Feuer der Leidenschaft
würde man in einer Schlacht gegen einen Berg anrennen.
Ihr wißt sicherlich aus eigener Erfahrung, wie mühsam so etwas ist.«
»Eine Kompanie unter Gefechtsbedingungen zu befehligen, ist sicherlich eine gute Vorbereitung für diesen Posten gewesen«, erwiderte Kenneth mit einem schwachen Lächeln. »Zugegebenermaßen befanden sich die Dinge dort in einem beklagenswerten Zustand, nachdem Ihr das Haus verlassen hattet. Aber ich fange an, die Lage in den Griff zu bekommen. Zumindest hat Sir An-thony seit ein paar Tagen nicht mehr mit Gegenständen um sich geworfen.«
Der junge Mann schüttelte sich. »Ja, grauenhaft. Obwohl ich den alten Knaben mochte, habe ich nie begriffen, warum er sich so aufregen konnte, wo er doch der glücklichste Mann ist, den man sich vorstellen kann. Habt Ihr ihn schon mal bei der Arbeit beobachtet? Er steht vor seiner Staffelei, macht dann einen kurzen Schritt rückwärts und mit einem seiner langstieligen Pinsel einen Klecks auf die Leinwand, wobei er gar nicht so genau hinzuschauen scheint, wo die Farbe dort landet. Und nach ein paar Tagen ist er mit seiner Pinselei dann so weit, daß er sie als Porträt an jemanden verkaufen kann, der dafür ein paar hundert Guineen bezahlt.«
Morley seufzte. »Scheint mir nicht fair zu sein, wie ihm Ruhm und Reichtum in den Schoß fallen, während Männer wie Ihr und ich hart für ihr Geld arbeiten müssen.«
»Bei Sir Anthony mag es zwar so aussehen, als wäre das Malen eine so leichte Sache«, erwiderte Kenneth trocken,
»aber er hat viele Jahre lang hart und eisern arbeiten müssen, bis er wußte, wo er seine Farbkleckse hinmachen muß.« Er fragte sich nun, was der junge Mann wohl von Rebecca hielt, und fuhr mit einer Lüge
fort: »Als Miss Seaton hörte, daß ich Euch aufsuchen würde, trug sie mir auf, Euch Grüße von ihr zu bestellen.«
»Ist ja nett von ihr.« Morley schenkte sich noch etwas Ale aus dem Glaskrug ein. »Obwohl es mich überrascht, daß sie überhaupt bemerkt hat, daß ich nicht mehr in ihrem Hause weile. Sie ist schon eine seltsame Sorte von Mädchen, meint Ihr nicht auch? Ich habe nie begriffen, was sie mit ihrer Zeit macht. Hat sich vermutlich dort oben im Speicher, wo sie sich immer einschließt, den ganzen Tag hindurch gegrämt.
Sie hat vor Jahren eine …«, er hielt einen Moment inne, um sich ein passendes Wort für Rebeccas >Sündenfall< zu überlegen, »… eine schwerwiegende Indiskretion begangen, weshalb sie jetzt nicht mehr in den besseren Gesellschaftskreisen verkehren kann. Das muß ihr Gemüt vergällt haben, denke ich.«
Kenneth widerstand - nur mit Mühe - dem Impuls, seinen Bierkrug über dem Kopf seines Gegenübers auszukippen.
»Ich habe den Eindruck, daß Miss Seaton eine bemerkenswert interessante und intelligente junge Frau ist.«
Morley zog die Brauen in die Höhe. »Dann muß sie offenbar viel öfter mit Euch reden, als sie das bei mir gemacht hat.«
Er beugte sich jetzt vor und fuhr im vertraulichen Ton fort:
»Ich hatte mir überlegt, ob ich nicht versuchen sollte, ihre Aufmerksamkeit auf mich zu fixieren. Schließlich wird sie eines Tages ja die Erbin eines beträchtlichen Vermögens sein, und bei ihrem Alter und ihrer Reputation kann sie froh sein, wenn sie überhaupt einen Mann bekommt. Aber ich habe diesen Gedanken dann wieder verworfen. Für einen Mann mit Ehrgeiz wäre sie nicht die passende Frau.«
Vermutlich war Morleys Vorstellung von einer idealen Ehefrau ein einfältiges Püppchen, das wußte, wie man Tee einschenken mußte und keine Fragen stellte. Er beschloß, jetzt besser zu seinem eigentlichen Anliegen zu kommen, bevor er die Geduld mit dem jungen Mann verlor, und fragte: »Wie lange seid Ihr denn Sekretär bei Sir Anthony gewesen?«
»Drei Jahre. Ich habe die Stellung einen Monat nach meinem Examen in Oxford bekommen.«
»Drei Jahre«, wiederholte Kenneth, als ob er die Antwort nicht schon längst gewußt hätte. »Dann müßt Ihr ja auch Lady Seaton noch gut gekannt haben. Was war sie denn für eine Frau?«
Morleys Gesicht wurde plötzlich maskenhaft starr. »Sie war eine charmante und schöne Lady«, sagte er nach längerem Schweigen. »Ihr Tod war eine große Tragödie.«
Kenneth argwöhnte, daß der junge Mann mehr als nur ein bißchen in die Ehefrau seines Arbeitgebers verliebt gewesen sein mußte, und sagte: »Wie ist sie denn gestorben?
Niemand im Hause will von ihr sprechen, und ich hatte deshalb Hemmungen, dort jemanden danach zu fragen.«
Morley starrte
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