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Fettnaepfchenfuehrer Italien

Fettnaepfchenfuehrer Italien

Titel: Fettnaepfchenfuehrer Italien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandro Mattioli
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er von den Mitarbeitern der Pelaccia s.r.l. so gerufen wird, denn es bezeugt eine positive Haltung ihm gegenüber – und auch Respekt. »Dottore« und die weibliche Form »Dottoressa« sagt man in Italien zwar grundsätzlich zu allen Menschen, von denen man vermutet, dass sie studiert haben oder zumindest gebildet sind. Das ist aber kein »Gesetz«, man muss den Titel nicht in den Mund nehmen, wenn man die Person anspricht.
    Übrigens gibt es eine ähnliche Ehrenbezeichnung in südlichen Gefilden für Hausmeister, sie werden mit »Don« angesprochen.
    Der Hintergrund der Ansprache mit Dottore beziehungsweise Dottoressa ist der, dass in Italien ein Studienabschluss einen zum Doktor oder zur Doktorin macht, sprich, man wird von da an so genannt. Formal den Titel führen darf man aber erst, wenn man sein Dottorato abgeschlossen hat, also die Promotion. Auch Professore zu werden ist leichter als in Deutschland, denn jeder Lehrer wird selbstverständlich Professore gerufen, bei Lehrerinnen heißt es dann Professoressa .
    Es gibt aber auch einen – aus deutscher Sicht – negativen Aspekt. Denn derlei Titulierungen zeigen auch, dass das hierarchische Denken in Italien stärker ausgeprägt ist als in Deutschland. Daher lobt Biagio Greco auch ausführlichst seinen Chef, und daher nennt er ihn auch stets »il Presidente« .
    Was können Sie besser machen?
    Lassen Sie sich Dottore oder Dottoressa nennen. Sie brauchen hier nicht bescheiden zu sein! Und nutzen Sie im Gespräch mit Menschen in ranghöheren Positionen ruhig den Titel. Haben Sie keine Scheu, jemanden »Presidente« zu nennen, auch wenn das in Deutschland absolut unüblich ist und Ihnen am Anfang ungewohnt vorkommen wird.

Wie Paul Weiss zur falschen Zeit Hunger hat
    Alles hat seine Zeit, selbst der Cocktail
    Nach dem Gespräch mit Stefano Lo Mele hatte Paul Weiss einen ungefähren Eindruck davon, was ihn hier erwarten würde. Und er wusste, dass es nicht einfach werden würde. Zusätzlich zu den kulturellen Differenzen zwischen Italienern und Deutschen müsste er auch erst einmal die Pelaccia s.r.l. auf Vordermann bringen, zumindest im Bereich der Logistik, die er neu zu organisieren hatte. Und es war auch klar geworden, dass er Trombetta mit ins Boot nehmen muss. An ihm vorbei war keine Entscheidung zu treffen. Er war nicht nur auf dem Papier Presidente , er füllte diese Rolle auch mit Begeisterung aus. »Er lebt das Präsidentendasein, es gefällt ihm«, sagte Stefano Lo Mele. Lo Mele gefiel Weiss, er war ein richtig pragmatischer Organisator und gar nicht so stromlinienförmig, wie er vorher gedacht hatte, nachdem er sein Curriculum gelesen hatte.
    »Kommen Sie mit zu Presidente Trombetta?« fragte Paul Weiss seinen Gesprächspartner.
    »Was haben Sie vor?«
    »Ich möchte gerne den Termin für ein Abendessen heute ausmachen.«
    Lo Mele zögerte mit seiner Antwort.
    »Ähm, ja, ich komme mit«, sagte er schließlich.
    Paul Weiss dachte, dass Lo Mele Trombetta möglicherweise nicht besonders mochte. Könnte ja sein, die beiden waren offensichtlich grundverschieden.
    »Gut, lassen Sie uns gehen!«

    Trombetta stand in seinem Büro am Fenster und schaute hinaus. Offenbar erfreute es ihn nicht, dabei ertappt zu werden, wie er sinnierte, aber er überspielte das geschickt.
    »Wissen Sie, manchmal frage ich mich, wofür ich das alles mache! Jeden Tag zwölf Stunden in diesem Büro hier rumzuhocken. Immer nur Bremsbeläge, Bremsbeläge und noch mal Bremsbeläge. Das ermüdet.« Er stand noch immer mit dem Bauch zum Fenster und schaute hinaus. Lo Mele und Weiss hatte er in der Spiegelung des Fensters im Blick.
    »Und dann, mit Verlaub, Herr Weiss, auch noch der Verkauf. Das hat meine Laune nicht gehoben.«
    »Ich schätze ihre Ehrlichkeit«, sagte Paul Weiss. Stefano Lo Mele nickte, obwohl er kein Wort verstand, er sprach kein Deutsch.
    »Aber wenn ich dann sehe«, setzte Trombetta wieder an, »dass meine Mitarbeiter dank ihrer Arbeit hier sich etwas leisten können, dann bin ich glücklich.« Das kam Paul Weiss jetzt deutlich übertrieben vor. Jacopo Trombetta wendete sich Lo Mele und Weiss zu, die immer noch am Eingang des Büros standen. »Erst neulich hat mir eine Mitarbeiterin berichtet, dass sie froh sei, ihr Kind in einen Ganztages-Kindergarten geben zu können. Es gibt nämlich wenig Plätze, und die wenigen sind teuer. Aber wir bezahlen gute Löhne.«
    »Das ist schön«, sagte Paul Weiss. Im Grunde stimmte er Trombetta ja zu, er war nur solch emotionale

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