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Feuer der Nacht

Feuer der Nacht

Titel: Feuer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Vettern, ein missmutiger sechsjähriger Junge, schob den Wagen schlingernd vor sich her. Die Kleine kam schon plärrend in die Scheune gefahren, das Geheule wurde immer lauter, bis der Kinderwagen am Ende des »Kirchgangs« angekommen war und die Kleine ihre Großmutter sah. »Omamamamama«, heulte sie und streckte ihre feisten Ärmchen nach ihr aus. Falls die Braut angenommen hatte, das Baby würde zufrieden in seinem roten Kinderwagen sitzen und süß aussehen, war die Enttäuschung vorprogrammiert. Das Baby wollte aus dem Kinderwagen heraus, und zwar sofort.
    »Raquelle, scht «, sagte die Großmutter, als ihr klar wurde – wie allen anderen im Schuppen auch –, dass die Kleine nicht still sein würde. Seufzend gab sie nach: Sie setzte sich das Baby auf den Schoß.
    Die Kleine hatte den Namen einer Stripperin. Na, da musste sie, wenn sie mal älter war, nicht lang im Internet suchen, was er bedeutete, ging es Jaclyn durch den Kopf.
    Als Nächstes kam der Einzug der Brautjungfern und der Trauzeugen des Bräutigams. Der Garth musste Shania Twain weichen. Ursprünglich hatte die Braut gewollt, dass die Anwesenden einen Line-Dance im Gang zum Altar aufführten; die Idee stammte aus YouTube. Jaclyns Erfahrung nach hörte sich so manches theoretisch gut an, klappte aber selten, wie man es sich vorstellte. Diese Idee fiel in diese Kategorie, und zum Glück hatte die Braut eingesehen, dass es in diesem Fall klug war, davon Abstand zu nehmen.
    Von einem Trauzeugen des Bräutigams abgesehen, dem ein Priem Tabak an der Wange klebte – wenn sie das bloß eher bemerkt hätte! –, und vom gelegentlichen Hüftgewackel, ging der Einzug gut vonstatten.
    Die Musik hörte auf, nahm eine Wende zum Dramatischen, um die ganze Scheune zu erfüllen. Eigentlich hatte sich die Braut einen Countrysong gewünscht, doch Jaclyn hatte sie überzeugt, zu Mendelssohns »Hochzeitsmarsch« zum Altar zu schreiten. Ein Tick Tradition bei dieser ansonsten unkonventionellen Hochzeit war gar nicht so schlecht.
    Alle standen auf und blickten auf den Gang. Das schneeweiße, knöchellange Gewand der Braut wies einen größeren Ausschnitt auf, als Jaclyn vorgeschlagen hatte; die Philosophie der Braut lautete offensichtlich: zeigen, was man hat. Außerdem saß das Kleid an den Hüften zu eng. Jaclyn hatte ihr Nähzeug schon in der Handtasche. Sie betete, dass sie es heute nicht brauchen würde, aber es bestand wirklich Gefahr, dass die Naht platzte. Die Frisur – ebenfalls ein Werk der Tante, die keine Hilfe brauchte, sie jedoch wahrhaftig nötig hatte – war großartig. Riesig. Beeindruckend voluminös wie von einer Barfrau. Aber das Make-up der Braut war dank einiger Korrekturen, die Jaclyn empfohlen hatte, geschmackvoll. Und auch der Brautstrauß, den Bishop gebunden hatte, wirkte elegant und passend. Das Positive half, das Negative zu dämpfen, und Jaclyn dachte, dass sie allein dafür schon dankbar sein musste.
    Nachdem die Braut an ihnen vorübergeschritten war, beugte sich Bishop zu ihr hinüber und flüsterte: »Die sind doch keine Cousins, oder?« Sie hielt die Bemerkung einer Antwort nicht für würdig. Als sie sich setzten, fügte Bishop noch hinzu: »Das muss wahre Liebe sein.«
    Oder temporärer Wahnsinn.
    Erics Schultern bebten vom unterdrückten Lachen.
    Die Zeremonie verlief ohne jeden Zwischenfall. Um ihres Seelenfriedens willen neigte sich Jaclyn die ganze Zeit über etwas von Eric weg und versuchte, ihn nicht zu berühren, aber er war so verdammt groß, dass er mehr als den vorgesehenen Platz benötigte.
    Schließlich sagte der unkonventionelle Geistliche: »Sie dürfen die Braut jetzt küssen.« Und dann, als die Frischvermählten ihre Gesichter den Gästen zuwandten, fügte er mit dröhnender Stimme hinzu: »So, und jetzt wird gespachtelt! Da draußen wartet jede Menge leckeres Futter auf uns!«
    »Futter!«, wiederholte Bishop knapp und präzise. »Happahappa.«

24
    Die Sonne war schon untergegangen, und langsam ließ auch die brütende Hitze nach, doch die Hochzeitsfeier in der Scheune lief noch immer auf Hochtouren. Das Bier floss in Strömen – rein und raus, wie an den Abstechern der Gäste zu den beiden transportablen Toiletten ersichtlich war, die man diskret hinter der Scheune aufgestellt hatte. Jaclyn war überrascht, dass sich die Hochzeitsgesellschaft an halbwegs akzeptable Grenzen hielt, und das bedeutete im Klartext, dass es bislang noch nicht zu Schlägereien gekommen und keiner mit dem Messer auf jemanden

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