Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt
die Mitbewohner Spanier sind, ist es die beste Art, sich mit der Sprache, den kulturellen Eigenheiten, dem Tagesrhythmus und der Kochkunst Spaniens vertraut zu machen. Anzeigenportale für WGs und Mitbewohner im Internet sind: www.segundamano.es und www.pisocompartido.com.
Nun ist Lena auf dem Weg zu der Wohnung, um sich das freie Zimmer anzusehen und die chicas (Mädels) der WG kennenzulernen. Sie geht durch Straßen, die von Palmen gesäumt sind. Altbauten stehen neben neueren Gebäuden, aber alle Fassaden sind hell, gepflegt, mit hübschen kleinen Balkonen. Sie genießt das südliche Flair und überhört fast den Lärm des Straßenverkehrs, der Busse, der Mopeds in den Gassen. Aha, da ist es: Calle de Colón número 79. Wie? Lena zögert. Hier stehen ja gar keine Namen an den Klingeln, nur irgendwelche Abkürzungen. Lena ist ein bisschen ratlos. Sie sieht noch einmal auf den Zettel, den die nette Dame in der Schule ihr gegeben hat. Moment, was steht hier, 3o izda. ? 3 o wird wohl dritter Stock heißen, aber was heißt denn izda. ? Egal. Genau diese Abkürzung findet Lena jedenfalls unter einer der Klingeln in der dritten Reihe und deshalb klingelt sie dort. Und wirklich summt gleich darauf der Türöffner und Lena fährt mit dem Aufzug in den dritten Stock. Als sich die Aufzugstür öffnet, entdeckt sie auf der linken Seite eine geöffnete Wohnungstür, in der eine Frau in Jeans und Trägertop steht und ihr ein freundliches hola zuruft. Lena gibt ihr die Hand und stellt sich vor: » Hola, soy Lena Roth «. »Abi«, antwortet die Frau mit dem dunklen Pferdeschwanz und erwidert Lenas Gruß mit unangenehm laschem Händedruck und grinst dabei ein wenig verlegen. Jedenfalls kommt es Lena so vor. Sie folgt Abi in die Küche, wo auch die beiden anderen Frauen sitzen, die in der WG wohnen. Abi stellt sie vor und Lena gibt wieder jeder die Hand – Mensch, haben die hier alle einen schlaffen Händedruck! – und hat irgendwie den Eindruck, dass sich die Mädels nicht so richtig wohl fühlen mit ihr. Sind die Spanierinnen etwa schüchtern? Oder hat es etwas mit ihr zu tun?
Abi zeigt Lena das freie Zimmer, das mit seinem Bodenbelag aus Steinfliesen sehr kühl wirkt. Das kleine Zimmer ist möbliert, das Bett schmal, aber es hat einen kleinen Schreibtisch, ist hell, geht nicht auf die Straße hinaus und der Preis ist okay. Außerdem kann Lena von hier aus zu Fuß zur Schule gehen. Ja, das wird sie nehmen. Wenn die drei Mädels nur nicht so zurückhaltend und reserviert wären.
Apropos Steinfliesen
Steinfliesen mögen uns auf den ersten Blick nicht sehr wohnlich erscheinen. In einem Land mit sehr warmem Klima sind sie jedoch, vor allem im Sommer, kein Nachteil. Auch Fensterläden oder Rollläden übrigens nicht, mit denen man zumindest die ärgste Mittagshitze aussperren kann. Traditionell werden Häuser in den heißen Gegenden, vor allem am Land, ganztägig verdunkelt. Zusammen mit den Steinfußböden wirkt das manchmal fast gespenstisch, wenn man sich in so einem Haus bewegt. Tritt man dann jedoch über die Schwelle hinaus in die Hitze, trifft einen schier der Schlag und man versteht, warum so konsequent verdunkelt wird.
Was ist da schiefgelaufen?
Das Auffinden der richtigen Wohnung hat ja noch geklappt. Es ist nämlich tatsächlich so, dass an spanischen Häusern keine Namen stehen. Dabei geht es vor allem um den Schutz der Privatsphäre. Lena wusste glücklicherweise – zumindest verriet es ihr der Zettel, den sie in der Sprachenschule erhalten hatte –, in welchem Stock sich die WG befindet. Wichtig ist bei Adressen außerdem, ob das Appartement eine Nummer oder einen Buchstaben (A, B, C) hat, nach dem Sie dann auf dem Klingelschild suchen müssen. 1o, 2o, 3o usw. bezeichnen das Stockwerk. Das Erdgeschoss heißt piso bajo [ pi so ba cho] oder planta baja [ plan ta ba cha]. Izda. steht für izquierda [ith kjer da], links, dcha. steht für derecha [de re tscha], rechts.
Auch dass Lena sich vorgestellt hat, war prima. Allerdings hätte der Vorname völlig ausgereicht, sie befand sich ja nicht auf einer Behörde oder an einer neuen Arbeitsstelle. Unter jüngeren Leuten gibt es in Spanien sowieso kein »Sie« und so gut wie keine Nachnamen. Und außerdem mehr Kosenamen als vollständige Vornamen, aber davon im nächsten Kasten mehr.
Das war aber nicht das eigentliche Problem. Was die Verlegenheit unter den Mitbewohnerinnen hervorgerufen hat, war das Händeschütteln, zu dem Lena sie genötigt hat. Dabei haben sie
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