Fettnaepfchenfuehrer Frankreich
enttäuscht.
»Die gusseiserne Halle aus dem 19. Jahrhundert ist schon 1969 abgerissen worden. Hier klaffte lange Zeit le trou de Paris , das ›Loch‹ von Paris, eine Riesenbaustelle«, erklärte Katja ihrer Freundin. »Keine Angst, ich habe dich nicht in eine Shopping-Mall entführt. Hier gibt es auch Kinos, Theater, Restaurants, Cafés, das Centre Océanique Cousteau und das Musée Français de l‘Holographie«. Paula war alles andere als überzeugt. »Komm mit, du wirst deinen Spaß haben.« Katja zog sie hinein und bald standen die beiden an der Kasse eines riesigenSchwimmbades. »Das ist eine Überraschung für dich«, sagte Katja und kaufte zwei Tickets. »Du willst ernsthaft schwimmen gehen? Ich habe überhaupt keine Badesachen dabei.« Katja zwinkerte. »Ich aber«, sagte sie und zog einen Badeanzug und ein Handtuch für Paula aus ihrer großen Tasche. Paula musste grinsen: »Man merkt schon, dass du deutsch bist.« »Und du auch«, erwiderte Katja zufrieden, »sonst wärst du jetzt niemals mitgekommen.«
Katja hatte nicht zu viel versprochen – das Schwimmbad war gigantisch. Die Bahnen 50 Meter lang und der Sprungturm 15 Meter hoch. »Es ist das größte Schwimmbad von Paris«, sagte Katja, während sie vorausging. Paula folgte ihr mit offenen Augen. »Lass uns hier die Liegen nehmen«, sagte Paula und belegte mit ihrem Handtuch eine weiße Liege in einer ruhigen Ecke der Halle. Und bevor Katja etwas erwidern konnte, schrie Paula begeistert: »Wer als Erstes im Wasser ist!«, und sprang auch schon hinein. Katja folgte ihr. Nachdem sie ein paar Bahnen geschwommen waren, eilte Paula zu ihrem Handtuch zurück, um sich abzutrocknen und auf ihrer Liege niederzulassen. Doch ihr Handtuch war beiseitegeschoben und dort lag jemand anderes. Dieser jemand war ein alter dicker Mann und er lag sogar noch zu einem Teil auf Paulas Handtuch. Empört zog sie es unter seinem Hintern weg. Der Mann wachte auf, und bevor Paula losmeckern konnte, ging Katja mit einem gesäuselten » Excusez-moi, Monsieur « dazwischen. »Unverschämtheit«, zischte Paula, und die beiden Frauen ließen sich auf anderen Plätzen nieder.
Doch nach kurzer Zeit war Paulas schlechte Stimmung verzogen, und sie und Katja lachten schon wieder herzhaft. Und zogen damit die Aufmerksamkeit einer Gruppe Jugendlicher auf sich, die gerade an ihnen vorbeischlenderte. Die Jungs schauten Paula von oben bis unten an und fingen dann auch wie verrückt an zu lachen. »Worüber lachen die denn?«, fragte Paula verunsichert. Katja schaute nun ebenfalls mit Adleraugen an Paula herunter: »Ich glaube, ich weiß, warum ...«
Was ist diesmal schiefgelaufen?
Vom Beckenrand ins Wasser zu springen, ist nicht nur in deutschen Schwimmbädern verboten, erst recht ungeduscht. Doch das nur am Rande. Den eigentlichen Fauxpas hat Paula ganz woanders begangen. Ein typisch deutsches Verhalten, das in Frankreich gar nicht gut ankommt: mit seinem Badehandtuch einfach eine Liege zu belegen. Es ist nicht nur einKlischee: Die Deutschen erkennt man im Urlaub daran, dass sie morgens noch vor dem Frühstück an den Pool gehen, eine Badeliege mit ihrem Handtuch blockieren und dann manchmal erst Stunden später wieder aufkreuzen. Das gilt in Frankreich als schlichtweg unmöglich – und es hält sich auch keiner daran. Es kann einem also durchaus passieren, dass man zurückkommt und sich jemand anderes auf der »reservierten« Liege niedergelassen hat. Das Nicht-Blockieren gewährleistet, dass es eigentlich immer eine freie Liege gibt, wenn man eine braucht. Eine weitere Peinlichkeit, für die die Jungs Paula auslachen, ist ihre Körperbehaarung. Paula hat es schlichtweg versäumt, sich die Beine zu rasieren. Während behaarte Frauenbeine in Deutschland nichts Besonderes sind, sind sie in Frankreich ein absolutes No-go. Das gilt erst recht für Achsel- oder sichtbare Schamhaare.
Was können Sie besser machen?
Wenn Sie nicht unangenehm auffallen und allgemeinen Unmut auf sich ziehen möchten: Blockieren Sie keine Liegen oder Sitzplätze, die Sie nicht ausdrücklich gebucht haben (wie zum Beispiel im Theater). Versuchen Sie sich an die Körperhygiene der Franzosen zu halten und entfernen Sie sichtbares Körperhaar (Achseln, sichtbare Schamhaare, Unterschenkelbereich der Beine) entweder mit einem Rasierer oder in einem – auch in Deutschland mittlerweile in fast jeder Stadt anzutreffenden – Enthaarungsstudio, wo Körperhaar mit Wachs (relativ) kurz und schmerzlos entfernt wird. Oder
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