Feuchtgebiete: Roman (German Edition)
noch mal Hals über Kopf ineinander verlieben. Und wieder zusammenkommen. Sehr unwahrscheinlich. Hat es aber alles schon gegeben. Behaupte ich jetzt. Weiß ich gar nicht so genau.
Es vergeht viel Zeit zwischen Papas Verabschiedung und Mamas Ankunft. Mit Mama spreche ich noch weniger als mit Papa. Sie denkt, ich bin einfach sauer, weil sie spät dran ist. Das ewig schlechte Gewissen einer arbeitenden Mutter. Sie weiß ja nicht, was ich weiß. Dass sie grad ihre eigene Neuverheiratung verpasst hat. Das lasse ich ordentlich an ihr aus. Sie kann sich gerne einreden, dass mein schlechtes Benehmen mit meinen Schmerzen zu tun hat.
Ihr Besuch war noch viel kürzer als Papas. Selber schuld, Helen.
Morgen wollen beide wiederkommen. Dann starte ich einen neuen Versuch. Je länger ich im Krankenhaus bleibe, umso mehr Chancen habe ich, sie hier zusammenzuführen. Mein eines Zuhause ist bei meiner Mutter, da käme Papa nie hin. Mein anderes Zuhause ist bei meinem Vater, da käme Mama nie hin.
Also wäre es besser, keinen Stuhlgang herbeizuführen. Für meine eigene Heilung wäre es aber wiederum besser, doch bald Stuhlgang zu haben, wenn man den Ärzten glaubt. Ich kann ja heimlich Stuhlgang haben und es keinem sagen. Dann darf ich länger im Krankenhaus bleiben, muss mir aber gleichzeitig um mich und meinen Po keine Sorgen machen.
Genauso mache ich das. Vielleicht kann ich durch eine weitere Selbstverletzung noch eine Operation herbeiführen. Dann könnte ich noch viele Tage auf mein Ziel hinarbeiten.
Vielleicht fällt mir da was ein. Bestimmt. Habe ja hier in meinem langweiligen Atheistenzimmer genug Zeit, mir alles Mögliche auszudenken. Meine Eltern waren jeweils nur sehr kurz bei mir. Ich rede nicht genug mit Menschen. Das merke ich immer daran, dass ich ins Grübeln verfalle und anfange, immer schlechter aus dem Mund zu riechen. Wenn ich länger nicht spreche, also meinen Mund nicht aufmache, um ihn zu lüften, fangen die Speisereste zusammen mit dem warmen Speichel in der abgeschlossenen Mundhöhle zu gären an. Deswegen riecht man auch so schlecht aus dem Mund, wenn man morgens aufsteht. Der Mund ist die ganze Nacht die perfekte körperwarme Petrischale für alle Bakterien, um sich zu vermehren und die Speisereste zwischen den Zähnen zu zersetzen. Das beginnt bei mir gerade. Ich muss mit jemandem sprechen. Notbimmel. Robin kommt rein. Ich muss mir was ausdenken, warum ich geläutet habe. Ah, eine Frage.
»Wann kriege ich meinen Selbstdosierer vom Anästhesisten?«
»Der hätte eigentlich schon längst hier sein sollen.«
»Gut. Also gleich irgendwann. Sonst hätte ich jetzt nach Tabletten gefragt, die Schmerzen gehen langsam wieder los.«
Gelogen. Macht das Bimmeln aber glaubwürdiger. Er greift schon wieder nach der Klinke.
»Geht es dir gut, Robin?«
Typisch Helen. Der ist doch der Pfleger. Ich denke aber, ich muss mich um ihn kümmern und dafür sorgen, dass er eine angenehme Schicht hat.
»Ja, mir geht es gut. Ich habe viel über deine Wunde nachgedacht und über deine Lockerheit. Ich habe mit einem Kumpel darüber geredet. Keine Sorge, keiner hier aus dem Krankenhaus. Der denkt, du bist Exhibitionistin, oder wie das heißt.«
»Zeigefreudig, sag ich immer. Stimmt. Ist das schlimm?«
»Ich würde mir wünschen, dass mehr Mädchen so sind. Vielleicht mal ein Mädchen, das ich in der Disco treffe.«
Um die Unterhaltung am Laufen zu halten und vielleicht auch ein bisschen, um Robin aufzugeilen und an mich zu binden, erzähle ich ihm meinen Ausgehstandard.
»Weißt du, was ich immer mache, wenn ich in die Disco gehe?«
Wenn ich mit einem Jungen verabredet bin und will, dass wir an dem Abend ficken, habe ich mir einen tollen Trick als Beweis ausgedacht. Als Beweis dafür, dass ich der Fickurheber des Abends bin. Und es kein Zufall ist, was später passiert. So ein Abend fängt ja unsicher an. Kennt man ja. Wollen beide das Gleiche? Schafft man es am Ende des Abends, Sex zu haben? Oder war die ganze Verabredung für die Katz? Damit total klar ist, was ich von Anfang an wollte, schneide ich mir vorher ein großes Loch in die Unterhose, damit man die Haare und die ganzen Schamlippen und so sieht. Also, die ganze Pflaume soll rausgucken. Ich trage natürlich immer einen Rock. Wenn ich dann anfange, mit dem Jungen zu lecken und zu fummeln, und nachdem meine Brüste lange genug gestreichelt worden sind, wandert irgendwann sein Finger meine Oberschenkel hoch. Er denkt, er muss sich erst mal mühsam an meiner
Weitere Kostenlose Bücher