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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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Gefieder mit den grauen Sprenkeln bei Nacht das Aussehen eines Gespenstes verlieh. Der Gardist blieb noch eine Weile mit in den Nacken gelegtem Kopf stehen, doch der Vogel tauchte nicht wieder auf. Er schaute flüchtig auf seinen Kameraden, der nach wie vor schlief, dann warf er einen scheelen Blick zu der Leiter hinüber, die auf den Wehrgang oben auf den Palisaden führte. Mit einem geräuschvollen Schniefen erklomm der Mann langsam die unter seinem Gewicht knarzenden Sprossen. Oben angelangt, nestelte er an seiner Hose, holte sein Glied heraus, stellte sich auf die Zehenspitzen und erleichterte sich mit einem wohligen Seufzen über die Holzpfähle des Schutzwalls hinweg.  
     Keine Sekunde später zerriss ein spitzes Kreischen die nächtliche Stille, gefolgt von dem dumpfen Geräusch eines Körpers, der in den Graben rollt. Der Posten beugte sich hinunter, konnte aber außer verschwommenen Schatten nichts erkennen.
    Die Elfen ihrerseits konnten ihn sehen.
    Einer von ihnen war mit einem Satz auf den Beinen, stieß seine ellenlange Lanze mit ausgestrecktem Arm schräg nach oben und bohrte sie wie eine Harpune in die Kehle des Mannes. Der gab ein Ekel erregendes Gurgeln von sich, dann warf sich der Elf mit seinem ganzen Gewicht nach hinten und riss den Wachtposten mit, so dass dieser in den Graben herabstürzte. Vermutlich war er bereits tot, als er auf die Erde rollte, aber der Elf, auf den er seine Blase entleert hatte, rammte ihm trotzdem seinen langen Dolch mit einer beleidigten Verbissenheit in den Rücken, die seinen Kameraden ein Schmunzeln entlockte. Es handelte sich um Grüne Elfen, Waldwesen, die man nur selten außerhalb des Schutzes der Bäume sah. Kleiner als die meisten ihrer Artgenossen, verdankten sie ihren Namen ihren Moiregewändern, die wie Herbstblätter in sämtlichen Grünund Brauntönen schillerten, und nicht etwa der Farbe ihrer Haut, die von einem ähnlichen Blauton war wie die der anderen Clans. Zierlich wie Kinder, hatten sie nicht die Größe, um in einer geordneten Feldschlacht anzutreten, doch sie wussten sich lautlos zu bewegen, wirklich ohne das geringste Geräusch, und sie hatten die anderen Clans in der Kunst des Bogenschießens unterwiesen. Till, der Anführer ihrer kleinen Schar, spitzte seine Ohren zum Dorf hin, richtete sich vorsichtig auf und streichelte zärtlich den runden kleinen Kopf seines Falken, um ihn zu beruhigen. Till war ein Spurensucher und Meister in der Kunst, sich zu verbergen und sich vollkommen leise fortzubewegen, aber ebenso darin, die Gegenwart oder das Vorübergehen von Feinden wahrzunehmen. Er beherrschte nicht nur die Sprache der Tiere, sondern auch die der Bäume, die stumme Botschaft ihrer Zweige und ihrer Rinde. Erneut schleuderte er mit einer weit ausladenden Geste seinen Jagdfalken in die Luft, blickte ihm hinterher, während dieser über dem Marktflecken kreiste, und lauerte auf seine Antwort.
    Offensichtlich hatte niemand reagiert. Till erteilte ein Zeichen, und zwei Elfen drückten sich mit dem Rücken an die Palisadenwand. Sofort zog sich ein dritter auf ihre verschränkten Hände, dann auf ihre Schultern, so dass eine lebende Pyramide entstand, die der Rest der Gruppe vollkommen schweigend emporkletterte, ohne ein Wort, ohne ein Schnaufen oder ein Dolchklirren oder auch nur ein Stoffrascheln.
    Der zweite Wachtposten fuhr aus dem Schlaf auf und stürzte mit einem erstickten Panikschrei rückwärts in den Staub. Drei Elfen standen über ihm, schlangengleich und mit verzerrter Miene, und durchbohrten ihn mit wütenden und ziellosen Dolchstößen. Der Mann, der aus dem Schlaf gerissen worden war, um in den reinsten Alptraum einzutauchen, war zu entsetzt, um zu brüllen, ja sogar zu entsetzt, um zu sterben. Er schaffte es lediglich, zu heulen wie ein geschlagener Hund, und kroch die Palisaden entlang, in dem Versuch, den blindwütigen Dolchstößen der Elfen zu entkommen. Mit einem zornigen Grollen stieß Till sie beiseite und sprang auf den Rücken des Soldaten. Mit einer Hand hob er seinen Kopf an, mit der anderen schnitt er ihm die Kehle durch. Sauber, präzise.
    Der Mann fiel in den Staub, und die Schar der kleinen Wesen hielt den Atem an und lauschte fieberhaft auf die leiseste Reaktion im Dorf.
    Als sie schließlich sicher waren, dass alles ruhig war, ließ Till das große Tor öffnen und die Zugbrücke herunterklappen. Er lief nach draußen und stieß zweimal hintereinander einen lang gezogenen Ruf aus, wie ein Nachtvogel. Sein Ruf war

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