Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02
Vorplatz in Bewegung und marschierten im Gleichschritt in ihren unangenehm knirschenden Plattenharnischen; sechs von ihnen trugen die sterblichen Überreste des Königs auf den Schultern, die anderen waren um sie herum verteilt und hielten mit gestrecktem Arm das blanke Schwert von sich, damit es keinem entging, und der Herold machte große Augen angesichts dieser Schamlosigkeit. Sie legten Pellehuns Leichnam auf den Boden, direkt auf die Steinplatten, enthüllten seinen verstümmelten Körper und entfernten sich dann, wobei sie nun ebenfalls die Klinge aus der Scheide zogen und ein Spalier aus gehärtetem Eisen um den Seneschall bildeten.
Im Halbdunkel des Saales sah der tote König mit seinem um sich ausgebreiteten bespritzten Mantel eher aus wie ein verschwommener Fleck als wie eine liegende Figur. Igraine trat langsam näher, mit zusammengeschnürter Kehle und von Schaudern geschüttelt, den Blick starr auf die grässliche Kerbe in seinem Harnisch geheftet, der von Sekreten und dunklen Spuren geronnenen Blutes verschmiert war. Diese zerstörte massige Gestalt hatte etwas Befremdliches, Anomales an sich ...
»Mein Gott!«
Igraine wich jäh zurück, als sie gewahr wurde, dass der Körper enthauptet war, und blickte entsetzt zu Gorlois auf. Da löste er das Lederband, mit dem der Sack, den er unter dem Arm gehalten hatte, verschlossen war, und legte den blutleeren Kopf König Pellehuns neben dem Leichnam auf die Erde.
Unter den Priestern, Dienern und Soldaten erhob sich einhellig entsetztes Gemurmel. Es war ein schrecklicher, schändlicher Anblick, dieses ehrwürdige Haupt auf den Steinplatten liegen zu sehen, mit dieser fahlen Haut, diesem nach dem fürchterlichen Aderlass schwarz angelaufenen Fleisch, aus dem Splitter zertrümmerter Knochen herausstanden, und den grauen Zöpfen des Königs, die gesprenkelt waren von getrocknetem Blut. Igraine zitterte immer noch, und zwar so heftig, dass sie ihre Hände an ihren Körper presste wie ein Kind. Doch sie stellte mit Entsetzen fest, dass sie keinerlei Kummer empfand, sondern einfach nur Ekel. Sie blickte zu Gorlois auf, und die Ähnlichkeit der beiden Männer frappierte sie. Die gleiche Größe, das gleiche Alter, das gleiche bartlose, harte Gesicht, das gleiche graue Haar, das zu mehreren Zöpfen geflochten und bei Pellehun mit goldenen Schnüren, bei dem Herzog mit roten Lederbändern zusammengehalten wurde. Pellehun war trotz seines Alters nach wie vor ein schöner Mann, Gorlois dagegen war mit seinem einzelnen Auge und jener schrecklichen Narbe, die quer über sein Gesicht verlief, von einer ausnehmenden Hässlichkeit. Und doch ging von ihm ein Eindruck von Stärke und Robustheit aus, die noch beeindruckender waren als sein garstiges Aussehen, denn in seinem Auge lag ein Glanz, der in den Blicken, die der König ihr geschenkt hatte, schon lange erloschen gewesen war. Igraine war verwirrt, als sie bemerkte, dass er sie schamlos anstarrte und im Halbdunkel des Saales etwas verbarg, was ihr wie ein Lächeln erschien. Da erst bemerkte sie die Schwerter.
»Wie könnt Ihr es wagen?«, rief sie.
Die Mauer aus gehärtetem Eisen blieb stumm. Die Recken trugen ihre Helme und hatten die Visiere heruntergeklappt, so dass nur ihre kurzen, nach der Mode in Loth gestutzten Bärte zu sehen waren. Wie sie da so reglos in ihren auf dem Schlachtfeld zerbeulten und geschwärzten Rüstungen standen, ähnelten sie in nichts mehr den höfischen Rittern, die die Trouvères besangen. Das hier waren harte, vom Krieg geprägte Männer, eisengepanzerte Mörder, deren Augen vom Anblick des Blutes stumpf waren. Igraine erkannte sie nicht wieder.
»Messire Oddon«, sagte sie und wandte sich an einen von ihnen, der das Wappenschild des Hauses Orcanie trug, »wie könnt Ihr das Schwert zücken vor Eurer Königin?«
Der Recke hob zur Erwiderung lediglich sein Visier, und Igraine unterdrückte einen Schrei. Das war nicht Oddon, sondern ein Unbekannter mit einem groben, vulgären und brutalen Gesicht.
»Oddon ist tot«, sagte Gorlois leise. »Ebenso wie Sire Noë, Guirre und Glassin, die von diesen vermaledeiten Zwergen umgebracht worden sind ... Und natürlich Ulfin, der Verräter, und jener arme Uther, der noch so jung war ... «
Er trat auf die Königin zu, mit jenem niederträchtigen Lächeln, das sie zutiefst erschütterte.
»Wusstet Ihr, Majestät, dass der König Uther misstraute? Er glaubte, das zwischen ihm und Ihnen ... «
Igraine wurde von Zuckungen geschüttelt, ihre Wangen
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