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Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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sich sehr unwohl gefühlt und das mit ihrem laschen Händedruck auch zum Ausdruck gebracht. Mit Schüchternheit hat das nichts zu tun. Eine Begrüßung mit Handschlag wirkt in Spanien sehr steif und kommt im Grunde nur in formellen Situationen vor. Im Geschäftsleben zum Beispiel oder wenn man einer »Chef«-Person vorgestellt wird, die sich in der Hierarchie über einem selbst befindet. Unter Freunden, im privaten Umfeld, unter jungen Leuten, unter Gleichaltrigen und Gleichgestellten überhaupt kommt es praktisch nicht vor, dass man sich die Hand zur Begrüßung gibt. Das schafft nur eine Distanz, in der man sich unbehaglich fühlt, und erschwert das Warmwerden miteinander.
    Was können Sie besser machen?
    Was macht man denn nun bei einer lockeren, freundschaftlichen Begegnung mit Leuten? Auf jeden Fall nicht Händeschütteln. Aber was dann?
    Das erfährt Lena, als es klingelt und Abis Freundin Pili in der Tür steht. Das gibt ein großes » Hola, hola «, alle springen auf und umringen Pili, dann wird sie reihum begrüßt, aber nicht per Handschlag, sondern per Umarmung und Küsschen links und Küsschen rechts. Und in ihrem Überschwang landet Pili zum Schluss auch bei Lena, erfährt, dass sie die neue Mitbewohnerin ist, und: Küsschen, Küsschen. Und auf einmal ist nur noch Lena ein wenig verlegen. Ein bisschen mehr Distanz fände sie jetzt gar nicht schlecht. Sie kennt Pili ja gar nicht. Aber alle anderen plappern munter drauflos und fühlen sich ganz offensichtlich so wohl wie Fische im Wasser.

    Abkürzungen und Kosenamen
    Abi, Pili ... vielleicht wundern Sie sich über diese lustig klingenden Namen, die natürlich Abkürzungen sind. Abi kommt von Alba , was übrigens Morgendämmerung bedeutet, und Pili kommt von Pilar , was Pfeiler bedeutet. Pfeiler? Das kommt wiederum von Santa María del Pilar , Heilige Maria vom Pfeiler. Klingt für uns merkwürdig, ist im katholischen Spanien ein üblicher und ganz normaler Frauenname. Und für jeden Namen gibt es eine Kurz- oder Koseform: Trini = Trinidad, Maria Trinidad (»Dreifaltigkeit«), Loli = Lola = (Maria) Dolores (»Schmerzen«), Merche = Mercedes (»Gnaden«), Paco = Francisco (Franz), Nacho = Fernando (Ferdinand), Quique = Enrique (Heinrich), Chema = José María (Josef Maria) usw.

    Später dann, als die ganze Meute beschließt, in die Bar nebenan zu gehen und noch etwas zu trinken, beobachtet Lena, dass nicht nur Frauen untereinander, sondern auch Männer und Frauen sich freundschaftlich mit Küsschen ( besitos ) begrüßen. Das erste Küsschen wird links (also auf die rechte Wange des Gegenübers), das zweite rechts (also auf die linke Wange) gegeben. Wobei die Küsschen eigentlich gar nicht richtig auf der Wange landen, sondern in die Luft gehaucht werden. Zwei Männer dagegen küssen sich nicht zur Begrüßung, sondern umarmen sich und klopfen sich auf die Schulter. Überhaupt fällt Lena auf, dass Spanier sich viel mehr berühren als wir in Deutschland. Zur Begrüßung, wie gesehen, aber auch beim Reden. Wenn man jemanden unterbricht, legt man ihm die Hand auf den Arm, oder man stellt sich zu einer Gruppe dazu und berührt den Nächststehenden an der Schulter. Das wirkt alles ganz natürlich und unverkrampft.
    Und so ist es auch. Vornehme Distanz ist eventuell etwas für Businessmeetings oder Bälle in Adelskreisen, jedenfalls nichts für die Eckkneipe, in der man sich mit Freunden trifft.
    Tipp: Eilen Sie nicht mit ausgestreckter Hand auf Menschen zu, sondern warten Sie ab, welche Art von Begrüßung das Gegenüber für passend hält. Und sollten Sie sich scheuen, Küsschen zu verteilen, dann werden Sie es in Spanien bald schaffen, diese Scheu zu überwinden. Sie müssen ja nicht »echt« küssen, sondern lediglich Ihre Wange in die Nähe der Wange Ihres Gegenübers bringen. Also die Küsschen nur andeuten, nicht wirklich küssen! Das dabei entstehende Geräusch wird lautmalerisch mit muamua umschrieben, nicht mit »schmatz, schmatz«. Nur nicht den steifen Deutschen auspacken, der einen Stock verschluckt hat und mit ausgestrecktem Arm Distanz herstellt. Das mögen Spanier nicht so gern.
    Und wenn Sie sich mit dem Du schwer tun, dann warten Sie einfach ab, was die anderen tun. Wenn man Sie duzt, dürfen, ja sollen Sie ebenfalls duzen. Auch hier gilt: locker werden. Das rasche Duzen ist eher ein Angebot an Nähe und Sympathie, keineswegs eine Respektlosigkeit. Manche meinen sogar, das spanische tú (du) würde irgendwann die Funktion des englischen you

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