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Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02

Titel: Fetjaine, Jean-Louis - Die Elfen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Nacht der Elfen
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Menschen.
    Uther holte tief Luft und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Sein Herz schlug so heftig wie nie zuvor, seine Ohren dröhnten noch von dem Gesang seiner Krieger, und er kämpfte einmal mehr gegen die unerträgliche Vorstellung, dass nichts geschehen könnte.
    Dann wagte er den Sprung ins kalte Wasser und setzte sich in Bewegung.
    Am Anfang waren nur schwache Schwingungen zu spüren. Aber mit jedem Schritt, den er näher zu der Tafel und zu dem darin eingelassenen Stein hinkam, gewannen die Schwingungen an Intensität, wurden stärker und durchdringender. Und als er den Talisman schließlich berührte, ächzte der Stein so laut, dass sein Ruf jeden der in den Burggängen aufgereihten Krieger in seinen Bann schlug.
    Ihr Johlen übertönte bald schon die Klage des Fal Lia.
    Uther war König.
     
     

 XV 
Tintagel
      
    Igraine kniete schlotternd in dem Viereck aus Licht vor einem schmalen, schießschartenähnlichen Fenster, durch das eine Brise die Schneeflocken hereinwehte. Ihr Gesicht
    schmerzte von der kühlen Luft wie unter tausend Nadelstichen, das Haar war von Eiskristallen gesprenkelt. Es war zu kalt, um zu beten, ja zu kalt, um überhaupt noch an Gott zu glauben, und die Andachtsübungen des Abtes, Illtud, schienen ihr kein Ende zu nehmen.
    Eine Erinnerung schoss ihr durch den Kopf. Es war im Hochsommer gewesen, Monate vorher, in der angenehmen und schönen Atmosphäre ihrer Gebetsecke, wo die Luft erfüllt gewesen war vom Duft der Rosenblüten, die ihre Kammerzofen jeden Morgen auf dem Boden verstreuten. An jenem Morgen hatte sie an der Seite des Bischofs Bedwin ihre Andacht gehalten. Er hatte ebenfalls unendlich lange gebetet. Vielleicht war das etwas, das man ihnen in den Klöstern beibrachte ... Bei dieser Vorstellung musste sie einen Moment lächeln, aber nur einen Moment, denn das Wachrufen jenes vergangenen Augenblicks hatte lediglich zur Folge, dass sie noch ein wenig tiefer in ihrem gegenwärtigen Elend versank.
    Einzig mit seiner grauen Kutte bekleidet, als wolle er Buße tun, indem er sich der winterlichen Eiseskälte in Cornouaille aussetzte, das Gesicht blass und abgezehrt, mit seiner eigentümlichen Tonsur auf dem Kopf sowie seinem flockigen Bart, der in der nach hinten über die Schultern geschobenen Kapuze verschwand, wirkte Illtud genauso mager, wie Bedwin fett war, und ebenso düster wie dieses winzige, rauchige Zimmer. In diesem Raum wurden keine Rosenblüten verstreut, sondern Stroh, das dazu diente, die von der Gischt und dem geschmolzenen Schnee herrührende Feuchtigkeit aufzusaugen. Die Anlage hier ähnelte wahrhaftig in nichts dem Palast in Loth ... Mit dem massiven, mit Schnitzereien und üppigen Vorhängen versehenen bretonischen Wandbett, das einen Gutteil des Raumes einnahm, und der Wiege, in der ihre Tochter Morgause schlummerte, war dies kaum der geeignete Ort zum Beten, aber es gab keine Kapelle in Tintagel. Es war, nebenbei bemerkt, schon ein Wunder, dass es überhaupt so etwas wie Zimmer gab. Das Schloss von Gorlois war eine reine Festung, errichtet auf einem vom Meer umspülten Felsvorsprung. Beinahe eine Insel, die wie eine in den Ozean hinausgestreckte Faust aussah und auf die man nur über einen Fußweg gelangen konnte, der hoch oben auf einem schmalen, von den Wogen gepeitschten und am Ende von einem befestigten Schloss versperrten Grat verlief.
    Mehr noch als seine nackten und rauen Mauern, die aus aufeinandergeschichteten flachen und mit Mörtel verbundenen Steinen bestanden und an denen nicht der kleinste Wandbehang befestigt war, um ihnen einen freundlicheren Anstrich zu verleihen, ja die nicht einmal gekalkt waren, so dass sie heller gewirkt hätten, oder von Unebenheiten befreit waren, mehr noch als der von den Talglichtern herrührende Geruch nach verbranntem Fett, die man bereits lange vor Einbruch der Dämmerung anzünden musste, und mehr noch als der Gestank nach Urin und Rauch, der selbst den entlegensten Winkel erfüllte, war es die eisige Feuchtigkeit in Tintagel, die Igraine zur Verzweiflung brachte. Hier wurden die Menschen wieder zu Tieren, eingemummt in ihre Pelze und schmutzverkrustet, beinahe ständig betrunken, um die strengen Nächte, in denen sie Wache hielten, zu überstehen. Und wenn sie betrunken waren, wurden ihre Blicke zudringlich. In Tintagel gab es nicht genug Frauen ...
    In der Nacht war es am allerschlimmsten. Sobald niemand mehr das Feuer schürte, legte sich eine Eisschicht über das Bettzeug, und das feuchte Stroh,

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