Feuer der Nacht
Garvey säuerlich. »Sie hatte sich in ihrem Büro eingesperrt in der Überzeugung, dass ein Serienmörder à la Freddy Krueger sich irgendwo versteckt hielt, bereit, ihr den Garaus zu machen, sobald sie die Nase herausstreckte. Ein Beamter hat sämtliche Räumlichkeiten durchsucht, um sie zu beruhigen, aber ihre Nerven liegen noch immer blank.«
Sie konnte sich ruhig abregen; das war nicht das Werk eines Serienmörders. Der – nach dem Tod des Opfers, wie es den Anschein hatte – übers Gesicht drapierte Schleier ließ darauf schließen, dass der Mörder es auf die Frau abgesehen hatte. Der Mörder hatte das Opfer gekannt, vielleicht sogar sehr gut. Die zahlreichen Wunden ließen auch auf die Wut des Täters schließen – was bei einem anonymen Mord durch einen Fremden nicht zutraf.
Er ließ sich vom ersten Beamten, der am Tatort eingetroffen war, kurz ins Bild setzen. Der Name der Managerin war Melissa DeWitt. Sie hatte sich mittlerweile weitgehend beruhigt, doch durch die geöffnete Tür konnte er sehen, wie sie sich die Augen mit einem Papiertaschentuch abtupfte.
Sie wäre wohl kaum so ruhig, wenn sie wüsste, wie schwer der Verdacht momentan auf ihr lastete. Es war erstaunlich, wie oft der Killer die Leiche »entdeckte« – wohl in der Annahme, die Polizei würde ihn nicht für den Mörder halten, denn weshalb sollte er riskieren, so viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken? Oder er dachte, er würde auf diese Weise den logischen Grund für jedwede Spur liefern, die er hinterlassen haben könnte. Ob nun unschuldig oder schuldig – diese Frau bildete nun jedenfalls den Ausgangspunkt ihrer Ermittlungen.
Als das Briefing zu Ende war, ging Eric ins Büro, Notizbuch und Kuli in der Hand, um alles, was sie sagte, genau festzuhalten. »Mrs. De Witt, ich bin Detective Wilder. Fühlen Sie sich in der Lage, einige meiner Fragen zu beantworten?«
»Ja, sicher«, erwiderte sie. Sie machte einen Moment die Augen zu, atmete tief durch und drehte dann den Kopf, um hinter sich aus dem Fenster zu sehen. »Das ist Carries Auto«, sagte sie, wobei sie auf den silbernen Toyota deutete. »Ich habe abgewartet und geschaut, ob sie wegfährt, weil ich abschließen wollte. Alle anderen waren schon weg, zumindest … dachte ich das.« Sie erschauderte etwas, verlor aber nicht wieder die Fassung.
»Sonst noch was? Können Sie mir die Namen nennen? Ich muss wissen, wer heute Nachmittag aller da war.«
Die Frau nickte. »Selbstverständlich. Geben Sie mir nur einen Moment Zeit, damit ich meine Gedanken ordnen kann. Ich schwöre, ich kann kaum klar denken.« Sie atmete noch einmal tief durch, und während sie sich zur Ruhe brachte, taxierte er sie optisch. Bei dem Angriff wäre viel Blut an der Täterin haften geblieben; sie hätte sich zwar locker das Blut von der Haut abwaschen können, bevor sie den Notruf absetzt hatte, doch es war auch nicht ein Blutfleck an ihrer Kleidung zu sehen – und sie trug eine weiße Bluse. Er musste in Erfahrung bringen, ob sie hier an ihrem Arbeitsplatz Ersatzkleidung aufbewahrte.
»Carrie hat sich hier mit Unmengen Selbstständigen getroffen« sagte sie schließlich.
»Selbstständigen?«
»Ja, wissen Sie – Leute, die bei der Hochzeit mitarbeiten. Die Dame vom Catering, der Florist – sie alle sind selbstständig. Einige von ihnen kenne ich sehr gut, andere nur dem Namen nach und geschäftlich. Heute waren alle … nun: unglücklich. Carrie war mit nichts zufrieden, was sie geleistet hatten. Die Zeit wurde knapp, und alle brauchten klare Entscheidungen, aber sie faselte bloß herum. Jedenfalls war Premier für den Event zuständig, und somit wird Jaclyn Wilde wohl die Vertragsvereinbarungen von sämtlichen Leuten haben. Sie sollten mit ihr sprechen.«
Schöne Scheiße. Einen Moment fror Eric innerlich schier ein. Es konnte ja wohl nicht zwei Hochzeitsdesignerinnen geben, die so hießen. »Jaclyn Wilde?«
»Jaclyn Wilde, die Frau, die Hochzeiten organisiert.« Mrs. DeWitt runzelte die Stirn. »Nun, eigentlich war sie die Hochzeitsdesignerin, Carrie hat sie nämlich heute Nachmittag gefeuert. Welch eine scheußliche Szene! Carrie hat Jaclyn ins Gesicht geschlagen, vor zig Selbstständigen. Einen Moment dachte ich, es käme zu einer Rauferei.«
»Jaclyn … Ms. Wilde wurde heute Nachmittag gefeuert?« Scheiße im Quadrat. Und das Opfer hatte sie auch noch geschlagen. War sie der Typ Frau, der unter solchen Umständen ausrastete? Er kannte sie nicht annähernd gut genug, um das beurteilen zu
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