplatz heraus, einem riesigen unterirdischen Saal, der durch in die Felsen gehauene Lichtschächte erhellt wurde und so hoch war, dass die beiden Ritter aufrecht stehen konnten, ohne den Kopf einzuziehen.
    Vor ihren Augen öffnete sich das verschlungene Labyrinth von Dal Wid, der Stadt der Zwerge unter dem Roten Berg ein gigantischer Bau unter der Erde, der von endlosen Tunneln durchzogen wurde, so beklemmend und düster, dass keiner, außer Letzteren, hier zu leben vermocht hätte, ohne den Verstand zu verlieren; doch sie liebten ihn über alles. Am Fuße des Palastes ergoss sich eine ganze keifende Einwohnerschar bis in die kleinsten Gassen, panisch wie ein aufgescheuchter Schwarm Wespen. Das stolze und bombastische Dal Wid war nur noch eine vom Schrecken regierte unterirdische Höhle, aus der Trauben von Flüchtlingen herausströmten, mit ihren wertvollsten Habseligkeiten beladen, die die in der Ebene verstreuten Soldaten mühelos mit ihren Lanzenspitzen abfingen.
    Die Stadt glich einem Körper, dessen ganzes Blut durch tausend Schnittwunden entweicht. Ein nicht enden wollender, erbarmungswürdiger Strom, den der alte König fassungslos ansah, mit tränengefüllten Augen. Mehr noch als die Niederlage seiner Armee erschien ihm die Flucht seines Volkes ein Zeichen ihres Untergangs.
    »So endet also meine Herrschaft«, murmelte er.
    Und er kehrte diesem jämmerlichen Gewimmel den Rücken und senkte den Kopf, um den Rittern nicht in die Augen sehen zu müssen. Nach einem kurzen Zögern machte er eine Handbewegung, vielleicht war es ein Abschiedsgruß.
    »Ich gebe euch eine Stunde«, sagte er.
    Für einen winzigen Augenblick wandte er sich Ulfin mit dem traurigsten Blick der Welt zu, dann entschwand er mit großen Schritten in den Schutz seines Palastes. Seine Krieger folgten ihm schweigend, düstererer Stimmung, als je irgendwelche Zwerge gewesen waren, während sie ihrem unseligen Schicksal entgegenmarschierten, mit hängenden Schultern, aber von innerem Frieden erfüllt, stolz auf ihren eigenen Mut gegenüber all dieser offenkundigen Feigheit. Dann schlossen sich die breiten bronzenen Tore des Palastes hinter ihnen, und Ulfin, Uther und Bran blieben alleine auf dem Vorplatz zurück.
    Bedächtig nahm der Zwerg seinen Helm ab, betrachtete ihn mit unbändigem Ekel und ließ ihn schließlich zu Boden fallen. Er riss seine Kettenhaube energisch zurück und zauste wütend sein kurzes, dunkelrotes Haar. Dann packte er sein schweres Beil und ließ es

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