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Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt

Titel: Fettnäpfchenführer Spanien - Wie man den Stier bei den Hörnern packt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Graf-Riemann
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Bäckerei gehen, dann geht es gleich los: Bonjour, madame, Bonjour, monsieur und ebenso werden Sie mit Au revoir, madame verabschiedet, und in der Regel folgt dann noch ein mit spitzen Lippen geflötetes bonne journée . Dann fahren Sie über die Grenze und im ersten Laden, den Sie betreten, es kann auch eine Bank sein oder eine Tankstelle, sagt der Mensch, der Sie dort bedient, ein einziges kurzes und schlichtes Wort: hola . Und sonst gar nichts. Oder, wenn’s hoch kommt, noch ein ¿Qué quiere(s)? – Was willst/möchtest du?/Was wollen Sie? – dazu. In dieser Knappheit und Direktheit, dazu noch das vertrauliche bis übergriffige Du, und der Kulturschock ist perfekt. Daher stammt wahrscheinlich auch der Ruf der Spanier, ein bisschen ruppig und unhöflich zu sein. Und im Vergleich mit der grande nation Frankreich scheint das ja auch wirklich zutreffend. Aber natürlich meinen die Spanier das nicht so. Diese Art von antrainierter Höflichkeit ist vielen Spaniern fremd oder einfach nicht so wichtig.
    Was können Sie besser machen?
    Es gibt nur eine Möglichkeit: Passen Sie sich an! Am Marktstand in Spanien heißt es nicht: »Ich hätte gern ein Pfund Pfirsiche«, sondern »Geben Sie mir ...«: Me pone medio kilo de melocotones . Der Wunsch zu zahlen wird in der Bar oft unverblümt und direkt so ausgedrückt: ¿Me cobra? – »Kassieren Sie bei mir?«
    Selbst für die Frage nach dem Weg wird kein »Entschuldigung, wo bitte finde ich ...?« gegenüber dem unbekannten Passanten bemüht. Es geht schließlich auch kürzer: Oye, ¿para ir al museo Picasso? – »Hör mal, wo geht’s zum Picasso-Museum?«
    Natürlich kann es bei Tisch auch ganz höflich zugehen, z.B. so: ¿Me podrías pasar la sal, por favor? – Könntest du mir bitte das Salz reichen? Aber gebräuchlicher, im vertrauten, familiären Umfeld, ist doch: ¿Me pasas la sal? oder Pásame la sal – »Gibst du mir das Salz?« oder »Gib mir (mal) das Salz.«
    Eine spanische Erasmus-Studentin, die ein Jahr in Deutschland verbracht hat, hat Folgendes berichtet: Sie fand es schrecklich, dass die Deutschen, wenn man unter Freunden gemeinsam bei Tisch saß, jeden Satz mit »bitte« oder »danke« zierten und mit Höflichkeitsfloskeln aufblähten. Sie dachte dabei immer, was das für eine völlig unnötige Zeitverschwendung sei. Immer wieder wurden dafür die interessantesten Gespräche am Tisch unterbrochen. Dabei müsste die Verständigung über die Dinge am Tisch (Brot, Wein, Salz ...) eigentlich fast ohne, oder doch mindestens mit ganz wenigen Worten funktionieren. Für sie hätte schon der Hinweis » sal « genügt, um jemanden das Salz zu reichen oder es selbst gereicht zu bekommen. Jedes Wort mehr erschien ihr überflüssig. Ja, so unterschiedlich können die Wahrnehmungen sein.

19. Flirtversuche im Büro
    oder: Rubias del bote
    »Kommst du nachher mit in die Bar?«, fragt Neus Tom. Sie erinnern sich, Tom, der deutsche Programmierer, der zurzeit in Madrid bei Softpro S. L. beschäftigt ist. Neus ist eine Kollegin aus der Grafikabteilung, der Tom nicht nur wegen ihrer sportlichen Figur und ihrem wippenden blonden Pferdeschwanz gerne nachsieht, wenn sie durch seine Abteilung läuft. Dass ausgerechnet sie ihn fragt, ob er nach der Arbeit zu einem kleinen Chill-out in die Bar an der Ecke mitkommt, macht ihn fast ein bisschen verlegen. Tom ist nervös, als sie ihn gegen halb acht abholt. Kurz taucht der Gedanke auf, wie schön es ist, mal allein, also zu zweit, aber da sieht er im Treppenhaus, vor dem Aufzug, schon eine ganze Traube von Kollegen stehen, die offenbar auf sie beide warten. Na gut. Kleidungsmäßig hat Tom sich schon an die spanischen Gepflogenheiten angepasst. Die Zeit der kurzen Hosen und T-Shirts in der Firma sind endgültig vorbei. Die Kollegen tragen stets lange Hosen und immer Hemden, in der Regel sogar mit langen Ärmeln. Auch die chicas , die jungen Kolleginnen, erscheinen praktisch nie in Jeans und Baumwolltops. Sie sehen eher alle aus wie Schaufensterpuppen von Zara oder Mango und tragen meist dezente Farben: weiß, beige, marine, schwarz, braun. Schlichte Eleganz. Auch Neus gehört zu diesem Modetyp, aber bei ihr sieht selbst der Bürolook noch sexy aus.
    »Woher kommt eigentlich dein Name, Neus?«, fragt Tom, während sie die Treppe hinuntergehen. »Er klingt gar nicht so richtig spanisch.«
    »Ist er ja auch nicht«, sagt Neus. »Er ist katalanisch. Neus heißt auf Spanisch Nieves .«

    Seit dem Ende der Franco-Diktatur (1975) sind vor

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