Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
Vom Netzwerk:
stürzte ihn erneut in jene altbekannte Verzweiflung, die er bereits während seiner Gefangenschaft unter dem Berg erlebt hatte. Er hatte Angst gehabt, er hatte unter den Regenschauern gefröstelt, ganze Nächte zitternd den Geräuschen des Waldes gelauscht, er war hungrig gewesen, hatte fliehen wollen, heimkehren nach Cystennin und diese unmenschlichen Wälder verlassen. Er war zum Tier geworden, das zerzauste Haar mit Blättern und Reisern gespickt, die Wangen von seinem Bart überwuchert, stinkend wie ein Bär, voller Hass gegen diese Wildnis mit all ihren Dornenranken und Brennnesseln, gegen das Brackwasser des Sees, das infernalische Quaken der Frösche und das miserable Wetter dieses Herbstbeginns.
    Aber er war geblieben.
    Warum gehorchte ein Mann wie er, Ritter, königlicher Recke und ältester Sohn des Barons von Cystennin, diesem Bastard von Merlin, der weder Elf noch Mensch war, ein schmächtiges Kind, spindeldürr mit seinem weißen Haar eines Greises und bleich wie der Tod? Diese Frage spukte ihm unablässig im Kopf herum. Verfügte er über so wenig Willenskraft, so wenig Selbstachtung? Vielleicht hatte ihn Merlin einfach vergessen. Oder vielleicht war er tot. Und vielleicht würde er für immer so, gleich einem Eremiten, hier leben, den Blick auf diesen dunstverschleierten See gerichtet, bis er im Winter zu Eis erstarren und seine Knochen zu Staub zerfallen würden ... Merlin hatte etwas von einer Insel erzählt, jenseits des Nebels, die Insel aus seinem Traum, auf die die Normalsterblichen nicht gelangen konnten, ohne jene endlose Prüfung, jene Askese und jene entsetzliche Einsamkeit durchzustehen ... Und er hatte von Lliane gesprochen. »Dort, wo sie sich befindet, kann kein Sterblicher sie erreichen«, hatte er erklärt. »Und doch erwartet sie dich, am Tage des Feth Fiada, wenn die Götter ihren magischen Nebel über die Menschen ausbreiten werden, um der Mittleren Erde einen Besuch abzustatten. Dies ist das Datum derTag-und-Nacht-Gleiche, und die im September steht schon fast vor der Tür. Du musst allerdings bereit sein ... Und du hast nicht mehr viel Zeit.«
    Wie viele Male hatte er versucht, zu ihr hinüberzuschwimmen trotz der Kälte, trotz des Schilfrohrs oder der Algen, die sich wie Aale um seine Beine schlangen, trotz des Schlammes, der ihn förmlich einzusaugen schien? Er war bis zur Erschöpfung geschwommen, und mehr als einmal hatte er gespürt, wie er ganz plötzlich versank, in diesen schwarzen Wassern unterging, sich dem Tod hingab, und war am Ufer wieder zu sich gekommen, hatte sich beinahe die Gedärme aus den Leib gespuckt, aber trotz allem immer wieder weitergelebt.
    Vielleicht hätte er fortgehen sollen. Fortgehen, ja, nach Hause zurückkehren, seinen Vater und die Seinen aufsuchen, und dafür Lliane und dieses Kind, das er niemals gesehen hatte, vergessen und später dann, wenn er alt wäre, voller Nostalgie oder aber mit Verachtung an diese ganze Geschichte zurückdenken. Er hätte vermutlich Gewissenbisse, aber er würde leben wie ein Mensch und nicht wie ein Tier!
    Ein erster Regentropfen fiel klatschend auf seine Schulter, dann noch einer, und ein eisiger Windstoß überzog den See mit lumineszierenden Spritzern. Uther war mit einem Satz auf den Beinen, packte sein Schwert und rannte los, um in seiner Schilfrohrhütte Schutz zu suchen. Heute würde der Nebel nicht kommen ... Warum, in Gottes und Dreiteufelsnamen, warum blieb er hier? Ulfin war fortgegangen, ebenso wie Bran angeblich, um eine Armee zusammenzuziehen. Von wegen ... Sie waren bestimmt in ihre Heimat zurückgekehrt, jawohl! Um Merlin und seine Wahnvorstellungen zu vergessen!
    Merlin ... Verabscheuungswürdiger, hassenswerter Bastard, mit seinen Rätseln und seinen unverständlichen Sätzen. Wie hatte er ihn genannt? Kariad ... Kariad daou rouaned ... Eine weitere seiner lächerlichen Prophezeiungen. Er unterschied sich kaum von den Mönchen mit ihren Evangelien voller Dämonen und Wundern. Alles unaufrichtige Schwätzer, die logen, dass sich die Balken bogen, Jahrmarktgaukler, welche jede Menge billige Tricks auf Lager hatten! Der Kindmann hatte sie als Eskorte benutzt, das war alles, und er hatte ihn im Stich gelassen aber was war er selbst auch für ein armseliger Dummkopf!
    »Ich habe dich nicht im Stich gelassen, Uther.«
    Der Ritter stieß unwillkürlich einen Entsetzensschrei aus und warf sich nach hinten, auf die Gefahr hin, seine wackelige Hütte zum Einsturz zu bringen.
     
     »Habe ich dich

Weitere Kostenlose Bücher