Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
und Papa waren erstaunlich nett zueinander. Manchmal sahen sie sogar verliebt aus. Hatten diese Energie zwischen sich, von der Gustaf im Sommer sprach.
Dass Papa mittlerweile bedeutend entspannter ist, trägt natürlich dazu bei. Die
Engelsfors Nachrichten
konnten einen Raum in der Redaktion der
Fagersta Post
mieten, und Papas Artikel über PE und die Versuche der Organisation, die Stadt zu kontrollieren, fand große Aufmerksamkeit in den landesweiten Medien. Seitdem hat die Nachricht ein Eigenleben entwickelt. Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Positiven Engelsfors hat alles zu bieten, was man sich von einer satten Fortsetzungsgeschichte nur wünschen kann. Korruption, Gehirnwäsche, irregeleitete Teenager, ein Anschlag auf die Lokalpresse und das bizarre Unglück, bei dem die Frontfiguren der Bewegung ums Leben kamen. Sogar der »Selbstmordpakt« aus dem Vorjahr wurde wieder ins Spiel gebracht. War das, was sich in der Turnhalle ereignete, der missglückte Versuch eines Massenselbstmords – oder Massenmords? Warum behaupten alle, die dabei waren, sich an nichts erinnern zu können?
Papa seufzt angesichts der vielen Übertreibungen, aber ihm ist vor allem die Erleichterung darüber anzumerken, dass man ihm endlich glaubt.
Minoo hofft, dass ihn auch die Anwesenheit ihrer Mutter ruhiger macht. Vielleicht ist beiden etwas klar geworden, während sie voneinander getrennt waren.
Es klingelt, und Minoo geht an die Tür, um zu öffnen.
Gustaf zuckt zusammen, als er ihr Kleid sieht. Er erkennt es wieder. Und auch er trägt denselben Anzug wie bei Rebeckas Beerdigung.
»Bist du so weit?«, fragt er.
Sie nickt, zieht ihren Mantel an und nimmt die Blumen von der Dielenkommode.
Gustaf und Minoo treten nach draußen in die Sonne und zufällig streift seine Hand ihre.
Beide ziehen gleichzeitig ihre Hände zurück.
Er ist nur ein Freund, sagt sie zu sich selbst.
Schweigend gehen sie weiter. Die Vögel zwitschern, und als Minoo in den Himmel schaut, sieht sie eine Blaumeise vorbeifliegen,
»Ich war gestern bei Rickard«, sagt Gustaf.
Rickard ist das einzige PE -Mitglied, das nach den Ereignissen physische Schäden zurückbehalten hat. Sein Körper hat es nicht verkraftet, dass er so lange und so oft von Olivia gelenkt wurde. Seit Wochen liegt er im Krankenhaus. Die Ärzte sind ratlos.
»Wie geht es ihm?«, fragt Minoo.
»Nicht so gut«, sagt Gustaf. »Sein Körper erholt sich zwar langsam, aber er ist sehr deprimiert.«
Minoo nickt. Rickard tut ihr leid. Und sie fragt sich, wieso ausgerechnet er zu Olivias Werkzeug wurde.
Sie kommen an die Allee, die zur Kirche führt.
»Ich musste daran denken, was du an diesem Abend, als ich bei dir war, über Ida gesagt hast«, sagt Gustaf. »Dass sie versucht, ein besserer Mensch zu werden. Ich glaube, du hattest recht.«
Es versetzt ihr einen Stich, wenn sie daran denkt, wie Ida in Gustafs Armen starb, wie er versuchte, sie mit Mund-zu-Mund-Beatmung wiederzubeleben, versuchte, ihr Herz wieder in Gang zu bringen. Sie selbst wird diesen Augenblick niemals vergessen. Aber sie hat dafür gesorgt, dass Gustaf sich an nichts erinnert.
»Woran denkst du?«, fragt Gustaf.
»An nichts Besonderes«, sagt sie.
Aber sie kann Gustaf nicht länger so anlügen. Es ist einfach nicht richtig.
Irgendwann muss er die Wahrheit erfahren. Sie weiß nicht, wie oder wann, aber es geht nicht anders. Er muss wissen, wie Rebecka wirklich gestorben ist. Er muss wissen, dass Ida eine Heldin war. Er verdient es zu erfahren, wie die Welt wirklich funktioniert und was auf dem Spiel steht.
Verdienen das nicht eigentlich alle?
Der Rat will die magische Welt vor dem Rest der Menschheit geheim halten. Aber warum soll die Wahrheit einer Minderheit vorbehalten sein?
Kies knirscht unter ihren Füßen, als sie den Weg zur Kirche entlanggehen.
Linnéa, Anna-Karin und Vanessa warten schon an der Kirchentreppe.
Minoo geht zu ihnen und sie umarmen sich. Sie verteilt die Blumen. Sechs weiße Rosen. Vier von den Auserwählten und eine von Gustaf. Die sechste ist von Nicolaus. Minoo weiß, dass er es so gewollt hätte.
Sie schaut hoch und sieht Viktor. Er hat die Hände in den Manteltaschen und kommt auf sie zu. Er sucht ihren Blick. Sie schaut weg, und er geht an ihr vorbei in die Kirche, ohne ein Wort zu sagen.
Einige Tage nach Idas Tod rief er Minoo an. Er saß im parkenden Auto vor ihrem Haus.
»Adriana ist freigesprochen worden«, sagte Viktor, als sie zu ihm ins Auto gestiegen war. »Es ging
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