Feuer der Nacht
ihren Stuhl und neigte sich nun seinerseits an ihr vorbei: »Ich bin mit der Hochzeitsdesignerin verabredet«, sagte er zu Bishop.
»Das hab ich schon kapiert«, erwiderte Bishop mit einem Augenzwinkern, bevor er sich wieder zurücklehnte. Mit einem kleinen Schock wurde ihr klar, dass die beiden sich kannten. Nun, vielleicht nicht richtig kannten, aber Eric hatte natürlich alle Selbstständigen vernommen, die die Szene mit Carrie beobachtet hatten.
»Was wollen Sie hier?«, fragte sie Eric leise, aber scharf.
»Auf Sie aufpassen«, flüsterte er zurück.
Eine Schockwelle ging durch ihren Körper. Er glaubte doch wohl nicht, dass hier Gefahr bestand? Niemals würde Madelyn – oder auch Peach oder Diedra – jemandem sagen, wo Jaclyn zu finden war, doch nicht nach der Schießerei letzte Nacht. Sie war hier in Sicherheit. Nun, so sicher man eben sein konnte, wenn locker die Hälfte der Anwesenden mit irgendeiner Waffe ausgerüstet
war.
Sie wusste seine Sorge zu schätzen, und sein Bemühen auch. Dennoch zerrte es an ihren Nerven, dass er hier so nah bei ihr saß, seinen Arm an ihrem Rücken, und eines seiner langen Beine berührte auch noch das ihre. Sie schob ihr Bein zur Seite – weg von ihm und weiter in Richtung Bishop. Weshalb konnte Eric nicht draußen warten? Musste er sich hier unbedingt aufdrängen?
Vermutlich könnte sie darauf bestehen, dass er ging, doch sie wusste bereits, wozu ihn ihre Beharrlichkeit führen würde, und so sparte sie sich den Aufwand. Er war stur und würde sich einen Teufel um ihre Wünsche scheren. Und nicht nur das, sie war ja nicht blöd. Ob es ihr passte oder nicht: In seiner Gegenwart war sie sicher. Sie hatte Angst, vor ihm nicht sicher zu sein, doch das lag an ihrer eigenen Schwäche, und dieses Eingeständnis barg einen Stachel.
Die Position seines Arms brachte es mit sich, dass er sie fast umarmte. Einen kurzen Augenblick trafen sich ihre Blicke. Er hatte seine Bullenmiene aufgesetzt, behielt alle Gedanken für sich. Fast alle. Er ließ seinen Blick über ihren Körper nach unten wandern, wobei er hier und dort zu lang verweilte. Sie wurde wieder nervös, denn unter diesem Blick fühlte sie, wie ihre Haut heiß und angespannt wurde.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit dem Altar zu, und seine Schultern bebten, als er vor Lachen fast erstickte. Der Geistliche, der lange Lulatsch mit der Glatze, dem das Porky’s BBQ gehörte, trug ein verwaschenes Lynyrd Skynyrd T-Shirt und ein schwarzes Piratentuch mit einem weißen Kreuz in der Mitte auf der Stirn, damit auch jedem klar war, welche Rolle er bei der Zeremonie spielte.
Der Bräutigam zumindest war angemessen gekleidet. Ein Smoking wäre hier in der Scheune deplatziert, aber er trug einen schönen schwarzen Anzug. Er hatte ein Babygesicht und einen neuen Haarschnitt und wirkte unglaublich nervös. Nicht, dass er gleich auf und davon gerannt wäre, aber dennoch … nervös. Wenn er einen Funken Verstand im Hirn hatte, dachte sie, dann sollte er Fersengeld geben.
Aber offensichtlich hatte er keinen.
Normalerweise blieb Jaclyn in diesem Stadium der Zeremonie bei der Hochzeitsgesellschaft, damit auch jeder zum richtigen Zeitpunkt in den Gang trat, um zum Altar zu ziehen – damit alle in einem angemessenen Tempo gingen und die Abstände stimmten. Doch die Tante der Braut, die absolut nicht glücklich gewesen war, als die Mutter des Bräutigams Premier engagiert hatte, hatte darauf bestanden, dass dies ihre Aufgabe sei – sie wollte keine Hilfe. Dennoch: Es war Jaclyns Job, alles ihr Mögliche zu tun, sich aber gleichzeitig mit Würde damit abzufinden, dass sie alles Mögliche eben nicht tun konnte. An manchen Tagen fiel ihr das leicht, an anderen weniger.
Als Nächstes wurde die Brautmutter zu einer Melodie von Garth Brooks, die sie selbst ausgesucht hatte, an ihren Platz geleitet. Ihr Kleid war mindestens eine Nummer zu klein und erheblich zu kurz. Und Spaghettiträger hätte Jaclyn für diesen Anlass auch nicht empfohlen.
Anschließend folgte ein roter Kinderwagen in einer Tüllwolke, in dem die elf Monate alte Tochter der Braut saß; sie war in weiße Rüschen gekleidet, jemand hatte ihr eine blaue Schleife an den fast kahlen Kopf geklebt. Wer hätte gedacht, dass die Kleine ein Kuckucksei war?
Doch das ging sie ja nichts an, dachte Jaclyn nicht zum ersten Mal. Es war nicht ihre Aufgabe, das Leben dieses Paares in Ordnung zu bringen, sondern die Hochzeitszeremonie auszurichten.
Das Baby war nicht froh. Einer der
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