Feuer der Nacht
Küche, kippte den restlichen Kaffee in einen Mitnehmbecher und schaltete alle Geräte und Lichter aus, bevor sie in die Garage ging, nachdem sie noch die Tür hinter sich abgesperrt hatte. In der Garage sprang die Sicherheitsbeleuchtung an, die sie zu ihrem Auto geleitete. Tasche, Kaffee und Banane jonglierend, stieg sie in ihr Auto ein und verriegelte die Tür, bevor sie den Türöffner betätigte. Ja, Vorsicht war wirklich ihre zweite Natur.
Als sie sacht aus der Garage fuhr, tanzte der Regen auf der Windschutzscheibe. Sie bremste, stieß einen entnervten Seufzer aus. Sie war sich ziemlich sicher, dass der Wetterbericht nichts von Regen gesagt hatte, aber er fiel dennoch. Keine Braut wollte einen verregneten Hochzeitstag. Welch ein Glück, dass die Hochzeit heute nicht im Freien stattfand – und dass Madelyn zuständig war. Aber trotzdem: Ob es ein schlechtes Omen war, dass es bei der ersten Hochzeit in dieser Woche regnete?
Sie zögerte einen Moment, überlegte, ob sie noch mal ins Haus gehen und ihre Sandaletten mit Pfennigabsätzen gegen wetterfestere Schuhe austauschen sollte, doch ein weiterer Blick auf die Uhr ließ sie resolut die Garagentür absenken und das letzte Stück Weg zur Straße fahren. Sie konnte damit leben, wenn sie nasse Füße kriegte. Sie hatte keine Zeit, sich umzuziehen.
Es war noch dunkel, die Straßenbeleuchtung spiegelte sich auf dem nassen Asphalt, als sie aus der Wohngegend zur Hauptstraße fuhr, die nach Buckhead führte. In Hopewell gab es keinerlei Industrie, nur Geschäfte, Bürogebäude, Ärzte und Zahnärzte, Restaurants, chemische Reinigungen und dergleichen, aber keine richtige Industrie mit Fabriken. Da Hopewell neuer war als Buckhead, standen hier keine alten Villen, sondern eine ansehnliche Anzahl moderner Villen – nicht nur die üblichen Domizile, sondern richtig herrschaftliche Häuser mit viel Grund, einer dicken Mauer außen herum und Toren am Ende der Zufahrt.
In Hopewell gab es auch, was Jaclyn streng genommen als Mittelschichtsviertel bezeichnete – sie waren entstanden, bevor die Grundstückspreise in die Höhe schnellten. In einem dieser Häuser war sie aufgewachsen; Madelyn hatte es verkauft, als Premier den Löwenanteil ihrer Zeit beanspruchte und sie sich nicht mehr um die Instandhaltung kümmern konnte. Jaclyn hatte nichts zu ihrer Mutter gesagt, aber insgeheim hatte sie geweint, als der Verkauf besiegelt war. Das ordentliche Ziegelgebäude war ihr Zuhause gewesen, obwohl sie längst ausgezogen war. Nun war ihr Reihenhaus ihr Heim, dorthin begab sie sich am Ende des Tages. Dort entspannte sie sich, dort fühlte sie sich sicher und behaglich. Doch tief in ihrem Herzen blieb es doch nur ein Reihenhaus, und falls sie umziehen müsste, würde sie das absolut nicht kümmern, sah man einmal von dem Aufwand ab, der mit dem Packen und Auspacken einherging.
Zuhause bedeutete Familie, und Jaclyn wollte ihre eigene Familie haben. Wie verdreht musste sie sein, dass sie nicht ausreichend Zutrauen zu sich hatte, um ihre Vorsicht aufzugeben und einen Mann emotional an sich heranzulassen, wenn doch ihr größter Wunsch im Leben Nähe war? Vielleicht sollte sie ja eine Therapie machen. Oder vielleicht sollte sie sich ja einfach selbst einen Tritt in den Hintern verpassen und ihr Leben in Schwung bringen; sie steckte schließlich nicht den Kopf in den Sand, sondern verstand sehr wohl die Psychologie hinter ihrer übermäßigen Vorsicht. Diese Methode wäre jedenfalls nicht nur schneller, sondern auch billiger.
Premier befand sich in einem freistehenden Gebäude, in dem früher eine Zahnarztpraxis untergebracht war. Ihr und Madelyn hatte das Haus zugesagt, denn der zugehörige Parkplatz war groß und in gutem Zustand, und auch die Pflanzen in den Gartenanlagen gediehen prächtig. Sie kauften das Haus in ihrem vierten Geschäftsjahr und gestalteten die Räumlichkeiten so um, dass sie wie ein komfortables, teures Privathaus wirkten, in dem sich zufällig auch zwei Büros befanden. Sie hatten sich zuvor überlegt, in einem Bürogebäude Räume zu leasen, wodurch sie in den Genuss des Sicherheitsdiensts gekommen wären, doch die hohen Kosten hatten sie gezwungen, sich freistehende Häuser anzusehen. Jetzt waren sie mit ihrer Wahl beide sehr glücklich, denn schließlich gehörte das Gebäude ihnen; es vermittelte, dass sie sich richtig etabliert hatten, und zeugte von Prestige, was bei einem reinen Bürogebäude schlichtweg unmöglich war.
Da hier vier Frauen allein
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