Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
Trotzdem ist ihr das weiße Schild mit der schwarzen Aufschrift noch nie aufgefallen. Es hat nichts mit ihr oder ihrem Leben zu tun.
Linnéa bleibt vor dem Eingang stehen.
»Bist du bereit?«, fragt sie.
»So bereit, wie ich eben sein kann«, sagt Minoo. »Muss ich noch was über Diana wissen?«
»Ich weiß ja nicht mal mehr, was
ich
über sie weiß«, sagt Linnéa. »Früher war sie auf meiner Seite. Sie hat mir geglaubt. Ich habe keine Ahnung, was passiert ist.«
»Vielleicht ist sie verzaubert worden«, sagt Minoo. »Wir wissen, dass bei PE Magie im Spiel ist, und wir wissen, dass Helena dich hasst.«
Linnéa schaut Minoo aus Vanessas braunen Augen an.
»Ich hoffe es«, sagt sie. »Ich hoffe, ihr Verhalten hat magische Gründe.«
Minoo nickt. Schaut zur Tür.
»Bist du nervös?«, fragt Linnéa.
»Ach was, gar nicht. Es hängt ja nur dein ganzes Leben von mir ab.«
Linnéa lächelt schwach, dann drückt sie auf den Knopf, mit dem sich die große Glastür öffnen lässt, und geht voraus.
Minoo wirft den Menschen, an denen sie vorbeikommen, scheue Blicke zu, versucht herauszufinden, wer hier arbeitet und wer Besucher ist. Dann fällt ihr auf, wie vermessen es ist zu glauben, man könnte das am Äußeren erkennen.
Sie gehen durch einen langen Flur mit avocadogrünen Wänden, zwischen denen jedes Gesicht irgendwie seekrank aussieht, bis zu einer Tür, an der ein weißes Plastikschild hängt, auf dem Diana Ehn steht.
Minoo klopft an und eine Frau öffnet. Diana ist jünger, als Minoo sie sich vorgestellt hat. Aber sie hat tiefe Falten im Gesicht, als wäre sie durchgehend besorgt.
»Hallo, Linnéa«, seufzt sie.
Ihr Tonfall verheißt nichts Gutes. Diana schaut zur echten Linnéa.
»Vanessa ist als Unterstützung mitgekommen«, sagt Minoo schnell.
»Tut mir leid, aber sie muss draußen warten«, sagt Diana.
»Ach, bitte, kommen Sie schon«, sagt Linnéa.
»Ist okay«, unterbricht Minoo sie hastig. »Ich schaffe das.«
Sie folgt Diana in ihr Büro. Die Tür fällt hinter ihnen zu.
»Setz dich«, sagt Diana.
Es klingt wie ein Befehl und Minoo sinkt auf eine harte Couch. Diana stützt sich auf ihren Schreibtisch. Sie mustert Minoo so eingehend, dass Minoo Linnéas Kunstpelz ausziehen muss, weil er sich plötzlich anfühlt wie ein Tier, das versucht, sie zu erwürgen.
»Ich bin so unglaublich enttäuscht von dir«, sagt Diana.
»Lassen Sie mich doch erklären …«
Diana schüttelt den Kopf.
»Ich will deine Ausreden nicht hören.«
»Sie müssen mir eine Chance geben …«, setzt Minoo erneut an.
»Du hast unsere Termine versäumt und ausufernde Partys gefeiert«, fällt Diana ihr ins Wort. »Ganz zu schweigen von dem Fehlalarm bei der Polizei und den verleumderischen Anschuldigungen gegen diese beiden Jungen. Du kannst froh sein, dass sie dich nicht angezeigt haben.«
»Ich will mich nicht entschuldigen, ich will erzählen, was passiert ist.«
»Nein.«
»Aber …«
»Kein ›Aber‹ mehr, Linnéa«, sagt Diana. »Es reicht jetzt.«
Minoos Frustration wächst. Plötzlich versteht sie, wieso Linnéa oft aggressiv ist, warum sie immer zu glauben scheint, Angriff wäre die beste Verteidigung, wenn es um Autoritäten geht.
Doch sie darf sich jetzt nicht gehen lassen. Sie muss versuchen, diese Sache hier für Linnéa auszubügeln.
»Es
war
ein Einbruch«, sagt Minoo. »Und ich weiß nichts über diesen Fehlalarm, der kam auch für mich wie ein Schock.«
»Bis Montag hast du die Wohnung geräumt.«
Minoo sucht fieberhaft nach Auswegen, Argumenten. Das Einzige, was ihr einfällt, ist eine Frage.
»Sie können mich doch nicht einfach rausschmeißen?«
»Doch, kann ich. Und du wirst für den entstandenen Schaden aufkommen.«
»Aber wo soll ich denn hin?«
»Wir hatten Glück. In einem Kinderheim ist ein Platz frei geworden. Es ist spezialisiert auf Mädchen mit Verhaltensauffälligkeiten. Zunächst werden wir dich in der geschlossenen Abteilung unterbringen, bis du gezeigt hast, dass du dich benehmen kannst.«
Linnéas Herz fängt an, wie wild zu rasen, und Minoo merkt, wie ihr der Schweiß ausbricht und den Rücken hinunterrinnt. Das ist also eine Panikattacke. Sie versucht, ruhig zu atmen, wie Linnéa es ihr gezeigt hat.
»Sie können mich doch nicht einfach einsperren«, stammelt sie.
»Ich wünschte, es wäre nicht nötig geworden, aber das hast du dir selbst zuzuschreiben. Und es ist ja nur zu deinem Besten.«
»Ich könnte bei einer Freundin wohnen«, sagt Minoo. »Ich weiß
Weitere Kostenlose Bücher