Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02
versetzt wurden.
Vor dem Tor seines Schlösschens stand der alte Cystennin, barfuß und mit nacktem Oberkörper, einzig mit seinen Beinkleidern angetan, und blinzelte schlaftrunken mit den Augen, während er ungläubig zusah, wie die Flammen sein Dorf verschlangen. Sein Schwert schleifte auf dem Boden, sein Schild baumelte nutzlos an seiner Seite, und er sah mit hängenden Armen den ungeordneten Trupp seiner Männer unter dem Ansturm der Elfen dahinschmelzen, während seine Ohren von ihren Todesschreien und den gellenden Rufen der Sieger dröhnten. Ein aus dem Nichts aufgetauchter Pfeil zerfetzte ihm die Wange und riss ihn brutal aus seiner Apathie. Mit einer instinktiven Geste hob er schützend seinen eisernen Schild vors Gesicht und stürzte Hals über Kopf bis zum Eingang zurück. Zu spät. Die Elfen waren gleichzeitig mit ihm an der Türöffnung angelangt und stürmten bereits ins Innere des Hauses. Ein metallischer Schlag auf seinen Schild, das Aufblitzen einer Klinge. Cystennin hieb mit einem lauten Aufschrei auf eine vorbeihuschende Gestalt ein, und zwar so stark, dass sein Arm taub blieb. Er sah den Elf nicht einmal zusammenbrechen. Schon tauchte ein weiterer vor ihm auf, dann noch einer, mit hoch gezogenen Lefzen und dem Blick eines Wolfes. Als er noch weiter zurückwich, prallte er gegen den langen Eichentisch im Speisesaal. Bei dem Versuch, ihm auszuweichen, gab er sich jedoch eine Blöße und spürte den spitzen Stich eines Dolches in seinem Arm. Er rammte seinem Angreifer den Ellbogen ins Gesicht und drängte ihn wütend mit Fausthieben und Fußtritten zur Seite. Hinter ihm heulte jemand auf. Weibliche Stimmen. Er fühlte, wie sein Schwert die Lanze eines Elfs glatt durchbrach und wie eine Holzfälleraxt in dessen Rippen eindrang. Der Tisch, den er nach wie vor im Rücken hatte, hinderte ihn daran, sich frei zu bewegen. Dann raubte ihm ein entsetzlicher Stoß den Atem. Er spürte die Wärme seines eigenen Blutes auf seinem Oberkörper, einen erneuten Hieb und den Boden unter seiner Wange. Sowie den Staub auf seinen Lippen.
»Hört auf!«
Cystennin schnappte nach Luft, das Gesicht auf die Erde gepresst, schweißüberströmt. Um sich herum sah er nichts als Beine im goldenen Schein der Kerzen. Eine von ihnen war während des Kampfes heruntergefallen und brannte auf dem Boden weiter. Das war gefährlich, es gab überall Stroh, man musste sie löschen. Der alte Mann versuchte, den Kopf zu heben, doch sein Hals gehorchte ihm nicht mehr. Es war zu laut, zu viele Schreie, zu viel wildes Durcheinander, und ein Rinnsal aus Schweiß brannte ihm in den Augen, ohne dass er ihn hätte abwischen können. Das Talglicht knisterte, schon war der Funke auf einen Strohhalm übergesprungen, der flatternd verbrannte. Er blies, um die Flamme zu ersticken, aber ihm fehlte der Atem. Beine kreuz und quer um ihn herum. Sahen sie denn nicht diese verfluchte Kerze? Ein Wildlederstiefel trat schließlich den brennenden Docht aus, dann verschwand er aus seinem Sichtfeld. Cystennin lächelte, stieß einen langen, erleichterten Seufzer aus und entspannte sich.
»Ist er tot?«
Ein Elf kniete neben dem Burgherrn nieder und hob seinen Kopf an den Haaren hoch. Cystennins Augen waren noch offen, aber aus ihnen war alles Leben gewichen. Auf den langen Eichentisch gestützt, hielt sich Llandon mühsam und stoßweise atmend die Seite und betrachtete lange den alten Mann, als hätte er gewünscht, in ihm einen Bekannten zu erkennen. Er schloss die Augen und versuchte, das Gesicht Uthers im Geiste heraufzubeschwören ... Es war zu lange her, und zudem ähnelten sich alle Menschen in den Augen der Elfen. Die gleichen derben, brutalen, von Haaren und Falten überwucherten Züge. Wie hatte Lliane ihn lieben können?
Llandon riss sich mit schmerzverzerrter Miene vom Tisch los. Jeder Atemzug durchfuhr ihn wie ein Dolchstoß. Vermutlich hatte er sich einige Rippen gebrochen ... Er bemerkte Dorians ängstlichen Blick und richtete sich hastig zu seiner vollen Größe auf.
Mit dem Rücken zur Leiche seines Feindes gewandt, ließ er den Blick durch den Saal schweifen. Eine kleine Gruppe Menschen, Frauen, Kinder und Greise, stand in einer Ecke des Raumes um einen mit einer Kutte bekleideten Mönch herum, eine traurige Gestalt mit einem Gesicht wie drei Tage Regenwetter und einer Tonsur, die seine Magerkeit noch betonte.
»He du da, komm mal her!«
Der Gottesmann schreckte hoch, dann fing er sich wieder und ging langsam und mit gesenktem Blick auf
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