Feuer der Nacht
halten? Jaclyn hatte keine Ahnung, was sinnvoller war, aber eines war klar: Sie wollte ihrer Mutter und einer Frau, die wie eine Tante für sie war, nicht zuhören, wie sie Erics Testosteronspiegel diskutierten. »Ehm …« setzte sie also an, ohne genau zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte, aber das war ja auch egal; sie hätte genauso gut keinen Mucks machen können, denn die allgemeine Aufmerksamkeit galt ja eh ihr.
Madelyn stemmte die Hände in die Hüften. »Ich will dir mal was sagen: Wenn du irgendwann alt und weise bist, ist es zu spät für Enthaltsamkeit. Was soll man noch groß die Stalltür schließen, wenn das Pferd bereits draußen ist.«
»Das ist ja gerade der Punkt! Weise, reife Frauen sollten nicht enthaltsam sein; wir sollten unserer Lust frönen, und das heißt: jüngeren Männern!«
»Dieser Mann ermittelt gegen meine Tochter wegen Mordes! Bist du denn völlig verrückt? Mir ist es total egal, was wir deiner Meinung nach frönen sollten – ich mochte ihn nicht!«
»Ja, okay«, stimmte Peach einen Moment später zu. »Ich mochte ihn auch nicht, persönlich gesehen. Aber unpersönlich gesehen, tut es groß, dunkel und markant immer für mich.«
Jaclyn legte ihr Schokokeks auf eine Papierserviette; sie würde ersticken, wenn sie dieses Ding jetzt essen würde. Sie wusste nicht, wer peinlicher berührt wäre, sie oder Madelyn oder Peach, wenn sie ihnen sagte, dass sie … mit Eric eine Affäre gehabt hatte. Mehr war es ja auch nicht, eine Affäre, schließlich machte eine gemeinsame Nacht keine Beziehung. Aber in Anbetracht dessen, was sie gerade gesagt hatten, war selbst davon zu sprechen zu viel des Guten. Eigentlich war es ja egal, denn die »Affäre« war vorbei, zwischen ihnen würde nichts mehr passieren; sie ging davon aus, dass er sie nicht allein aufgrund von Indizienbeweisen wegen Mordes an Carrie festnehmen würde.
Sie konnte jetzt nichts verlauten lassen, denn das würde der Sache viel zu große Bedeutung beimessen. Ein Ermittlungsverfahren wegen Mordes hatte hingegen mit Sicherheit große Bedeutung. Sie sollte die Sache mit Eric vergessen und sich der wichtigsten Frage widmen, wobei sie allerdings keine Ahnung hatte, wie sie in dieser Situation die Initiative ergreifen sollte.
»Ich kann nichts anderes tun als arbeiten«, sagte sie laut, um die Aufmerksamkeit ihrer Mutter und Peaches von ihrer Auseinandersetzung abzulenken.
Beide sahen sie an. »Was?«
»Diese ganze Situation. Sie hat sich meiner Kontrolle entzogen. Mir passt das nicht, aber ich muss einen Schritt Abstand nehmen und mich auf das konzentrieren, was noch meiner Kontrolle unterliegt, und das ist die Arbeit. Aber … ach, verdammt, als er hier war, da hätte ich ihn fragen können, wie ich an meinen Aktenkoffer komme; stattdessen bin ich an die Decke gegangen und habe mich dann in mein Büro verkrochen wie ein verängstigtes Kind!« Sie schlug sich an die Stirn.
»Ich dachte, du hättest mit Diedra den Auftrag bereits rekonstruiert«, warf Peach ein.
»Für die Bulldog-Hochzeitsprobe und die eigentliche Hochzeit ja, denn die stehen ja unmittelbar bevor, aber jetzt müssen wir das auch mit den anderen machen.«
Madelyn brach an ihrem Keks eine Ecke ab und kaute darauf herum. »Das ist ein Ärgernis, aber wir kriegen es schon in den Griff. Wir verfügen über sämtliche Informationen; wir müssen sie bloß wieder in einer ordentlichen Liste zusammenstellen.«
»Ich weiß, aber diese Zeit könnten wir anderweitig verwenden.«
»Wie Schokokekse essen«, sagte Peach und lächelte ihr zu. »Meine Liebe, ich weiß, das alles ist stressig, aber es ist ja bald vorbei. Alles wird gut. Du hast sie nicht umgebracht, und somit können sie dir die Tat auch nicht nachweisen.«
»Indizienbeweise …«
»… treffen auf viele Leute zu, denn alle waren wütend auf Carrie. Vermutlich haben sie deine Klamotten mitgenommen, weil sie nach Blutspuren suchen. Du hast sie nicht umgebracht, und somit können sie auch kein Blut finden. Sobald alle Tests erledigt sind und die Berichte vorliegen, wirst du von jeglichem Verdacht frei sein.«
»Läuft das so bei Den Tätern auf der Spur ?«
»Ach, alle Typen, mit denen ich mich verabrede, sind Fans von Den Tätern auf der Spur, deshalb schaue ich mir diese Serie ja so oft an. Bei dem Fernsehkrimi ist der offensichtlichste Verdächtige später nie der Täter, das ist doch ein Trost. Aber von dem Fernsehkrimi mal abgesehen – schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass sie
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