Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
tanzten die beiden umzingelt von jungen Männern und ließen sich einen Drink nach dem anderen spendieren. Wie gesagt, ganz Paris lag ihnen zu Füßen!
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Saint-Germain-en-Laye ist einer der reichsten Vororte von Paris, eine Stadt im Westen der Hauptstadt in der Region Île-de-France. Hier wohnen mehrheitlich Diplomaten, Ärzte und Anwälte. Und eben viele Familien, die ihre Kinder auf die internationale Schule schicken, damit sie möglichst vieleFremdsprachen lernen und für die globale Geschäftswelt gerüstet sind. Daher erstaunt es überhaupt nicht, dass der Partykeller luxuriös und großzügig ausgestattet ist. So lebt man in dieser Gegend und das zeigt man gern. Die Beleuchtung rund um das Haus dient nicht nur dem Schutz vor Diebstahl, sondern ist durchaus auch dafür da, um Eindruck zu schinden. Paula war nicht nur dadurch verunsichert. Der Typ, der sie angesprochen hatte, hat mit Worten um sich geworfen, die Paula einfach nicht kannte. Kein Wunder, handelte es sich doch um Begriffe aus einer ganz eigenen Jugendsprache, dem sogenannten Verlan . Als Ausländer muss man diesen Slang richtiggehend lernen, wie ein zweites Französisch, will man sich sicher darin bewegen.
Verlan
Verlan wird in Frankreich seit den Sechzigerjahren vor allem unter Jugendlichen gesprochen. Inzwischen ist es eine weit verbreitete und beliebte Form der Umgangssprache, die keineswegs in den banlieues , den Vororten von Paris, erfunden wurde, wie immer wieder behauptet wird, sondern eine lange Tradition in ganz Frankreich hat. Schon im 15. Jahrhundert wurde das Prinzip der »Buchstabenverdrehung« verwendet. Heute hat es seinen festen Platz in der Popkultur, unter Jugendlichen aus allen Schichten und sogar in den Medien. Man kommt also kaum noch drum herum.
Das Grundprinzip des Verlan beruht darauf, die Silben eines Begriffs zu vertauschen und so ein neues Wort zu schöpfen. Sogar die Bezeichnung » Verlan « ist schon in Verlan verfasst: Sie kommt nämlich vom französischen à l‘envers (umgekehrt). Die Schwierigkeit für das Verständnis des Verlan besteht darin, nachzuvollziehen, welche Silben verdreht wurden. So wird aus der métro dann tromé und aus bizarre (komisch) zarbi . Eine andere Verdrehungsmethode ist die Folgende: Man nimmt den ersten und letzten Konsonanten eines Wortes, vertauscht diese beiden und setzt ein »eu« dazwischen. So zum Beispiel bei femme (Frau), sodass am Ende meuf herauskommt. Oder auch fête , die durch dieses Prinzip zu teuf wird. Die ursprünglichen Begriffe stammen oft auch schon aus der Umgangssprache, was das Verständnis natürlich noch erschwert. Der junge Mann, der Paula etwas zu rauchen angeboten hat, ging von dem Wort pétard aus, das umgangssprachlich für Joint steht. Daraus wurde dann tarpé . Genauso wie der Begriff mec für »Typ«, aus dem dann keum wird. Dieses Spiel kann unendlich fortgeführt werden.
Was können Sie besser machen?
Paula hätte einfach die Begriffe erfragen können, die sie nicht kannte, um sich deren Bedeutung erklären zu lassen. Statt wegzurennen, hätte sie vielleicht mit dem geheimnisvollen Sonnebrillenträger am Ende sogar ein charmantes Zwiegespräch führen und nebenbei noch etwas lernen können. Aber der Abend war ja noch jung …
40. Es weihnachtet
Wieso Paula es nicht schafft, Katja einzuladen
Es war schon spät im Jahr und die Straßen von Paris hatten sich in ein Lichtermeer verwandelt. Zwischen den Häusern waren unendlich viele Lichterketten gespannt, Geschäfte und Schaufenster waren liebevoll dekoriert. Es war kalt, doch das war für die Pariserinnen kein Grund, sich nicht schick anzuziehen und kurze Röcke zu tragen. Eine von diesen Pariserinnen war Paula. Obwohl ihr Atem in der Luft gefror, hatte sie sich an die Mode angepasst und trug stolz und glücklich eine hübsche Strumpfhose und einen relativ kurzen Wollrock zu den eleganten Stiefeln. Mit jedem Schritt atmete sie die klirrend kalte Luft tief ein, während sie durch St. Germain-des-Prés in der sogenannten Rive gauche schritt. Als sie den Platz St. Germain überquerte, betraten gerade zwei Priester ein Cafe und ein Mann spielte auf dem Akkordeon Weihnachtslieder.
Rive droite und Rive gauche
Paris wird durch die Seine in zwei Hälften getrennt, die zwar längst zu einer Stadt zusammengewachsen sind und doch unterschiedlicher nicht sein könnten. Die Rive droite (rechtes Ufer), nördlich der Seine, das ist dort, wo das Geld verdient und wieder ausgegeben
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