Feuer der Leidenschaft
Fragmente im Raum umherschleuderte. Ein Haus voller unbezahlbarer Kunstschätze stand im Begriff, von einem Feuer vernichtet zu werden.
»Oh, gütiger Gott, meine Gemälde!« rief Sir Anthony mit entsetzter Stimme und lief zu der Stelle, wo unter einem reiche Falten werfenden Baldachin die Staffelei mit dem Porträt der beiden gräflichen Zwillingsschwestern und deren Ehemänner stand.
Der Stoffhimmel, der lichterloh brannte, begann sich im gleichen Moment von der Decke zu lösen, so daß Rebecca entsetzt »Vater!« schrie.
Kenneth konnte Sir Anthony gerade noch zur Seite reißen, als die brennenden Stoffbahnen auf das Porträt hinunterfielen. »Um Himmels willen, versucht die Gemälde zu retten, die weiter vom Brandherd entfernt sind!« rief Kenneth ihm zu, ehe er einen kleinen Teppich vom Boden aufhob und damit wütend auf die züngelnden Flammen einschlug, um sie zu ersticken.
Sir Anthony riß zwei Gemälde von ihren Haken an der Wand und eilte mit ihnen aus dem Studio. Ein paar Sekunden später kehrte er mit Rebecca in den Raum zurück, um weitere Gemälde von den Wänden und Staf-feleien zu entfernen. Wenn Kenneth nicht Mühe gehabt hätte, noch genügend Luft zu bekommen, hätte er wohl laut gelacht. Künstler dachten in einer Gefahr immer erst an ihre Werke, bevor sie versuchten, die eigene Haut zu retten.
Nun kamen die zwei jungen Lakaien von Sir Anthony hereingestürzt, beide mit Kannen bewaffnet, die sie von diversen Waschständen im Dachgeschoß mitgenommen hatten. Kenneth riß sich die Krawatte vom Hals, tränkte sie mit Wasser und band sie sich dann vor Mund und Nase, ehe er mit den beiden Lakaien daranging, den größten Brandherd im Raum mit dem Wasser aus den Kannen zu bekämpfen.
Beißender Qualm stieg an den Stellen auf, wo das Wasser in den prasselnden Flammen einschlug. Doch es gelang ihnen, den größten Brandherd zu isolieren und in kleinere Teile zu zerlegen, deren Flammen sie nun wieder mit Hilfe von Teppichen und Tüchern erstickten.
Aber es gab noch immer zahlreiche kleinere über den ganzen Raum verteilte Brandherde, die das Studio und den angrenzenden Salon mit einem höllischen orange-farbenen und gelben Licht erfüllten. Aus den Augenwinkeln sah Kenneth, wie Rebecca und ihr Vater gerade dabei waren, das Gemälde von Horatius an der Brücke aus dem Salon zu tragen. Nur ein paar kleine Feuerzungen waren bisher bis in diesen Raum vorgedrungen, die Kenneth rasch mit dem Teppich erstickte, ehe er die Doppeltüren zum Salon schloß.
Der Butler, Minton, kam nun mit einer langen, mit einem Haken bewehrten Stange ins Studio, die gewöhnlich dazu benützt wurde, die vom Boden aus nicht erreichbaren Fenster zu schließen. Er verwendete den Haken nun dazu, ein paar Scheiben einzuschlagen, sich dann damit einige noch brennende oder glimmende Möbelstücke zu angeln und diese dann auf den mit Regenwasser getränkten Rasen des Vorgartens hinunterzuwerfen. Mehrere weibliche Dienstboten erschienen jetzt mit Kübeln voller Wasser, die sie von der Küche heraufge- i schleppt hatten. »Bringt die Eimer zu mir!« befahl Kenneth den Mägden und ging dann so dicht an einen Brandherd heran, wie ihm das möglich war, ohne sich die Haut oder die Kleider zu verbrennen, um einen vollen Eimer, den ihm die Mägde zureichten, über den Flammen auszukippen. Ohne sich umzuschauen, wartete er dann darauf, daß die Mägde den leeren Eimer wieder gegen einen vollen austauschten, um diesen abermals über dem Feuer auszukippen. Wieder und immer wieder…
Aber langsam gewannen sie so die Oberhand über das Feuer. Sobald Kenneth einen mit Wasser gefüllten Eimer zugereicht bekam, schüttete er diesen nun mit ei- 1 nem gewaltigen Schwung gegen ein brennendes Wandpaneel oder Möbelstück und auf Stellen, die er der sengenden Hitze wegen nur schwer erreichen konnte. Und wenn er kein Wasser zur Verfügung hatte, bekämpfte er das Feuer mit dem bereits an vielen Stellen verschmorten Teppich.
Der Geschmack von Holzkohle er- l füllte seinen Mund, und er war halb blind von dem Rauch und den Tränen, die ihm der beißende Qualm in die Augen trieb. Doch es gelang ihm nun, auch die letzten, bisher unzugänglichen Brandherde nacheinander zu * löschen oder zu ersticken.
Nachdem er sich durch eine ihm endlos erscheinen- l de Hölle aus Rauch und Feuer hindurchgekämpft hatte, konnte er endlich die letzten Flammen im hintersten Winkel des Studios löschen. Dann wankte er auf den Korridor hinaus, sank dort auf dem Boden nieder
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