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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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glühten, und ihr Körper war wie gelähmt, während der Herzog immer näher kam, bis er sie berühren konnte ...
    »Doch das gehört schließlich alles der Vergangenheit an«, hauchte er ihr ins Ohr. »Sie sind alle beide tot. Jetzt sind da nur noch ... wir beide.«
    Sie schreckte zurück und sah ihn entsetzt und so scharf an, dass er mit der linkischen Andeutung eines Lächelns einen Schritt nach hinten wich. Eine Schweißperle rann von seiner Stirn über die Wange hinunter und hinterließ eine helle Spur auf seinem staubbedeckten Gesicht.
    »Wir mussten sie schließlich ersetzen, nicht?«, bemerkte er, und seine Stimme klang wieder sicher, während er gleich einem Gaukler die Arme vor der reglosen Reihe seiner Ritter ausbreitete. »So sind die Recken wieder zu zwölft!«
    »Ihr habt keinerlei Recht dazu!«, schrie Igraine. »Die Recken zu ernennen ist Sache des Königs! Und, falls der König nicht mehr am Leben ist, habt Ihr der Königin zu gehorchen!«
    Gorlois drehte sich abrupt um, und sein verhaltenes Lächeln erstarrte zu einem bitteren Grinsen. Jetzt. Der Moment war gekommen.
    »Werft Eure Waffen fort!«, kreischte sie. »Ich verlange Gehorsam!«
    Doch ihre Stimme war die eines kleinen Mädchens, und aus ihren Augen war Furcht zu lesen.
    »Los, ergreift sie!«, murmelte Gorlois.
    Die Gardisten Igraines umklammerten nervös ihre fein ziselierten Piken, reine Zeremonialwaffen, die ziemlich armselig waren angesichts der Ritter in Rüstung. Einer von ihnen warf seinen Spieß zu Boden, breitete die Arme aus und wich mit gesenktem Haupt zurück. Die anderen schleuderten ihm verächtliche Blicke zu und hielten den Schaft ihrer Lanzen so fest umkrallt, dass ihre Handgelenke weiß wurden.
    »Tötet sie alle«, befahl Gorlois.
    Und er zeigte mit dem Finger auf den Gardisten, der zurückgewichen war: »Den da als Ersten.«
     
     

VI
  Der Dunst

     
    An jenem Abend war Vollmond. Eine leichte, nicht wirklich laue Brise trug den Geruch nach Ernte, geschnittenem und zu Hocken zusammengestelltem Heu und
    dem Schweiß der Tiere herüber. Den ganzen Tag über hatte bleierne Hitze geherrscht, und von einem der schmalen Fenster des königlichen Schlafgemachs aus einer einfachen Schießscharte, die von einem schweren, mit Senkgewichten versehenen ledernen Vorhang verdeckt wurde ließ Gorlois seinen Blick über die Kornfelder gleiten, die sich rings um die Stadt erstreckten und in beinahe phosphoreszierendem Glanz lagen. In der Ferne waren Flammen zu sehen, und das dumpfe Echo von Gelächter, Schreien und schriller Musik drang bruchstückhaft herüber. Die Feuer von Lugnasadh, dem Schnitterfest zu Ehren von Lug ... Eine weitere alte Tradition, die die Mönche nur schwerlich zum Verschwinden bringen könnten.
    Während der gesamten Erntezeit und schon von alters her kamen die Frauen bei Einbruch der Nacht mit Essen und Wein zu den Landarbeitern auf die Felder. Zu Ehren von Lug, dem alten Sonnengott, dessen Macht im August mehr als zu jeder anderen Zeit des Jahres spürbar wurde, entzündete man riesige Feuer, in deren Umkreis die jungen Männer sich gegenseitig herausforderten, um in den Augen ihrer Holden zu glänzen. In jenen Nächten konnte man sich auf Probe für ein Jahr und einen Tag vermählen. Und wenn die Ehe nicht hielt, nun, dann lag es eben daran, dass Lug sie nicht guthieß ... Die Feiern gipfelten am Schluss der Erntezeit in einem großen Fest, doch bereits jene schlichten, ländlichen Lustbarkeiten am Ende eines jeden Tages waren durchaus eine Wohltat für Leib und Seele.
    Gorlois spielte einen Moment lang mit dem Gedanken, Igraine zu wecken und sie im Umkreis der lohenden Flammen von Lug zu heiraten, ob sie nun wollte oder nicht; doch er war nackt, seine Kleider hingen für die Nacht oben auf ihren Stangen, hoch über den kalten Steinplatten und den Mäusen, und er war zu müde. Und dann war er traurig. Für sie war es natürlich leicht. Der Krieg war vorüber, die Zwerge besiegt, die Ernte ließ sich gut an, und die Witwen der Toten wären bald wieder zu haben, wenn ihre Trauerzeit erst einmal um wäre. Er wäre ebenfalls liebend gern glücklich gewesen, aber das war ein Gefühl, das sich schlecht mit dem des Abscheus vereinbaren ließ.
    Gorlois dachte an Excalibur und sah sich wieder im Schlachtgetümmel das funkelnde Schwert schwenken. Für dieses Schwert hatten die Zwerge sich geschlagen, für ihren Talisman, und nach ihrer Niederlage war der Rote Berg über den Überlebenden eingestürzt und hatte für

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