Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
Vom Netzwerk:
ihre Tränen versiegten, bis sie die Worte des Kindmanns vernahm. Die Worte, die er auf der Lichtung ausgesprochen hatte, Jahrhunderte vorher: »Ich werde da sein, wenn du mich brauchst...«
    »Myrrdin«, stöhnte sie, »vermaledeiter Myrrdin. Siehst du nicht, dass ich dich brauche?«
    Doch die Antwort des Druiden wurde von Rhiannons Weinen übertönt, und sein Gesicht löste sich auf. Lliane rieb sich die Augen, warf ihre Haare nach hinten und nahm ihre Tochter auf, um sie an die Brust zu legen, an der das Baby gierig zu saugen begann. Selbst während des Stillens bibberte und zuckte das kleine Wesen. Sein Körper war eisig kalt. Sie musste Kleidung für ihre Tochter finden und einen Unterschlupf für die Nacht.
    Lliane erhob sich, noch schwankend, und ging um den Buchsbaumhain herum.
    Der von den Menschen errichtete Holzstoß brannte noch immer knisternd, umgeben von einer dicken Rauchwolke. Sie erkannte Hütten aus Zweigen um die Feuerstelle herum, aber keine Spur von Leben. Die Elfe stand reglos im silbernen Mondenschein, aufrecht und bleich wie eine Birke, und wartete ab, während der Wald um sie herum wieder zum Leben erwachte. Das dumpfe Schuhuh einer Eule. Das verstohlene Vorbeihuschen eines Hasen oder eines Eichhörnchens. In der Ferne das klagende Geheul einer Meute Wölfe ... Lliane schauderte bei der Vorstellung, dass sie ihre Spur aufnehmen könnten, und sie beschloss, sich bis zum Lager der Menschen vorzuwagen.
    Die qualmenden Scheite nahmen den größten Teil davon ein. Es war kein einfaches Lagerfeuer, sondern eine komplizierte und durchdachte Konstruktion, ein Geflecht aus Baumstämmen und Astwerk, die mit Erde bedeckt waren. Sie erkannte einen Kohlenmeiler, wie sie sie bereits in unmittelbarer Nähe des Waldes gesehen hatte. Die Menschen verbrannten auf diese Weise abgestorbene Bäume, um Holzkohle zu erzeugen, mit der sie im Winter ihre eisernen Kohlenbecken fütterten. Sie wäre gerne noch näher hingegangen, um Rhiannon zu wärmen, aber der Rauch biss sie bereits in den Augen, und bei dem Geruch von verkohltem Fleisch drehte sich ihr der Magen um; daher änderte sie ihren Kurs und steuerte die nähere der beiden Hütten an. Das Kind immer noch eng an sich gepresst, bewegte sich die Königin auf die Mitte der Lichtung zu, wobei sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzte, ähnlich einer Hirschkuh am Rande einer Wasserstelle. Ein Windstoß fuhr plötzlich durch die Äste hoch über ihrem Kopf und saugte die Rauchwolke in einem Wirbel nach oben. Lliane warf mechanisch einen Blick zu den Flammen hinüber, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. Ein flüchtiges Bild, schon wieder hinter blauen Rauchkringeln verschwunden, hatte sich ihr geboten: zwei Füße, die unter dem Kohlenmeiler herausschauten. Erneut wehte der Wind die Rauchwolke fort, und da erkannte sie an derselben Stelle zwischen dem Wust von Ästen die schwarzen, verkohlten Beine eines Menschen, den man wie ein Holzscheit in die Flammen geworfen hatte. Daher stammte der entsetzliche Gestank nach verbranntem Fleisch ... Der Mensch war langsam, angefangen bei seinem Kopf, in seinem eigenen Feuer verschmort.
    Entsetzt trat Lliane den Rückzug an, bis sie über das Astwerk der Hütte stolperte und mit einem Schreckensschrei herumfuhr. Dort lag ein weiterer Mann, dessen Rücken von Pfeilen durchbohrt war. Eifischen Pfeilen.
    Llandon hatte seinen Krieg begonnen.

    Bei Einbruch der Dunkelheit wurde es wieder etwas kühler im Dorf. Den ganzen Tag über war es sengend heiß gewesen, und die Luft war erfüllt gewesen vom Brummen der vom Schweiß der Menschen und Tiere angelockten Fliegen, während die Tenne vom gleichmäßigen Schlagen der Dreschflegel widerhallte, die die Körner aus den Halmen lösten. Alle, die sich nicht auf den Feldern aufhielten, waren mit der Schafschur, mit dem Rösten von Flachs und Hanf, mit dem Auslaufenlassen des Honigs aus den Bienenstöcken oder dem Kochen von Früchten in Traubenmost oder Apfeldicksaft beschäftigt. In den Staub, der von den unbefestigten Wegen aufstieg, über welche unaufhörlich mit schweren Garben aus Gerste, Weizen und Hafer beladene Karren fuhren, hatten sich Wolken aus Pflanzenresten gemischt, die von den Kornschwingern aufgewirbelt wurden und beim leisesten Windhauch durch die Straßen wehten, bis zum Fuß des herrschaftlichen Schlösschens hinauf; und all diese herumfliegenden Schmutzpartikel, die einem schier den Atem nahmen, sanken jetzt gleich grauem Schnee auf die Lehmstrohhäuser des

Weitere Kostenlose Bücher