Feuer der Götter: Roman (German Edition)
sie sich tatsächlich? Oder sammelte sie Kraft für einen neuen Angriff? Sie flatterte hin und her.
Unter all dem Getöse vernahm er das Zischen der Pflanze. Das Axot störte sich nicht daran; seine ledrige Haut konnten die kleinen Nadeln nicht durchstoßen. Royia presste sich dicht auf den Rücken, um nicht getroffen zu werden. Heftig warf sich das Tier hin und her; er konnte sich kaum halten. Als er halbwegs sicher war, dass die Pflanze ihr Gift für den nächsten Regen neu sammeln musste, sprang er herunter. Das Axot folgte ihm. Dicht an seinem Hals klappte der Schnabel; über seinen Kopf zischten die Haken der Schwanzspitze hinweg. Royia sprang den nächsten Baumstamm hinauf und warf sich wieder auf den Axotrücken. Ein schriller Wutschrei riss an seinen Ohren. Das Axot drehte sich und taumelte auf den Boden.
Er schaffte es, eine Hand auf die zarte Stirnhaut zu legen, wo auch Ajas zarteste Stelle gewesen war, jene, die sie ihm am liebsten hingehalten hatte, damit er sie dort streichelte. Sanft, doch mit Nachdruck rieb er darüber, während er versuchte, das Tier festzuhalten.
»Ich bin dein Freund«, raunte er der Flugechse zu.
Sie beruhigte sich.
Welch ein Gefühl, wieder solch ein prächtiges Wesen zu umarmen! Kurz, ganz kurz schloss er die Augen, um sich der Täuschung hinzugeben, Aja zu liebkosen. Als sich das Axot aufbäumte, ließ er diesen Unfug jedoch schnell bleiben. Immer wieder ließ er die Gedanken fließen, und das Tier hielt still. Schließlich wagte er es, seine aufgeschnittene Hand vor den Schnabel zu halten. Würde das Axot die Zunge entrollen, um den Schnitt mit seinem Speichel zu heilen?
• • •
Da war ein Schmerz in ihrer Brust, woher kam der? Und warum fühlten sich ihre Glieder so steif an? Blinzelnd hob Naave die schweren Lider. Sie hatte die Knie an den Leib gezogen und hockte in einem seltsamen Gebilde holzartiger Wülste, die sich umeinanderschlangen. Es sah aus, als säße sie … in einem hohlen Baum? Nur dass der Baum fort war und nichts als diese Würgeschlingen geblieben waren. So etwas von außen gesehen zu haben, ja, daran konnte sie sich schwach erinnern. Aber wie, bei allen Göttern, war sie in eine solche Pflanze gekommen?
Was war überhaupt geschehen?
Der Schmerz, entsann sie sich, kam von der Pfeilwunde über ihrem Herzen. Einer dieser Männer, die Royia die Düsteren genannt hatte, hatte auf sie geschossen. Als sie das Kanu gestohlen hatte … Tröpfelnd wie zäher Honig kehrten die Erinnerungen zurück. Dieser hochmütige Feuerdämon! Mit seinem Gerede vom Gottsein hatte er die Männer gegen sich aufgebracht. Dann war er mit ihr geflohen, auf dem Fluss … eine zähe Fahrt durch eine grüne Welt, derer sich Naave nur noch verschwommen entsinnen konnte.
Vorsichtig betastete sie den Verband um ihre Brust. Den Stoff hatte der Dämon von ihrem priesterlichen Kleid abgerissen. Müsste nicht jede Berührung üble Schmerzen hervorrufen? Doch dieser Schmerz war nur schwach. Eher, als plage sie ein Bluterguss. Und unter dem Stoff, müsste sich da nicht der abgebrochene Schaft des Pfeils wölben?
Sie hob den Verband an, so gut es ging. Trockenes Blut klebte auf ihrer Haut. Doch die Wunde war sauber. Ein wenig geschwollen und blau um ein kleines Loch, das sich geschlossen hatte. Wie hatte Royia das gemacht? Hatte er hier im tiefsten Wald einen Heiler aufgestöbert? Oder eine Heilpflanze von wahrer Wunderwirkung?
Sie versuchte sich zu erinnern. Doch alles, was ihr in den Sinn kam, war ein seltsamer Traum: Ein rotschillerndes Ungeheuer hatte sich über sie gebeugt. Auf seinem Rücken Royia. Das Tier hatte den mit spitzen Zähnen bewehrten Schnabel geöffnet und seine Zunge auf ihre Brust gelegt. Ein wahrhaft übler Traum … Sie hatte vor Furcht um sich schlagen wollen, aber sie war zu schwach gewesen … Dann war sie ruhig geworden, denn ihr war es so vorgekommen, als sauge das Tier das Schlechte aus der Wunde.
Sie meinte sich auch zu erinnern, den Dämon angefleht zu haben, sie nicht allein zu lassen. Ihn, einen Feuerdämon, hatte sie wie ein ängstliches Kind angebettelt! Wüsste ihre Mutter davon, würde sie vor Scham wohl noch einmal sterben.
Wo war er überhaupt?
Und von woher kam das Licht?
Er ist hier. Natürlich ist er hier.
Sie versuchte sich aufzurichten. Durch ihre Brust schoss ein Schmerz. Es war so eng hier, dass sie nicht wusste, wie sie aufstehen sollte, ohne sich zu sehr zu peinigen. Mühsam rutschte sie auf dem Gesäß
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