Feuer der Nacht
gewesen, als sie im Rathaus zusammengestoßen waren. Und sie hatte Ja gesagt. Eigentlich war das alles gar nicht so kompliziert.
Er wollte sie wiedersehen, ja, klar, aber er wollte nicht alles, was er gestern Abend getan oder gesagt hatte, sezieren. Nicht dass er viel gesagt hätte. Sie beide nicht. Zwischen den Sexrunden hatten sie beide geschlafen. Als sie sich in der Kneipe begegnet waren, hatte sie selbstsicher geplaudert, im Bett hingegen hatte sich das Gespräch auf ein Minimum beschränkt. Es war schön, mit einer Frau zusammen zu sein, die nicht meinte, beim Sex eine tiefschürfende Unterhaltung führen zu müssen. Ihm gefiel das. Sie gefiel ihm – bis jetzt jedenfalls.
Aber weil er sie wiedersehen wollte, konnte er jetzt wohl nicht einfach so aufstehen, sich anziehen und verduften. Er musste den Weg ebnen, sichergehen, dass er nichts tat, was sie verstimmte – wie eben aufzustehen, sich anzuziehen und zu verduften. Deshalb hätte er das ja gestern Nacht tun sollen: mit einer Umarmung und einem Kuss und dem Versprechen, sie später anzurufen. Aus irgendeinem blöden Grund schien es Frauen nicht zu stören, wenn ein Typ nachts ging; wenn aber einer bis zum Morgen blieb, kamen alle möglichen seltsamen Regeln ins Spiel, und weiß der Geier, wie die lauteten.
Er drehte sich herum und warf einen Blick auf den Wecker. Seine Augenbrauen zogen sich in die Höhe: kurz nach fünf. Sie hatte gesagt, sie hätte diese Woche viel zu tun, und wenn sie um fünf in der Früh aufstand, war das sicher nicht übertrieben. Er hatte keine Ahnung, was eine Hochzeitsdesignerin genau machte, das so viel Zeit in Anspruch nahm. Wie schwierig mochte dieser Job sein? Aber sie nahm ihre Arbeit ernst, und das gefiel ihm. Zu viele Leute setzten sich heute einfach über ihre Verpflichtungen hinweg – als würden bloß Blödmänner anständig arbeiten. Klar, als Detective hatte man es wohl eh überwiegend mit Abschaum zu tun, aber er wurde tagtäglich mit so einer elitären Snobhaltung bei Leuten konfrontiert, die nicht einen Bruchteil des Respekts verdient hatten, den sie für sich in Anspruch nahmen.
Er hörte sie nirgendwo im Haus, roch aber plötzlich das Aroma von frisch aufgebrühtem Kaffee, das ihn sogleich aus dem Bett katapultierte. Nach einer Stippvisite im Bad zog er sich an. Er hatte seine Unterwäsche und Hosen an und saß noch auf dem Bett, um sich die Socken und Schuhe anzuziehen, als die Tür aufging und Jaclyn mit einer großen Tasse Kaffe in der einen Hand und einem Becher in der anderen hereinkam.
»Ich wusste nicht, wie du deinen Kaffee magst, deshalb habe ich zwei Päckchen Zucker und zwei mit Milch mitgebracht und einen Löffel«, sagte sie, wobei sie ihm den Kaffeebecher hinstreckte. Verdutzt griff er danach. Der Zucker, die Milch und der Löffel zum Umrühren lagen in einem Frühstücksbehälter aus Plastik, zudem eine ordentlich gefaltete Papierserviette. »Ich bin arg in Eile, ich muss noch unter die Dusche springen«, fuhr sie fort. »Könntest du darauf achten, dass die Tür zu ist, wenn du gehst? Danke, du bist ein Schatz. Ruf mich in einer Woche an oder so.« Sie beugte sich zu ihm hinunter, gab ihm einen schnellen Kuss auf die Stirn und verschwand dann im Bad. Er hörte, wie sich der Türriegel umdrehte, und gleich darauf rauschte das Wasser.
Puh.
Da saß er nun also auf dem Bett, glotzte seinen Becher mit Kaffee-to-Go an. Steh auf, zieh dich an und geh. Noch direkter hätte sie nur sein können, wenn sie ihn eigenhändig vor die Tür gesetzt hätte.
Ganz offensichtlich war ihr nicht daran gelegen, sich mit ihm über den gestrigen Abend zu unterhalten. Einen Augenblick war er hin- und hergerissen zwischen Erleichterung und … ach, Scheiße! Er war ein bisschen beleidigt. Frauen wollten doch angeblich immer gern darüber reden. Das zeigte ihr Interesse – dass sie die gemeinsamen Schwingungen und die Anziehung spürten. Was sollte er jetzt denken? Dass Jaclyn Sex hatte haben wollen und sonst nichts, und dass sie ihn nach vollbrachter Tat loswerden wollte?
Er stellte den Kaffee auf den Nachttisch und zog sich fertig an. Als er seine Dienstwaffe in das Pistolenhalfter an seinem Gürtel steckte, fragte er sich, ob sie die Waffe erschreckt haben könnte. Sie war keine Bullenbraut, deshalb hatte es ihr ja vielleicht nicht gepasst, dass er seine Waffe automatisch griffbereit abgelegt hatte. Er hatte sich das damals in der Dienststelle in Atlanta zur Gewohnheit gemacht, und jetzt war es ihm so in Fleisch
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