Feuer der Rache
an.
„Also gut, dann nehme ich das mal so zur Kenntnis. Ich will nicht hoffen, dass ihr euch trefft, um Dinge zu besprechen, die außerhalb des Präsidiums nichts zu suchen haben."
„Nein", wehrte sich Sabine. „Wir waren im Kino. Oder ist das etwa auch verboten?" Sie ignorierte den leisen Pfiff, den Sönke ausstieß.
„Rede keinen Unsinn, natürlich ist dagegen nichts einzuwenden. Ich denke, es ist das Beste, wenn dich Sönke nach Hause fährt und morgen dann auf dem Präsidium deine Aussage aufnimmt."
„He, du kannst mich doch nicht wie einen x-beliebigen Zeugen behandeln und einfach wegschicken!", protestierte die Kommissarin.
„Doch, das kann ich. Und glaube mir, es ist zu deinem Besten."
Beltane, die Nacht der Hexe
Aletta trat das Gaspedal durch und jagte den Wagen ihrer Mutter durch die Nacht. Würde sie noch rechtzeitig ankommen? Hatten die anderen schon angefangen? Sie musste am Ritual teilnehmen! Gerade heute wäre es ihr unerträglich, etwas zu versäumen.
Es gab acht Jahreskreisfeste: die Mondfeste Samhain, Imbolc, Beltane und Lughnassadh und die Sonnenfeste der Tagundnachtgleichen und der Sonnwenden im Lauf des Jahreszyklus, aber Beltane war für sie immer etwas ganz Besonderes: die Herrin der Blumen und der Herr des Tanzes, Gott und Göttin, Geliebte und Geliebter, vereinigten sich in dieser Nacht -ihr Tanz der Liebe war die Energie, die das Rad des Lebens antrieb.
Aletta fuhr nach Norden. Sie trug ihr Lieblingskleid, das sie nur an Sabbaten anzog: eine geschnürte Miederbluse mit einem langen Rock aus Pannesamt. Sie hatte sich Rosenknospen ins Haar geflochten und in die Ösen der Schnürung gesteckt. An ihrem Gürtel hingen ihr Zauberstab und das Ritualmesser. Auf dem Beifahrersitz lagen das lange, blutrote Band und eine kleine Schachtel mit dem Sabbat-Weihrauch, den sie für dieses Fest gemischt hatte: Sandelholz und Rose, Fenchel und Gartenraute, Kamille und Eisenkraut, Patschuli und Iriswurzeln -gemischt mit etwas Poleiminzeöl. Obwohl der Deckel geschlossen war, breitete sich der betörende Duft im Wagen aus und ließ ihre Sinne zum Tanzplatz vorauseilen.
Dort auf der Waldlichtung hinter der Grenze des Hamburger Landes begrüßte die Hohepriesterin Esther die Mitglieder des Covens mit einem Kuss. Der Maibaum lag innerhalb des magischen Kreises, den sie mit Mehl im Gras gezogen hatten, und das Loch in der Mitte war fertig ausgehoben. Voll freudiger Erwartung bereiteten die Männer und Frauen des Zirkels auf einem flachen Stein im Norden des Platzes den Altar vor und rückten die Symbole für die Elemente an ihren Platz.
Sie hatten den Maibaum bereits aufgestellt, mit Blumen und Bändern geschmückt und wollten gerade mit der rituellen Reinigung beginnen, als Aletta den Wagen abstellte und auf die Feiernden zueilte. Esther kam ihr gemessenen Schrittes entgegen und küsste sie. Sie legte Aletta beide Hände auf die Schultern und sah ihr in die Augen, dann wandte sie den Blick ab und griff nach ihrer Hand.
„Wie schön, dass du noch rechtzeitig kommst! Lass uns die Hüter der Elemente begrüßen und die Herrin der Blumen und den Herrn des Tanzes zu uns bitten."
Sie reichte Aletta die Schale mit Wasser und Salz. „Du wirst den Hüter des Feuers anrufen." Aletta stellte sich an den südlichsten Punkt des Kreises. Drei andere Mitglieder verteilten sich auf die anderen Himmelsrichtungen, um nacheinander die Hüter der Elemente anzurufen. Dann beschworen Bei und Esther Gott und Göttin in ihre Mitte. Aletta versuchte sie zu fühlen. Es kam ihr so vor, als wäre sie wirklich von Feuer umfangen, das an ihr emporzüngelte und sie verbrannte.
Esther trug den heiligen Kelch zum Maibaum, der Hohepriester zog sein Messer und schob es -während sie abwechselnd die Beschwörung sprachen -in den Kelch: Die symbolische Vereinigung von Gott und Göttin war vollzogen. Die anderen wiederholten die letzten Worte, dann stellten sie sich alle um den Maibaum und fassten sich an den Händen, während Esthers Stimme die Lichtung erfüllte.
„Dies ist die Feier der Ekstase und der Macht, des Safts und der Freude des Sichverliebens. Die Sonne ist warm, die Erde blüht in Schönheit, und der Tanz des Verlangens verwebt die Schicksale miteinander. Die Göttin und der Gott vereinigen sich in heiliger Ehe, und wir haben teil am Sakrament der Liebe."
Die dreizehn Männer und Frauen reckten die Arme in die Höhe und jubelten. Nun wurden die langen, bunten Bänder ausgerollt, Paare fanden sich am Maibaum,
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