Feuer der Leidenschaft
hingestellt. Aber es hat Monate gedauert, bis er sich von mir anfassen ließ. Inzwischen ist aus ihm schon fast eine zahme Hauskatze geworden.«
Kenneth fand, daß diese Fürsorge für ein verwildertes, hungriges Tier ein Zug an ihr war, der ihn zugleich überraschte und rührte. Er überlegte, daß er diese entspannte und friedliche Stimmung, in der sie sich in die- J sem Augenblick befanden, dazu ausnützen sollte, um auch die Beziehung zwischen ihnen zu verbessern. Er : kraulte den Kater deshalb zwischen den Ohren und sag- ! te: »Er ist ein feiner Bursche. Und auch gut erzogen, wie ich meine. Er hat die ganze Zeit über, wo diese eleganten Herrschaften hier eindrangen und sich mit Eu-rem Vater unterhielten, keinen Mucks von sich gegeben, sondern ganz ruhig dort unter dem Schrank geschlafen.«
»Er ist an solche Invasionen gewöhnt. Es gibt zwar Dutzende von Leuten, die Vater regelmäßig besuchen; aber die drei, die eben hier waren, kommen fast jeden Tag zu uns.
Vater, George und Malcolm sind schon miteinander befreundet gewesen, als sie noch alle drei an der Kunstakademie studierten. George ist mein Taufpate und fertigt alle Radierungen von den Gemälden meines Vaters an.«
»Die Drucke, die er damit herstellt, sind hervorragend und haben eine Menge zu dem Ruhm, den Euer Vater jetzt genießt, beigetragen.« Kenneth streichelte wieder die Katze, wobei er mit den Fingerspitzen fast Rebeccas Wange berührte. Er fragte sich, ob ihre Haut auch wirklich so makellos und glatt war, wie sie zu sein schien. Er zog jedoch die Hand wieder zurück, bevor er der Versuchung erlag, das herauszufinden. »Ich bin Lavinia schon heute morgen im Studio Eures Vaters begegnet«, sagte er,
»und hatte sie für ein professionelles Modell gehalten. Zu meiner Überraschung wurde sie mir vorhin als Lady Claxton vorgestellt.«
Rebecca setzte nun die Katze auf ihre Schulter, ehe sie sich einen Stuhl suchte und darauf Platz nahm. »Hattet Ihr Schwierigkeiten damit, sie im bekleideten Zustand wiederzuerkennen?«
Ein Lächeln unterdrückend, antwortete er: »Ich gebe zu, daß ich zweimal hinschauen mußte, bevor ich wußte, daß es sich um die gleiche Frau handelte.«
»Lavinia ist früher mal eine nicht sonderlich erfolgreiche Schauspielerin und ein Modell an der Kunstakademie gewesen, ehe sie einen angejahrten Baronet heiratete. Nun ist sie eine wohlhabende Witwe, die es liebt, sich extravagant zu benehmen. Man empfängt sie nicht in den besten Kreisen; aber bei den Künstlern ist sie sehr populär.«
Rebecca rieb ihre Wange am Fell der Katze und setzte mit einer Stimme, die ein wenig zu beiläufig klang, hinzu:
»Sie ist die augenblickliche Mätresse meines Vaters, glaube ich.«
Kenneth schrak ein wenig zusammen, und als Rebecca seinen Gesichtsausdruck bemerkte, meinte sie kühl:
»Habe ich Euch schockiert, Captain?«
»Vielleicht bin ich zu lange von England fortgewesen«, erwiderte er. »Als ich dieses Land verließ, hielt man es noch für unschicklich, daß eine junge Dame über illegitime Beziehungen spricht.«
Sie lächelte ironisch. »Aber ich bin weder jung, noch eine Lady, Captain. Mein Ruf ist seit Jahren ruiniert. In der Welt der Künstler ist man unkonventionell genug, mich zu akzeptieren. Vielleicht auch nur deswegen, weil ich Sir Anthonys Tochter bin. Aber im Salon einer respektablen Familie würde man mich niemals dulden.«
In dem Bewußtsein, daß seine Frage ein Prüfstein dafür sein würde, bis zu welchem Grade sie ihn akzeptierte, sagte er: »Und wie hat sich nun die Tatsache, daß Ihr ruiniert seid, ausgewirkt? Seid Ihr dadurch schwächer oder stärker geworden?«
Diese Frage schien sie betroffen und dann nachdenklich zu machen. »Stärker, nehme ich an. Ich hatte zwar nicht geahnt, wieviel mir mein guter Ruf bedeutete, bis ich ihn verlor, habe diesen Verlust dann jedoch in mancherlei Hinsicht eher als eine Befreiung empfunden.«
Er nickte und nahm wieder auf seinem Stuhl Platz. »Es sind nicht unsere Triumphe, sondern unsere Niederlagen, die unseren Wert bestimmen.«
Die Hand, mit der sie noch immer die Katze streichelte, hielt mitten in der Bewegung inne, während sie sein Gesicht studierte. »Es sind recht interessante Ansichten, die Ihr vertretet, Captain.«
»Das hat man mir schon öfter gesagt«, erwiderte er trocken. »Was jedoch in der Regel kein Kompliment für mich sein sollte.«
Sie schenkte ihm ein Lächeln, das ihr Gesicht auf einmal sehr lebendig und bemerkenswert hübsch machte. »Ich
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