Feuer der Leidenschaft
war, daß Heien Seaton einem Verbrechen zum Opfer gefallen war, hatten sich auch seine Chancen, ihren Mörder zu finden, erheblich verbessert.
Bevor Kenneth dann in einen ruhelosen Schlaf hin-
überglitt, stand ihm auch noch einmal die Ironie seiner eigenen Situation vor Augen: Wenn ihn diese geheime Mission nicht in Sir Anthonys Haus gebracht hätte, hätte er Rebecca niemals kennengelernt. Doch eben weil sie geheim war und das auch sein mußte, wenn sie Erfolg haben sollte, hatte er sich damit vermutlich jede Chance verdorben, mit Rebecca eine gemeinsame Zukunft aufzubauen.
Kapitel 29
Zwei Tage nach dem Ball bei Lord Strathmore, erhielt Rebecca von Lady Bowden eine schriftliche Botschaft, in der ihr ihre erst vor kurzem gefundene Tante mitteilte, daß sie an diesem Vormittag bei der Serpentine im Hyde Park Spazierengehen würde. Rebecca schob das Kärtchen unschlüssig hin und her. Sie hatte seit ihrer ersten Begegnung mit Lady Bowden öfter an diese gedacht. Und vor vierundzwanzig Stunden würde sie diese diskrete Einladung, ihre Bekanntschaft zu vertiefen, noch freudig begrüßt und nicht einen Moment gezögert haben, ihr Folge zu leisten.
Aber nachdem sie heimlich Zeugin von Lord Bowdens Verlangen geworden war, ihren Vater als Mörder zu entlarven, hatte sie so ihre Zweifel. Es würde ihr schwerfallen, ihre Empörung darüber vor Lady Bow- *
den zu verstecken. Aber andererseits bot sich ihr hier auch die Gelegenheit, mehr über den Bruder ihres Vaters zu erfahren.
Der Pragmatismus siegte, und nach zwei Stunden machte sich Rebecca mit ihrer Zofe Betsy auf den Weg in den Park. Nur wenige Leute befanden sich zu dieser für das Lustwandeln der besseren Kreise unpassenden Zeit in den Anlagen, und deshalb dauerte es nur wenige Minuten, bis sie die elegant gekleidete zierliche Gestalt ihrer Tante entdeckt hatte.
»Guten Tag, Lady Bowden«, sagte Rebecca, als sie aufeinander zugingen. »Es freut mich, Euch wiederzusehen.«
Ihre Ladyschaft warf ihrer eigenen Zofe einen Blick zu.
Die Frau fiel zurück und hielt dann mit Betsy einen genügend großen Abstand zu den beiden Ladys ein, daß sie nicht hören konnten, was diese miteinander bespra-chen. Lady Bowden lächelte und sagte: »Ich bin froh, daß Ihr meiner Einladung gefolgt seid, obwohl ich sie Euch erst vor wenigen Stunden zugeschickt habe, Rebecca. Wir werden morgen auf unseren Landsitz reisen. Obwohl dieser nur wenige Meilen vom Sommerhaus Eures Vaters entfernt ist, glaube ich nicht, daß wir uns dort treffen können.«
»Jemand würde das sicherlich bemerken«, stimmte Rebecca ihr zu. »Ich freue mich, daß mir Eure Botschaft die Gelegenheit verschaffte, an einem so schönen Tag das Haus verlassen zu können. Ich bin so beschäftigt gewesen, daß ich kaum auf das Wetter geachtet habe.«
Die beiden Frauen redeten über Belanglosigkeiten, während sie sich dem schmalen Ende des Sees näherten, wo eine große Schar Wasservögel im Wasser schwammen. Als sie das Seeufer erreicht hatten, öffnete Lady Bowden ihr großes Ridikül und entnahm diesem zwei halbe Brotlaibe.
Nachdem sie einen davon Rebecca gegeben hatte, brach sie ein Stück von ihrem Brot ab und warf es ins Wasser.
Wildenten und Gänse eilten aus allen Richtungen mit großem Geschnatter herbei.
Rebecca lächelte und warf ebenfalls ein paar Stücke Brot ins Wasser. »Warum hat das Füttern von Wasservögeln nur so eine beruhigende Wirkung?«
»Sie sind so viel direkter als Menschen«, erwiderte ihre Tante. »Übrigens möchte ich nicht versäumen, Euch meine Glückwünsche zu Eurer Verlobung auszusprechen.
Ich nehme an, daß dieses prächtige männliche Exemplar, das in Eurer Begleitung war, als wir uns zum erstenmal trafen, Lord Kimball gewesen ist.«
Der Ball bei den Candovers schien schon eine Ewigkeit zurückzuliegen. »Ihr meint den Gentleman, mit dem zusammen ich in einer kompromittierenden Situation angetroffen wurde? Um ehrlich zu sein, Tante Margaret, haben wir das Verlöbnis nur vorgetäuscht, um einen Skandal zu vermeiden. Wir wollen die Verlobung nach einer uns schicklich erscheinenden Frist wieder stillschweigend auflösen.«
Ihre Tante schickte ihr einen neugierigen Blick zu. »Aber der Art, wie Ihr darüber redet, entnehme ich, daß Ihr wohl lieber eine echte Verlobung daraus machen würdet. Auch ist es in der Regel doch so, daß man den Mann auch mag, mit dem man sich in einer verfänglichen Situation hatte ertappen lassen.«
»Inzwischen hat sich die Lage jedoch verändert.
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