Feuer der Leidenschaft
wegen verlassen haben. Diese Frau existierte nur in seiner Phantasie.
>Anthony und Heien haben sich ineinander verliebt und dann geheiratet. Damit haben sie zwar schlechte Manieren bewiesen, aber sich keineswegs eines Verbrechens schuldig gemachte
Wenn Anthony Helens Tod verschuldet hatte, war das natürlich ein Verbrechen. Aber mußte er da gleich an einen Mord denken? Er war einmal felsenfest davon überzeugt gewesen, daß Anthony Heien umgebracht hatte. Denn als Kimball ihm seine Entdeckung von dem fehlenden Teil des Freundschaftsringes mitgeteilt hatte, schien ihm das der schlüssige Beweis dafür zu sein. Doch nun mußte er sich fragen, welchen Anteil denn der Wunsch, Anthony dafür zu bestrafen, daß Heien sich für ihn entschieden hatte, an seiner Überzeugung hatte.
Einen viel zu großen Anteil, wie es schien.
Er spürte, wie sich sein Herz nun schmerzhaft zusam-menkrampfte. Wer hatte ihm das größte Behagen und Glück seines Lebens verschafft? Margaret. Er hatte sie schon gekannt, als sie noch ein kleines, süßes, gutherziges Mädchen gewesen war. Und in all den Jahren ihrer Ehe hatte sie ihn dann in einen Kokon aus fürsorglicher Liebe und Behaglichkeit eingesponnen. Doch nun hatte sie ihm mit einer Handvoll Worte ihre Zuneigung und Loyalität entzogen, die er stets als Selbstverständlichkeit betrachtet hatte.
Zuweilen, resümierte Bowden, weiß man das Gute erst zu schätzen, wenn es einem wieder genommen wird.
Er ging in den Stall und befahl, sein Pferd zu satteln. Dann ritt er seiner Frau nach, ohne zu wissen, ob er versuchen würde, sie aufzuhalten, oder sich ihr anzu-schließen.
Beim Frühstück verkündete Rebecca: »Ich werde erst ein Picknick im Freien veranstalten und dann den Tag mit Malen und Zeichnen verbringen.«
Sir Anthony blickte zerstreut von seinem Teller auf.
»In welche Richtung müssen wir denn einen Suchtrupp ausschicken, falls du vergessen solltest, zum Dinner nach Hause zu kommen?«
»Nach Westen. Ich dachte daran, einen Spaziergang zum Skelwith Crag zu machen.«
Er nickte verständnisvoll. Sie vermutete, daß er selbst eine Pilgerreise dorthin unternehmen würde, sobald er sich dazu in der Lage fühlte.
Rebecca packte ihren Skizzenblock, Stifte, Malkasten, Brot, Käse und zwei kleine mit Korken versehene Krüge in einen Korb, von denen der eine mit Apfelwein und der andere mit Wasser für ihre Aquarellfarben gefüllt war. Dann verließ sie das Haus.
Es war im Seenbezirk kühler als in London, und auf den höchsten Erhebungen lag noch Schnee. Sie hatte sich deshalb vorsorglich auch mit einem Schal bewaffnet, wenngleich die kühle Luft ihr guttat und alle ihre Le-bensgeister weckte. Sie fand jetzt immer mehr Gefallen an dem Gedanken, sich dauerhaft in Ravensbeck nie-derzulassen.
Da sie es nicht eilig damit hatte, das Ziel ihrer Pilgerreise zu erreichen, wanderte sie im gemächlichen Tempo dahin, pflückte unterwegs Wildblumen, bis sie schließlich mit einem bangen Gefühl im Herzen auf dem Skelwith Crag anlangte.
Trotz seines Namens war das kein steil in den Himmel aufragender kahler Berggipfel, sondern nur ein hoher, von Birken gekrönter Hügel, der mit seiner West-flanke steil in ein fruchtbares Flußtal hinunterfiel, so daß man auf dieser Seite einen herrlichen Rundblick auf das tiefer gelegene Gelände hatte.
Sie kam aus dem Birkenwäldchen heraus und stellte ihren Korb auf dem Boden ab. Und dann, während der Wind in ihren Haaren wühlte, suchte sie nun mit den Augen nach all den ihr seit vielen Jahren vertrauten Wahrzeichen, Dazu gehörten die spiegelglatten Flächen von sechs größeren und kleineren Bergseen, und eine Reihe von über die Felsen herabstürzende Bäche, die das Schmelz-wasser in reißende kleine Flüsse verwandelt hatte, und daneben noch unzählige rauhe, gezackte Hügelkämme mit wohlbestellten kleinen Tälern dazwischen. Das war fürwahr ein großartiges Panorama, das jemand in den letzten Sekunden seines Lebens noch in die Ewigkeit mit hinübernehmen konnte.
Dann zwang sie sich dazu, sich ihren Standort etwas genauer anzusehen, der sich keineswegs unmittelbar vor ihr in eine Steilwand verwandelte, sondern in eine zunächst nur sanft geneigte Böschung überging, deren Gefalle jedoch rasch zunahm, bis der Hang dann plötzlich abriß und lotrecht in die Tiefe stürzte. Es war durchaus möglich, daß jemand, der mit seinen Gedanken woanders weilte, sich hier ein paar Schritte zu weit vorwagte und dann auf dem steilen Stück der Böschung
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