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Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Feuer der Götter: Roman (German Edition)

Titel: Feuer der Götter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Simon
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ließen. Auf den Knien kauerte sie an der Kante des Felsens. Niemand schien erwacht zu sein.
    Sicherlich gab es nächtliche Wachtposten. Einen Fuß vor den anderen tastend, schob sich Naave in Richtung der Hütten. Es war nicht völlig dunkel – in einer aus Steinen errichteten Feuerstelle glomm noch die Glut des Kochfeuers, und das Licht einiger Monde schaffte es durchs Geäst. Sie hatte beobachtet, in welche Hütte unter dem Krüppelmanoq man die Axotmedizin gebracht hatte.
    Axotspeichel heilte Wunden. Gekochte Axotzunge ebenso. Aber wenn es das Gift des Menschentöters war, das Royia nach wie vor zu schaffen machte, half es vielleicht, wenn er das Zeug trank.
    Den Rest des Weges legte Naave auf allen vieren zurück. Der Boden war mit Moos bewachsen oder von den Schritten dieser Leute kahl gelaufen; sie lief nicht Gefahr, in giftige Pflanzen zu fassen. Ab und zu brummte eine Motte an ihrem Ohr. Zwischen den Bäumen huschten die Schatten von Fledermäusen. Wächter sah sie nicht – vielleicht war es nur einer, und der behielt wahrscheinlich den Wald im Auge.
    Neben der Herdstelle fand Naave die Panzerschale eines Tieres und angelte damit ein paar Brocken Glut heraus. Dann kroch sie unter der ledernen Plane hindurch, die vor dem Eingang der Rundhütte hing. Wenn sie sich täuschte und dies nicht die Vorratshütte war …
    Niemand ruckte von seinem Lager hoch, niemand schrie. Naave wagte es, die Hand von der Schale zu heben.
    Allmählich schälten sich rötliche Umrisse aus der Dunkelheit. Körbe hingen von dem palmblattgedeckten Dach, ebenso Schlangenhäute und Kräuterbüschel. Am Boden reihten sich Gefäße und Töpfe, und in die runde Wand schmiegte sich eine Art Regal, gefertigt aus Anguanusshälften. In den Nussschalen lagerten Samen, getrocknete Früchte, die süßlich duftenden Schoten der Vaiia und die roten Kerne der Mla-Schote, mit denen Tzozic seine Fischgerichte würzte. Auf den Fersen kauernd, schob sich Naave durch die Hütte. Sie berührte nichts, sie stieß nichts an. Dort, dieser Topf war es gewesen, in den die Männer den Zungensud gefüllt hatten. Er war mit einer Schnur so stramm verschlossen, dass Naave das Messer zu Hilfe nehmen musste. Weitere solcher Töpfe stapelten sich übereinander. Sie zählte acht Stück. Enthielten sie das Gleiche? Aber wie viele Axots hätten dafür sterben müssen?
    Sie fand einen leeren Lederbalg, in den sie einen großen Teil des Suds füllte. Mit der zerschnittenen Schnur band sie ihn zu. Nun musste sie noch den Topf verschließen. Naave tastete ewig herum, öffnete Beutel und suchte in Körben, bis sie eine weitere Schnur fand. Dann war auch das getan.
    Als sie hinauskriechen wollte, hörte sie schlurfende Schritte. Sie hielt den Atem an. Ein Wächter, ein Schlafloser oder jemand, der sich erleichtern musste? Naave kroch die Angst in die Kehle. Warum, o Tique, nehme ich das hier auf mich, statt den Dämon sich selbst zu überlassen?
    Weil sie es konnte. Weil sie eine Diebin war.
    Aber ihr schien die Antwort nicht die richtige zu sein.
    Die Schritte verklangen wieder. Naave wartete, bis sie sich sicher genug fühlte, dann machte sie sich auf den beschwerlichen Rückweg.
    Als sie in den Käfig hinabkletterte, fiel ihr ein, dass die aufgeschnittene Öffnung sie unweigerlich verraten würde. Doch sie war so müde, dass es ihr fast gleich war.
    Sie kniete neben Royia und bettete behutsam seinen Kopf an ihren Knien, schnürte den Lederbalg auf und setzte ihn an seine Lippen.
    »Trink«, raunte sie ihm zu. »Lass mich das nicht umsonst getan haben, hörst du? Trink!«
    Und er trank.

    »Heraus mit dir, du kleine Wildkatze! Wo ist das Messer? Wo?« Naave wurde aus dem Käfig gerissen und so durchgeschüttelt, dass ihr Hören und Sehen verging. Sie deutete ins Wasserloch. »Was, bei allen Göttern, was willst du sagen?«, brüllte der Mann sie an. Es war ein anderer, ein hagerer, in dessen sehnigen Armen rohe Kraft steckte. Der Gestank seiner fauligen Zähne raubte ihr fast die Besinnung.
    »Es ist – es ist ins Wasser gefallen«, stotterte sie, und er schüttelte sie weiterhin, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen.
    »Nun hör schon auf, Yuqa.« Das war der Mann, der sie auf der Herreise bewacht hatte. Er legte eine Hand auf ihre Schulter. »Du hast uns bestohlen, Mädchen.«
    »Ich habe das Messer doch nur …«
    »Hast du damit irgendetwas geopfert?«
    Geopfert? Wie hätte sie auch noch an ein Opfertier kommen sollen? »Nein, natürlich nicht.«
    »Solltest du

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