Feuer der Nacht
weiter zu tun, als zu duschen und sich ihren Schlafanzug anzuziehen.
Als sie unter der Dusche stand, hörte sie das Telefon läuten, aber sie hüpfte nicht heraus, um dranzugehen. Nach einem Tag wie dem heutigen musste derjenige eben warten. Sie nahm sich sogar Zeit, sich die Haare zu waschen. Nachdem sie sie geföhnt hatte, sich mit duftendem Puder eingestäubt und ihren Schlafanzug angezogen hatte, schaute sie, ob jemand eine Nachricht auf Band hinterlassen hatte. Da keine vorhanden war, prüfte sie die Nummer.
Es war ihr Vater gewesen. Sie runzelte die Stirn. Jacky hinterließ in der Regel eine Nachricht, wenn er anrief, selbst wenn es nur ein »Tag, mein Liebes, lange nicht mit dir geredet« war. Wie sie ihren Vater kannte, bedeutete die fehlende Nachricht auf Band, dass er mit ihr über etwas sprechen wollte – es ging also wohl um einen Gefallen, den sie ihm erweisen sollte.
Worum genau, ließ sich nicht sagen. Bei Jacky war alles möglich. Sie wählte seine Nummer, und er nahm ab, bevor es noch einmal richtig geläutet hatte. »Tag, mein Kleines«, sagte er fröhlich. »Wie geht’s meinem kleinen Mädchen?«
»Müde. Der Arbeitstag war hart. Ich war gerade unter der Dusche, als du angerufen hast. Was gibt’s?«
»Warum muss es immer was geben? Kann ich nicht einfach anrufen, weil ich mit dir plaudern will?«
Der leicht schuldbewusste Unterton in seiner Stimme veranlasste sie zu lächeln. Ihr Vater war gutmütig, der Star auf jeder Party, und er liebte sie wirklich; er war absolut charmant, dabei jedoch total verantwortungslos. Sie zweifelte nicht an seiner Liebe, aber sie bezweifelte auch nicht, dass er, stünde er vor der Wahl, sie vor dem Ertrinken zu retten oder sich selbst, bei ihrer Beerdigung bittere Tränen vergießen würde.
»Könnte schon sein«, sagte sie, »aber das glaube ich nicht. Also: Was gibt’s?«
»Ach … Du könntest mir einen kleinen Gefallen tun.«
Der kleine Gefallen war im Allgemeinen Geld, weil Jacky aus irgendwelchen Gründen chronisch pleite war. Für ihn war es wichtiger, eine teure Flasche Champagner zu kaufen, um etwas zu feiern, als seine Nebenkostenrechnung zu begleichen. Meistens weigerte sie sich, aber manchmal half sie ihm aus, wenn der Betrag nicht zu hoch war und wenn der Grund, weshalb er das Geld brauchte, sie schmunzeln ließ. Einmal wollte er hundert Dollar, um Plastikentchen für ein Entenrennen für einen wohltätigen Zweck zu kaufen, und ihr hatte die Idee so gut gefallen, dass sie mit ihm für zweihundert Dollar Plastikentchen gekauft und das Rennen mit ihm zusammen angesehen hatte. Keine ihrer Enten hatte gewonnen, aber sie hatten einen Riesenspaß gehabt.
»Wie viel und wofür?«, fragte sie.
»Es geht nicht um Geld«, lautete die rasche Antwort. »Ich komme schon klar. Aber ich habe da jemanden kennengelernt, und …«
»Du liebe Güte, soll das heißen, dass ich jetzt bald Stiefmutter Nummer elf bekomme?«
Es trat eine kurze Stille ein, dann sagte er schockiert: »Elf? War ich denn schon so oft verheiratet? Da war natürlich deine Mutter, und dann Brigitta, dann Kirsten, dann …« Seine Stimme verstummte.
»Ariel«, ergänzte Jaclyn. Es überraschte sie nicht, dass er sie vergessen hatte. Ariel hatte sich zwei Wochen gehalten – knapp.
»Ach ja. Die muss ich ausgeblendet haben. Das Leben mir ihr war die reinste Hölle. Und nach ihr kam … Das war doch Tallie, oder? Das sind jetzt aber erst fünf. Mir fällt sonst keine mehr ein.«
»Ich habe dich nur auf die Schippe genommen«, sagte sie. »Insgesamt hattest du fünf Frauen.« Die Ehe mit Tallie hatte länger gehalten, als alle angenommen hatten. An Langlebigkeit kam sie an zweiter Stelle nach Madelyn. Die Tatsache, dass »Tallie« ein Spitzname war – die Abkürzung für »Tallywhacker« – gab einen Hinweis auf ihre Talente in Sachen Sex, was wiederum die Länge dieser Ehe erklärte. Jaclyn wusste, dass der Spitzname seine Richtigkeit hatte, weil Tallie ihr nämlich höchstpersönlich die Bedeutung erklärt hatte: das Hervorzaubern der reinsten Supererektion.
»Das hätte ich wissen müssen«, sinnierte er. »Vielleicht hatte ich ja Angst, dass mir ein paar entfallen sein könnten.«
»Vielleicht hast du in Las Vegas ja ein paar Madams aufgerissen, von denen ich nichts weiß, aber wenn du dich nicht erinnern kannst, dann lebst du womöglich in Bigamie. Soviel ich weiß, waren es jedenfalls fünf.«
»Dann ist ja alles klar, du kennst sie schließlich alle.«
Ihm waren seine
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