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Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)

Titel: Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mats Strandberg
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passieren?«, fragt sie stattdessen.
    »Es ist nur ein Fest«, sagt Gustaf. »Büfett und Tanz, so was in der Art. Es wird einfach gefeiert, dass wir jetzt mit dem Frühlingsanfang ›helleren Zeiten entgegengehen‹. Außerdem soll das PE -Mitglied des Jahres gewählt werden.«
    Es klingt so harmlos, und sie kann ihm nicht sagen, weshalb es so gefährlich ist. Sie weiß es ja nicht einmal selbst.
    »Bitte, geh nicht hin«, sagt sie.
    »Ich muss. Sonst werde ich nicht in den inneren Kreis aufgenommen. Nur dort komme ich an die wichtigen Informationen.«
    » PE ist gefährlicher, als du denkst …«, sagt Minoo.
    Sie verstummt. Warum kann sie nie das sagen, was für Gustaf eigentlich am wichtigsten wäre?
    »Genau darum kann ich nicht nur zusehen und nichts tun«, sagt Gustaf. »Du sagst doch selbst, dass du dich nicht verstecken willst.«
    Minoo begreift, dass sie ihn nicht umstimmen wird.
    »Ich weiß, es klingt bescheuert, aber versprich mir wenigstens, dass du die Kette nicht anziehst«, sagt sie.
    Er schaut sie zweifelnd an.
    »Okay. Wenn es dir so wichtig ist.«
    Sie schweigen. Minoo wird bewusst, dass sie ziemlich nah beieinander auf dem Bett sitzen. Sie spürt die Wärme seines Körpers. Ihre Hände liegen so dicht nebeneinander auf dem Bettüberwurf, dass sie sich fast berühren.
    Und plötzlich, ganz ohne Vorwarnung, nimmt er ihre Hand.
    Minoo spürt, wie sich ein wohlbekanntes Gefühl in ihrem Körper ausbreitet. Es prickelt in den Handgelenken und ihre Arme werden ganz schwach. Sie merkt, wie ihre Wangen heiß werden, und sie wagt es nicht, Gustaf anzuschauen. Ihre Hand muss sich ganz schlaff anfühlen, wie eine klebrige, tote Qualle. Aber er hält sie fest. Lange. Sie will, dass es vorbei ist. Und gleichzeitig will sie, dass es nie vorübergeht.
    Sie zieht ihre Hand zurück. Versucht zu verstehen, was sie empfindet. Aber es sind gefährliche Worte. Viel zu gefährliche. Sie wagt es nicht einmal, sie zu denken.
    »Ich muss nach Hause«, sagt sie und steht auf.
    »Entschuldige, wenn ich …«, setzt Gustaf an.
    »Nein«, unterbricht sie ihn und spürt das Blut in ihren Ohren pulsieren. »Ich meine, es war nicht … Es ist nur … Ich muss gehen.«

66. Kapitel
    I
da öffnet die Augen. Eine innere Unruhe sorgt dafür, dass sie sofort hellwach ist. Sie setzt sich im Bett auf. Schaut auf die Uhr. Knapp halb sechs.
    Sie haben Wille nach Västerås gebracht, wo er gerade noch den letzten Zug nach Stockholm erwischte. Ida kam mitten in der Nacht nach Hause. Alles war dunkel und still. Niemand war wach, um auf sie zu warten. Niemand hatte eine SMS geschickt und gefragt, wo sie ist.
    Sie geht ins Bad und duscht lange. Will die Unruhe abspülen. Sie nimmt ihren Körper in Augenschein, versucht, Anzeichen von Veränderungen zu finden, Anna-Karins Spuren, aber sie findet keine.
    Sie geht in ihr Zimmer zurück und macht den Schrank auf. Bleibt stehen. Starrt die vielen Kleider an.
    Die Entscheidungen, die sie jeden Tag so selbstverständlich getroffen hat, kommen ihr überhaupt nicht mehr selbstverständlich vor. Wahrscheinlich, weil in ihrem Leben
nichts
mehr selbstverständlich ist.
    Was zieht man in die Schule an, wenn man von allen gehasst wird? Wäre sie Anna-Karin, würde sie sich in etwas Unförmigem verstecken, sich unsichtbar machen. Wäre sie Linnéa, würde sie etwas vollkommen Durchgeknalltes anziehen, das jeden zwingt, sie anzustarren.
    Aber was würde
Ida
aussuchen?
    Es kommt ihr vor, als wäre sie immer noch in einem fremden Körper. Als wäre sie gar nicht wirklich Ida, sondern würde nur so tun als ob. Sie fährt mit einem Finger über die Stapel mit ordentlich zusammengelegten Pullovern, über die Kleider, die auf Bügeln hängen. Ihre Ida-Verkleidungen.
    Sie probiert eine halbe Stunde lang ihre Sachen an und entscheidet sich dann für einen hellblauen Pulli mit V-Ausschnitt und Jeans. Sie schminkt sich sorgfältig und mustert ihr Gesicht im Spiegel. Das Silberherz glänzt im Licht der Deckenlampe. Die Oberfläche ist zerkratzt und an manchen Stellen stumpf. Sie hat es von Mama zur Einschulung bekommen und seitdem fast jeden Tag getragen. Es ist so sehr zu einem Teil von ihr geworden, dass sie es schon seit Jahren gar nicht mehr richtig
gesehen
hat.
    Sie berührt das Herz. Sie muss mit Mama reden. Ihr alles erklären.

    Die ganze Familie sitzt am Küchentisch. Es dauert einen Moment, bis Ida sieht, was nicht stimmt. Vier Personen sitzen am Tisch, vier Stühle stehen dort. Der Stuhl, auf dem Ida sonst

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