Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
mit allen Koffern und Taschen beladen, während Anton das dritte Croissant verdrückte und Eva im Frühstücksraum noch an ihrem café au lait nippte. Sie brauchte immer Stunden dafür. »Trink doch gleich kalten Kaffee«, machte Manni sich öfter über sie lustig. Heute war es ihm egal, dass sie vielleicht schlechte Laune bekäme, wenn sie im Urlaub so gehetzt würde. Er musste auch mal an sich denken! Die Sonne begann schon wieder einen gnadenlos heißen Tag anzukündigen und Manni schwitzte nicht schlecht, als er in die Straße einbog, in der das Auto stand. Doch es stand nicht mehr da. Verflixt! Genau hier hatte er es doch gestanden? Oder weiter oben? Manni traute sich nicht, die Koffer einfach abzustellen, und so kam es, dass ihm bald der Schweiß in Rinnsalen den Rücken hinunter rann, während er wie ein Packesel durch die Straßen lief und verzweifelt seinen Campingbus suchte. Schließlich war er sich sicher: Er war nicht mehr da! Da, wo er vorher gestanden hatte, klaffte jetzt eine große Lücke. Er stieß einen lauten wütenden Schrei aus, sodass sich ein Passant nach ihm umdrehte und Manni unwillkürlich ein leises »Was glotzt du denn so blöd« von sich gab, was der Passant aber nicht verstand. Das Auto war bestimmt geklaut worden! Warum hatten sie es auch drei Tage hier unbeobachtet stehen lassen! Er zückte sein Handy und rief Paula an. Sie sollte den Campingwagen bei der Polizei als gestohlen melden. Die Wut stieg in ihm hoch, der Urlaub war jetzt endgültig gescheitert. Paula war ausnahmsweise mal nicht aufmüpfig und zickig, sondern klar und reagierte sehr schnell. Sie beruhigte Manni und sagte dann: »Ist er vielleicht abgeschleppt?« »Unmöglich«, entgegnete Manni, »die Linie war nur gestrichelt, nicht durchgezogen.« »Welche Linie?«, fragte Paula vorsichtig nach. »Na, die vom Parkplatz!« »Welche Farbe?«, wollte Paula ahnend wissen. »Gelb!« »Okay, das Auto ist abgeschleppt. Ich werde mal rauskriegen, wo es steht.« Der Koffer gab bedenklich nach, als Manni sich erschöpft darauf niederließ, bis Eva und Anton die Straße entlanggehetzt kamen. »Keine Angst, ich fahr schon nicht ohne euch«, versuchte Manni seinen Humor wiederzufinden, den er irgendwo an der deutschen Grenze abgegeben hatte. Paula rief kurze Zeit später zurück, sie hatte von Claudine die Nummer der zuständigen Polizeibehörde erfahren, dort angerufen und man hatte ihr mitgeteilt, dass das Auto auf einer fourrière stand, einem Abschleppplatz. Um dort mit der Metro hinzukommen, müssten sie dreimal umsteigen. »Wir nehmen jetzt ein Taxi!«, bestimmte Manni. Gemeinsam schleppten sie die Koffer zurück ins Hotel, wo man ihnen ein Taxi rief.
Am Eingang der fourrière wurde Manni darüber aufgeklärt, dass das Parken hier billiger sei, als im Rest der Stadt; hier koste es nur zehn Euro am Tag. »Dann kann man ja gleich hier parken« meinte Manni, dem sein üblicher Galgenhumor mal wieder zu Hilfe kam. Jetzt hieß es: blechen. Abschleppgebühren, Parkgebühren und den Strafzettel. Da kam einiges zusammen. Manni sollte am besten gleich alles in bar hinblättern. Eva, Anton und er leerten ihre Taschen, dann durften sie das Auto vom Platz holen.
Ein Blick auf die Uhr und Manni wurde wütend. »Das hat uns jetzt nicht nur 380 Euro gekostet, sondern auch geschlagene zwei Sunden.« Bis zu den Bouchards würden sie bei dem Verkehr bestimmt noch eine Stunde unterwegs sein. Die Ampel wurde orange, doch Manni beschloss, wie in Deutschland, noch eben schnell rüberzufahren. Doch während er beschleunigte, um noch als letztes Auto durchzurutschen, setzten sich auch schon die Fußgänger in Bewegung und Manni musste eine Vollbremsung machen, um nicht in die Menschenmenge hineinzurasen. Nicht nur er erschreckte sich, sondern auch die Fußgänger, zwei hauten ihm wütend auf die Kühlerhaube und zischten Flüche, die er zum Glück nicht verstand. Die Fußgänger schauten ihn mit diesem Blick an, den Manni jetzt schon kannte und den er immer auf sich lasten spürte, wenn er etwas falsch gemacht hatte: Das war kein strafender Blick wie in Deutschland, wenn man über eine rote Ampel lief, sondern eher eine Mischung aus Neugierde, weil man Zeuge einer Freakshow wurde, und Mitleid dem Deutschen gegenüber, der ja aufgrund seiner Disposition als Deutscher gar nicht anders konnte! Er fühlte sich durch diese Blicke wie ein Affe im Zoo, der irgendwo ausgebrochen war und jetzt mit seinem überdimensionalen Gefährt inmitten einer wuselnden
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