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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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Erkenntnis, ein Apfel... Man könnte meinen, dass sich in deine Bibel Reste der alten Religionen hinübergerettet haben ...«
    Er schüttelte mit einem freudlosen Lachen den Kopf, dann zitierte er mit erhobener Stimme und geschlossenen Augen aus dem Gedächtnis: » Und Jahwe Gott gab dem Menschen dieses Gebot: >Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen. Vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen aber darfst du nicht essen. Denn am Tage, da du davon issest, musst du sicher sterben . <   ... Was ist das für eine Religion, in der die Erkenntnis mit dem Tode bestraft werden muss?«
    Bedwin erwiderte nichts.
    »Das also ist dein Gott... Ein allein herrschender Gott, der den Baum der Erkenntnis ganz für sich in Anspruch nimmt und bereit ist, all diejenigen zu töten, die versuchen, sich ihm zu nähern? Ist es das, wofür ihr bereit seid, sämtliche Völker der Erde auszurotten?«
    »Es ist ein liebender Gott«, murmelte Bedwin.
    »Ja ... Einer, der die Menschen liebt und die anderen zur Hölle fahren lässt. Und all diese ...«
     
     Llandon ergriff das Buch, öffnete es mit Schwung und blätterte die mit vierundzwanzigkarätigem Gold bemalten Pergamentseiten durch wie ein Besessener.
    »... All dieser Hass, verborgen in solcher Schönheit!«, schrie er mit schriller Stimme.
    Und unvermittelt begann er die Seiten in einem Anfall besinnungsloser Wut herauszureißen.
    »Nein!«
    Der Priester stürzte sich mit irrem Blick auf ihn, aber es war, als prallte eine Welle gegen einen Felsen. Llandon umschloss mit der Rechten die Gurgel seines Widersachers. Seine Nägel gruben sich gleich Krallen in dessen Hals, zerfetzten die Haut, und dünne Blutfäden rannen über seine bläuliche Hand und seine breiten Silberarmreifen herunter. Der Priester gab ein abscheuliches Gurgeln von sich, und sein Blick war bereits glasig. Llandon entledigte sich seiner mit einem schrecklichen Schlag gegen die Holme der Sänfte und drehte sich zu Bedwin herum, Grauen erregend wie ein Vampir, die Lefzen zu einem abscheulichen Grinsen hoch gezogen.
    Der Bischof fiel auf die Knie und streckte das Kreuz, das er an einer langen Halskette trug, in seine Richtung.
    »Ich beschwöre euch, all ihr Dämonen, euch bei meinen Worten von hier zurückzuziehen, und untersage euch, mir in irgendeiner Weise Furcht oder Schrecken, Entsetzen oder Grauen einzuflößen oder mir ein Hindernis gleich welcher Natur in den Weg zu legen, das Gott davon abhält, hier zu sein oder zu bleiben!«
    »Was ist denn das?«, zischte Llandon, während er langsam auf ihn zukam. »Eine Zauberformel? Ich habe keine Angst vor deiner Magie, Bischof...«
    »Ich beschwöre euch abermals, euch zurückzuziehen, und falb irgendein Geist euch aufhält, so sollen der Fluch Gottes, des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes, sowie der Zorn und die Empörung der hochheiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit und des gesamten Himmelreichs herabkommen und auf euch, die ihr gegen Gott aufbegehrt, niederfahren!«  
     Der Elf packte Bedwins Hals, dessen weißes Fleisch zuckte; der Bischof schwitzte vor Angst, er hielt die Augen geschlossen, sein Spitzbart zitterte, seine Lippen bebten, und über seine Wangen perlten Tränen. Seine Stimme war nur noch ein Stöhnen.
    »Ich befehle den Teufeln nachdrücklich, euch zu quälen, bei den heiligen Namen Gottes, Zebaoth, Adonai, Elohim ...«
    Der Rest ging in einem scheußlichen Gurgeln unter. Mit einem wölfischen Heulen hatte Llandon seine Zähne in die Halsschlagader des Bischofs gehauen, worauf sich dessen Blut in einem Schwall über sein Gesicht ergoss, und er bot einen derart fürchterlichen Anblick, dass seine eigenen Krieger sich das Antlitz bedeckten.
    An jenem Abend verschwanden nach Einbruch der Nacht mehr als hundert Elfen im Wald, die vor dem Krieg Llandons und ihren grauenvollen Erinnerungen flohen.

    Die Augen vom Betrachten des Feuers gerötet, war Uther in einen Zustand völliger geistiger Entrückung geraten und in einen Wachtraum versunken, der von dem einlullenden Knistern des trockenen Holzes, das sich in den Flammen krümmte, und den gleichförmigen, dunklen Rufen der Nachtvögel untermalt wurde. Ein Wind kam auf, Vorbote der zu erwartenden Äquinoktialstürme und Springfluten, aber ihm war nicht kalt. Mit nacktem Oberkörper, lediglich mit einem Lendenschurz und Stiefeln angetan, mit seinem Schwert als einziger Waffe und einem Speer zum Jagen, hatte er seit Wochen niemanden mehr zu Gesicht bekommen, und diese ungeheure Einsamkeit

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