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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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befestigten Marktfleckens nieder. Der Tag war lang gewesen, und kaum jemand war noch aufgeblieben, nachdem der Mönch das Angelus geläutet hatte. Bei Sonnenuntergang waren die Felder, wie es Sitte war, den Ährenlesern, Frauen, Kindern und Leibeigenen überlassen gewesen, die die paar von den Landarbeitern vergessenen Ähren einsammelten und, sobald die Handvoll Bogenschützen, die die Ernte bewachten, sich zurückgezogen hatten, die Stoppeln abschnitten, für das Dach ihrer strohgedeckten Hütten oder als Streu für die Tiere. Wieder andere Soldaten, die unter ihren Kettenpanzern schwitzten, hatten den ganzen Tag über müßig im Schatten eines Vordachs gelegen, um auf das Korn aufzupassen, bis die Offiziere kamen, um die auf jedes Gut entfallenden Abgaben, das Lehnkorn für den Lehnsherrn und den Zehent für die Kirche, zu ermitteln. Eine bescheidene Abgabe, wenn man die Größe des Marktfleckens bedachte, die kaum reichen würde, um die Pferde und das Haus von Cystennin le Béni mit Nahrung zu versorgen.
    Man war weit entfernt von Loth und den Mauern der Königsstadt, weit entfernt vom Krieg und weit entfernt von den Marken. Cystennin war in den legendären Zeiten auf der Seite Pellehuns gegen Den-der-keinen-Namen-haben-darf in die Schlacht gezogen, und seine tapfere Haltung hatte ihm diese Baronie eingebracht. Aber das war eine halbe Ewigkeit her und gehörte bereits der Geschichte an ... Der Baron war nur noch ein alter Mann, der sich danach sehnte, in dem kleinen Fort, das ihm als Schloss diente, einen friedlichen Lebensabend zu verbringen. Es handelte sich um ein nach altem Vorbild errichtetes Gebäude, einen schlichten, befestigten Landsitz aus Holz auf der Kuppe einer Anhöhe, oberhalb eines Zweihundertseelendorfes, und das Gebäude selbst war durch einen Graben und einen Erdwall geschützt, in den ein Palisadenzaun gerammt war, eine Wand aus miteinander verbundenen, massiven, spitz zulaufenden Bohlen, deren Außenseite von Dornenzweigen überwuchert war. Der einzig massive Bau des ganzen Marktfleckens war die Kirche, ein Steinwürfel, über dem ein kleiner rechteckiger Glockenturm aufragte, der noch keine Glocke erhalten hatte. Cystennin war erst vor kurzem konvertiert (was ihm auch seinen Beinamen »le Béni«, der Gebenedeite, eingetragen hatte), und seine Baronie war nicht reich genug, um die Dienste eines Metallgießers zu bezahlen.
    Für die Nacht hatte man die Zugbrücke hochgezogen und das große Tor geschlossen, das die einzige Straße, die durch den Marktflecken verlief und bis zum Schloss hinaufführte, versperrte. An seine Flügel hingesunken, dämmerten zwei in ihre Mäntel gewickelte Soldaten. Was sollte es schon ... Es gab ohnehin nichts Großartiges zu bewachen, solange nicht die ganze Ernte geworfelt und die Stoppeln verbrannt waren. Dann müsste man sie bis zur Stadt und zu den Mühlen geleiten und auf das Korn aufpassen. Die Ernte zu verlieren hieße, das Dorf noch vor dem Winter zum Hungertod zu verurteilen ... Aber was gab es bis dahin schon zu befürchten, außer den erbärmlichen Raubzügen der Landstreicher, die die Kinder allein mit Steinwürfen vertrieben, oder den Wölfen und Füchsen, gegen die der Palisadenwall ausreichenden Schutz bot?  
     Ein Hund hob zu bellen an und riss eine der beiden Wachen jäh aus dem Schlaf. Der Mann schüttelte sich, worauf von seinen Schultern eine von Mehl durchsetzte Staubwolke aufstieg, die ihn in den Nasenlöchern kitzelte und zum Niesen brachte. Er hob einen Stein auf und schleuderte ihn auf gut Glück in die Richtung des Tieres, das immer noch bellte ...
    »Ruhe!«
    Der Hund begann zu knurren, doch ein zweiter, besser gezielter Steinwurf schlug ihn in die Flucht, und er lief winselnd davon.
    »Drecksvieh ...!«
    Der Wachtposten tastete nach seinem ledernen Helm, der auf die Erde gerollt war, gab die Suche dann auf und erhob sich schwerfällig, mit einem müden Seufzer, wobei er sich auf seine Lanze stützte. Er fühlte sich steif, seine Muskeln schmerzten, und er zog die Schöße seines Mantels um sich. Nach der mörderischen Hitze des Tages war es jetzt kalt, ja sogar eisig, ohne dass etwas zu trinken greifbar gewesen wäre, um sich aufzuwärmen. Plötzlich lenkte der Schrei eines Raubvogels seinen Blick zum Himmel, gerade noch rechtzeitig, um einen weißen Schatten zu erkennen, der in der Dunkelheit dahinglitt, zu schnell, als dass er ihn wirklich genau gesehen hätte. Vermutlich ein Jagdfalke, die größte Falkenart, der das weiße

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