Feuer der Rache
Tastenfeld, auf dem die Mitglieder nur die Zahlenkombination einzugeben brauchten. Nichts rührte sich. Sabine hütete sich, die Ziffern zu wiederholen, die Peter von Borgo genannt hatte.
„Keiner da. Er hat dich zum Narren gehalten", sagte sie und wandte sich ab.
„Hat der Kerl nicht irgendetwas von 1989 gefaselt?" Sabine gab auf. Der kleine Kasten fiepte viermal, dann öffnete sich die Tür mit einem Klicken.
„Ist der hier Mitglied?", fragte Michael. Sabine antwortete nicht.
Das Clubhaus lag dunkel und verlassen rechts vor ihnen. Links, ein Stück am Ufer entlang, wo ein paar niedere Schuppen standen und ein paar Boote an Land gezogen waren, strahlte ein heller Scheinwerfer auf einen roten Rumpf. Der Mast des Seglers verlor sich in der Dunkelheit.
„Er scheint also tatsächlich noch da zu sein", meinte der Kommissar und ging auf das Licht zu.
Sabine war nicht überrascht, dass der Eigentümer des schnittigen Seglers Michaels Rufe nicht beantwortete. Sie umrundeten einen „Piraten", eine Zwei-Mann-Jolle, bei der das Schwert beschädigt war, und traten auf den Lichtschein zu.
Ein „Drache", registrierte ihr Unterbewusstsein. Sie war viel zu häufig mit dem Vater gesegelt, um so etwas nicht zu bemerken. Eine schnelle und sehr teure Kieljolle von acht Meter sechzig Länge.
Und da lag der erfolgreiche Gynäkologe, den die reichen Frauen den Arzt ihres Vertrauens nannten. Sein Körper war halb über die Bordwand geneigt, die Finger gruben sich in die rote Farbe. Es war kein Blut zu sehen, also wieder Gift? Der Gedanke, er könne einem plötzlichen Herztod erlegen sein, war zu abwegig, um überhaupt gedacht zu werden. Sabine konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch sie war sich sicher, dass es von der Zerstörung gezeichnet war, die das Gift in seinem Körper angerichtet hatte. Viel zu spät fiel es Sabine ein, Überraschung zu mimen.
„Ich glaube es nicht!", stieß der Kommissar aus und kniete sich nieder, um seine Finger an den Hals des Arztes zu legen. „Er ist tot! Nichts mehr zu machen."
Sabine nickte. Sie hatte nichts anderes erwartet. „Dann sollten wir mal die Kollegen anrufen", sagte sie mit belegter Stimme.
Michael nickte. „Die Zweite hat heute Bereitschaft."
Sabine stieß einen ärgerlichen Laut aus. „Das meinst du aber nicht im Ernst? Dass dieser Mord mit den Fällen von Everheest und Reeder zusammenhängt, sieht doch ein Blinder!"
„Ja, schon", zögerte der Kommissar. „Meinst du, wir sollten das übernehmen?"
„Ich rufe jetzt Thomas an", entschied Sabine und klickte auf den Namen des Hauptkommissars in der Liste auf ihrem Handydisplay. Michael schüttelte den Kopf und streckte die Hand nach ihrem Mobiltelefon aus.
„Lass mich das machen."
Es dauerte fast eine Stunde, bis alle da waren: die vier Teammitglieder der 4. Mordbereitschaft -Robert war noch immer krankgeschrieben -, der Fotograf, der Rechtsmediziner und die Männer von der Spurensicherung. Die weißen Anzüge wurden verteilt, Handschuhe übergestreift. Zwei Stative mit schweren Scheinwerfern tauchten das Gelände des NRV in blendend weißes Licht. Eine bekannte Erregung erfasste die Kommissarin. Ihre Sinne waren hellwach, und ihre Blicke glitten prüfend über die ans Ufer gezogenen Boote. Was war hier geschehen? Wer hatte Alexander Sandemann vergiftet? War dem Mörder ein Fehler unterlaufen? Jedes noch so kleine Detail würde sich in ihr Gedächtnis einprägen. Nichts konnte sie jetzt ablenken. Alles war wie früher.
Dieser Illusion wurde Sabine nur zu schnell beraubt. Gerade als sie in einen Overall schlüpfen wollte, kam Thomas ()hlendorf auf sie zu. Seine Miene verhieß nichts Gutes. Erfreut war er offensichüich nicht, sie zu sehen.
„Ja verdammt noch mal!", stieß er hervor. „Was machst du hier?"
„Hallo!", antwortete Sabine gereizt. „Ich freue mich auch, dich zu sehen!"
„Ach, hör schon auf! Hörst du inzwischen den Polizeifunk ab oder was?"
„Nein", erwiderte sie, „ich habe mit Michael zusammen die Leiche gefunden."
„Is nich wahr", ertönte Sönkes Stimme hinter ihr. Sie drehte sich so rasch um, dass sie sein Feixen noch bemerkte.
„Ja, und? Wir waren zufällig in der Gegend, und er wollte nachsehen, ob Sandemann, wie angekündigt, noch auf dem Clubgelände ist."
„Na, das is er ja wohl", bemerkte Sönke trocken. „Dammi noch mol. Damit hätt ich nich gerechnet." Er stemmte die Hände in die Hüften und schüttelte den Kopf. Thomas Ohlendorf starrte noch immer die Kollegin
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