Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
nicht«, sagt Minoo. »Du musst darüber reden.«
»Ich muss gar nichts«, sagt Linnéa, geht in die Diele und tastet im Dunkeln nach ihrem Kunstpelz.
Minoo kommt ihr hinterher und hält ihren Arm fest.
»Doch, musst du. Im Frühjahr hast du zu mir gesagt, dass ich mit jemandem über den schwarzen Rauch reden müsse. Du hattest recht. Ich meine, wenn du nicht mit mir über Vanessa sprechen willst, dann verstehe ich das. Wirklich. Aber dann sprich mit jemand anderem. Du musst es irgendwo loswerden. Sonst blubbert es vielleicht weiter einfach so aus deinem Kopf.«
Linnéa kann ihr kaum folgen, so schnell redet Minoo.
»Vielleicht ist es das nächste Mal Vanessa, die deine Gedanken hört«, fährt Minoo fort. »Willst du wirklich, dass sie es auf diese Weise erfährt?«
»Ich will überhaupt nicht, dass sie es erfährt!«, faucht Linnéa.
»Warum nicht?«
»Weil ich keine Chance habe!«
Die Worte hängen zwischen ihnen in der Luft. Für einen Moment stehen sie schweigend in der dunklen Diele.
»Wollen wir uns wieder setzen?«, fragt Minoo.
Der Tee ist schon lange kalt geworden, als Minoo den letzten Schluck aus ihrer Tasse trinkt. Sie bemüht sich, so auszusehen, als würde sie das, was Linnéa ihr gerade erzählt, überhaupt nicht ungewöhnlich finden.
Tut sie ja auch eigentlich nicht. Das Ungewöhnliche ist, dass Linnéa ihr gegenüber überhaupt etwas preisgibt. Und jetzt weiß Minoo nicht so richtig, wie sie mit diesem enormen Vertrauensbeweis umgehen soll. Der Moment ist so zerbrechlich, und sie hat Angst, dass Linnéa ihre Unbeholfenheit missverstehen könnte.
»Ich fasse es nicht, dass du dir das alles angehört hast«, sagt Linnéa und reibt sich die Stirn.
Sie weicht Minoos Blick aus.
»Ich habe dich doch darum gebeten«, sagt Minoo.
»Vielleicht hast du mehr erfahren, als du wissen wolltest«, sagt Linnéa. »Ich muss eine rauchen.«
»Ich komme mit.«
Minoo nimmt einen Aschenbecher und ein paar Decken mit auf die Treppe vor dem Haus. Gerade als sie sich setzen, surren die Straßenlaternen, und das Licht geht an. Auch die Lampen im Haus leuchten wieder und aus den Fenstern fallen helle Rechtecke auf den Rasen. Nebel kriecht über den Boden.
»Willst du eine?«, fragt Linnéa und wedelt mit der Zigarettenschachtel vor Minoos Nase.
»Nein, danke.«
»Hätte mich auch gewundert«, sagt Linnéa und grinst.
»Danke, dass du mich immer wieder darauf aufmerksam machst, wie anständig ich bin«, sagt Minoo und lächelt zurück.
Linnéa zündet sich ihre Zigarette an und nimmt einen tiefen Zug.
»So anständig bist du gar nicht. Immerhin hast du einen Lehrer verführt«, sagt sie.
»Aber ich habe meine Strafe bekommen«, sagt Minoo und Linnéa lacht.
Sie schauen sich an, und Minoo fühlt eine Wärme für Linnéa, die sie vollkommen überrumpelt.
»Danke«, sagt Linnéa ernst. »Dass du es mir gesagt hast.«
»Ich weiß, wie es ist, verliebt zu sein und niemandem davon erzählen zu können. Sei froh, dass du einen besseren Geschmack hast als ich.«
Linnéa lacht wieder.
»Normalerweise überhaupt nicht, glaub mir. Du solltest mal meine Exfreunde sehen. Es ist so typisch: Da treffe ich mal eine, die wirklich gut ist, und dann will sie mich nicht. Ich muss aufhören, verliebt zu sein. Zu meinem eigenen Besten.«
»Na dann, viel Erfolg«, sagt Minoo ironisch.
Der Satz kommt so selbstverständlich und plötzlich muss sie wegschauen.
Na dann, viel Erfolg.
Genau das hat Rebecka an jenem Herbsttag im Vergnügungspark gesagt. Dieselben Worte, derselbe Tonfall. Damals, als Minoo gerade erklärt hatte, sie würde ab sofort aufhören, in Max verliebt zu sein.
»Hallo?«, sagt Linnéa. »Wo bist du?«
»Ich musste gerade an Rebecka denken«, sagt Minoo.
Linnéa mustert sie forschend.
»Schade, dass ich sie nicht besser kennengelernt habe«, sagt sie. »Und schade, dass du Elias nie kennenlernen konntest. Er hätte dich gemocht.«
Das muss das schönste Kompliment sein, das man von Linnéa bekommen kann.
»Ich habe ihn kennengelernt«, sagt Minoo. »Wenn auch nur für ein paar Sekunden. Als ich ihn von Max befreit habe.«
Linnéa nickt.
Minoo denkt an Elias. Sie waren zusammen in der Grundschule, aber sie erinnert sich nur vage an ihn. Die weißblonden Haare und der wachsame Blick, den er sein Leben lang behielt.
Linnéa drückt ihre Zigarette aus und steht auf.
»Ich muss langsam nach Hause.«
Sie faltet die Decke zusammen, die sie sich um die Schulter gelegt hatte, und reicht sie
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