Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
wenigstens erfahren, was das für ein Schrott ist, den ich da auspacke?«
»Feng-Shui-Spiegel. Die eine Sorte verstärkt positive Energie, die andere wandelt negative Energie in positive um. Ich weiß nicht mehr, welche Sorte welche ist. Aber das dürfte keine Rolle spielen, solange die Leute nur glauben, dass sie funktionieren.«
Erst jetzt wird Vanessa bewusst, dass das Wort »positiv« überall im Geschäft auftaucht, auf Buchrücken, Kaffeebechern und Kühlschrankmagneten. Und in einer Ecke thronen sonnengelbe Duftkerzen, Kristalle und Badeperlen auf den Regalbrettern.
Man kann über Mona sagen, was man will, sie ist auf jeden Fall eine Überlebenskünstlerin, denkt Vanessa.
»Sieht so aus, als hätten Sie eine neue Zielgruppe aufgetan«, sagt sie.
»Und zwar eine mit Kaufkraft«, sagt Mona zufrieden.
»Was halten Sie von Positives Engelsfors?«
»Dass man nie genug Kunden haben kann«, sagt Mona und wirft ihr einen warnenden Blick zu.
Sie hat Vanessa deutlich genug zu verstehen gegeben, dass sie nicht über ihre Kundschaft tratscht. Und dass es für sie keine Rolle spielt, wer bei ihr einkauft, solange die Kasse stimmt.
»Aber was glauben Sie, was die vorhaben?«, fragt Vanessa trotzdem.
»Vermutlich versuchen sie, den Weg in ein leichteres Leben zu finden. Das tun doch die meisten von uns auf die eine oder andere Weise.«
Vanessa stellt den letzten Spiegel ins Regal und trägt den leeren Karton zur Theke.
»Okay, ich habe Ihnen geholfen«, sagt sie. »Jetzt sind Sie dran.«
»Redet man etwa so mit seiner Chefin?«
»Wie bitte?«
Mona gluckst und pustet Vanessa eine Rauchwolke ins Gesicht.
»Weißt du, Schätzchen, es gibt kaum Lieferanten, die sich trauen, mir Ekto zu verkaufen, solange der Rat in der Stadt ist. Mein Lager ist fast leer. Du könntest dir meine Waren gar nicht leisten. Aber wenn du für mich arbeitest, dann finden wir vielleicht eine Lösung, mit der wir beide glücklich sind.«
»Sie wollen, dass ich hier umsonst arbeite?«
»Keineswegs. Ich werde dich mit magischem Material bezahlen«, sagt Mona.
Vanessa zieht ihre Tasche auf die Schulter hoch. Sie hat schon öfter darüber nachgedacht, sich einen Nebenjob zu suchen. Mama hat sie nicht direkt darauf angesprochen, aber es ist offensichtlich, dass das Geld seit Nickes Auszug knapp ist.
»Sie brauchen meine Unterstützung genauso dringend wie ich Ihre«, sagt Vanessa und beugt sich über die Theke. »Sie können nicht irgendwen einstellen. Außerdem gehe ich ein Risiko ein, wenn ich mich jetzt, wo der Rat in der Stadt ist, mit Ihnen in Verbindung bringen lasse.«
Monas Augen verengen sich.
»Worauf willst du hinaus?«, sagt sie.
»Wenn ich hier arbeite, will ich auch ein Gehalt. Und Sie müssen mir alle Informationen geben, die ich brauche. Ich habe es satt, nirgends Antworten zu bekommen.«
Mona mustert sie misstrauisch, aber dann bricht sie wieder in ihr heiseres Glucksen aus. Sie klingt genauso, wie Vanessa sich Hexen vorgestellt hat, bevor sie erfuhr, dass sie selbst eine ist.
»Natürlich«, sagt Mona. »Abgemacht. Die Details besprechen wir später. Erwarte nur nicht zu viel. Ich hab schließlich keinen Goldesel im Keller.«
Monas Armband klimpert, als sie sich die Hand geben.
»Okay«, sagt Vanessa. »Und jetzt erzählen Sie mir, wie man mit einem Geist in Kontakt tritt.«
»Entschuldige, aber ist das wirklich dein Ernst?«, fragt Ida und versucht, eine bequeme Haltung auf dem Holzstuhl in Nicolaus’ Wohnzimmer zu finden. »Wir sollen
Gläserrücken
spielen?«
»So was Ähnliches«, antwortet Vanessa und dreht das Glas mit Ektoplasma, das sie in der Hand hält, »nur eben die richtige Version.«
Ida wechselt wieder die Stellung. Ihre Beine sind ganz lahm. Sie war heute länger als sonst mit Troja im Wald. Sie konnte sich kaum von ihm und dem Stall losreißen, vor allem, weil sie wusste, dass sie danach hierherkommen muss.
»Das klingt total krank«, sagt Ida. »Aber ich bin schon zufrieden, dass dieses Mal nicht wieder alles an mir hängen bleibt.«
In Wirklichkeit ist sie mehr als zufrieden. Ihre Erleichterung ist größer, als sie mit Worten beschreiben könnte.
»Du musst helfen, die Zirkel zu ziehen«, sagt Vanessa.
Ida zuckt mit den Schultern. Alles egal, solange sie nur nicht wieder von Geistern in Besitz genommen wird.
»Du und Minoo«, fügt Vanessa hinzu.
Aha. Wieder mal typisch. Nie kann irgendwas einfach und ungefährlich sein.
Ida erinnert sich nur vage daran, was im Speisesaal passiert
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