Feuer der Nacht
Kein Wunder, dass der Bursche besorgt dreinblickte. Er musste sich nicht nur rasieren, sondern hatte sich nicht mal mit den Fingern die Haare gekämmt, als er Jaclyn verlassen hatte. Das Hemd hatte er sich auch nicht in die Hose gesteckt – war ja eigentlich auch nicht nötig, denn schließlich wollte er ja nach Hause, um zu duschen und sich umzuziehen. Aber er hatte sich sein Sakko übergezogen, um die Waffe zu verbergen. Insgesamt erweckte er den Eindruck, als hätte man von ihm gerade ein Foto für die Verbrecherkartei gemacht.
Er nahm sich einen großen Becher vom Stapel und warf zwei Stück Zucker hinein und eine Portion Milch, dann füllte er den Becher randvoll mit Kaffee. Als er gerade den schwarzen Deckel aufsetzte, hörte er, wie ein Fahrzeug mit röhrendem Auspuff in Richtung Laden donnerte. Der Motor wurde nicht abgestellt.
Mist. Was würde jetzt passieren? Was zum Teufel war da los?
Er duckte sich instinktiv, um sich vor der Person zu verbergen, die durch die Tür kam. Vielleicht war es ja überflüssig. Vielleicht hatte der Fahrer ja nur Ärger, sein Auto zu starten, vielleicht war die Batterie schwach, und er wollte deshalb nicht das Risiko eingehen, den Motor abzustellen, weil er womöglich nicht mehr anspringen würde.
Er hörte das Glockenspiel, als die Tür aufging, und in dem Moment war der laufende Motor lauter. Da ist nichts, dachte er. Sogar ein Vollidiot würde sehen, dass das Auto praktisch direkt vor der Tür parkte, und bemerken, dass jemand hier drin bei dem Angestellten war. Aber nur ein Bulle würde einen laufenden Motor hören und sofort an einen Raubüberfall denken. Sein Alarmsystem lag nach dieser heißen Sexnacht blank, das war alles. Der Verkehr draußen nahm langsam zu, je heller es wurde, kein günstiger Zeitpunkt für einen Raubüberfall, das wusste jeder Vollidiot.
Da war nichts …
Peng!
Etwas wurde umgeworfen; der Knall war wie eine Explosion in dem kleinen Gebäude, man hörte Geschrei und Flüche, dann eine raue Stimme, die brüllte: »Gib mir das Geld, Arschloch, sonst jag ich dir ’ne Kugel in den Kopf!«
Mist. Also doch. Verdammt, er hatte es ja gewusst. Er hatte es gewusst, als das Auto draußen vorfuhr. Er hielt seine Waffe in der Hand, hatte sie jedoch nicht bewusst gezogen. Sie war einfach da, weil er instinktiv gewusst hatte, dass dieses Auto Ärger bedeutete. Und ebenso instinktiv hatte er die Position des Angestellten erfasst – er wusste, dass der Räuber zwischen ihm und dem Angestellten stand. Er könnte schießen, aber wenn er nicht traf, würde er womöglich den Angestellten töten.
Und wenn er einen Schuss abgab, musste er in den nächsten Monaten Berge von Formulare ausfüllen, selbst wenn er den verdammten Räuber nicht traf; und wenn er ihn doch traf, würde man ihn zum Schreibtischdienst verdammen, bis eine interne Untersuchung stattfand.
So schnell, wie er die Waffe gezogen hatte, steckte er sie wieder in das Halfter, griff sich eine Dose Motoröl aus dem Regal und schleuderte sie dem Räuber mit aller Kraft an den Kopf. Der Typ trug ein schwarzes Sweatshirt, die Kapuze hatte er sich über den Schädel gezogen, was ganz schön heiß sein musste, aber jedenfalls traf die Dose ihn am Kopf – es klang, als würde eine Honigmelone zu Boden fallen. Obwohl der Stoff den Aufprall milderte, stürzte der Typ wie mit dem Schlachtbeil niedergestreckt. In diesem Fall mit dem Motoröl.
Eric zog wieder die Waffe und machte einen Satz zur Tür, die er mit der Schulter traf, um dann neben dem Fluchtfahrzeug zum Stehen zu kommen. Seine Waffe richtete sich durch das geöffnete Autofenster auf den Fahrer – ein junges Mädchen in einem knappen rückenfreien Top und Shorts. »Polizei!«, bellte er. »Stellen Sie den Motor ab, und verschränken Sie die Hände hinter dem Kopf.«
Das Mädchen starrte in den Lauf seiner imposanten Dienstwaffe, die auf sie gerichtet war. Ihre Unterlippe begann zu zittern, ihr Gesicht verzog sich, und sie heulte los. »Er hat mich gezwungen!«
»Ja, okay«, murmelte Eric. Sein verdammter Kaffee wurde kalt, er brauchte eine Dusche, es war offensichtlich, dass er nicht zu Hause gewesen war, was allen Anlass zu Klatsch geben würde, und da war er nun und musste sich mit Bonnie und Clyde auseinandersetzen. Er warf schnell einen Blick über die Schulter. Er sah, dass der Angestellte hinter der Theke hervorgekommen war und mit jemandem telefonierte. Der Räuber lag noch schachmatt auf dem Boden.
»Ich habe gesagt, Sie sollen den
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