Feuer (Engelsfors-Trilogie) (German Edition)
ist, als Minoo Max besiegt hat. Aber sie hat von dem schwarzen Rauch gehört und davon, was Minoo mit Max gemacht hat. Seitdem hat sie jedes Mal, wenn sie Magie üben, schreckliche Angst, dass Minoo ihr aus Versehen die Seele aussaugt.
»Ich weiß nicht, ob ich mich dabei so sicher fühle«, sagt Ida.
Alle Blicke richten sich auf sie.
»Ich meine, wir wissen doch gar nicht, was Minoo eigentlich für Kräfte hat. Wer weiß, was sie auslöst?«
Ida schaut vorsichtshalber niemanden an. Sie weiß, was passieren wird. Gleich fallen die anderen über sie her – nur, weil sie ausspricht, was alle denken. Aber Minoo überrascht sie.
»Ich stimme Ida zu. Warum muss ich das machen?«, sagt sie und klingt völlig zu Recht nervös.
»Mona hat gesagt, dass ihr eigentlich nicht klar ist, wozu du gut bist«, antwortet Vanessa. »Aber ihr Gefühl sagt ihr, dass ihr beide das übernehmen solltet.«
»Verlassen wir uns neuerdings nur noch auf ein
Gefühl
?«, sagt Ida. »Ist euch eigentlich klar, wie gefährlich das ist?«
»Was haben wir denn deiner Meinung nach für eine Wahl?«, sagt Linnéa. »Mir hat das Buch keine Antwort gegeben. Und dir auch nicht, oder doch?«
Ida schweigt. Versucht, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass das Buch ihr wenigstens versprochen hat, sie von diesen Freaks zu befreien, sobald alles überstanden ist.
Vanessa stellt das Ektoplasmaglas auf den Tisch und fängt an, laut vorzulesen, was auf dem Zettel mit dem verschnörkelten Logo der Kristallgrotte steht.
»Das Ritual kann nur in der Nacht von Samstag auf Sonntag ausgeführt werden, zwischen Mitternacht und ein Uhr morgens«, sagt sie. »Wir brauchen einen großen Spiegel, auf den wir mit schwarzem, wasserfestem Stift die Buchstaben schreiben müssen.«
»Warum denn ausgerechnet einen Spiegel?«, fragt Anna-Karin.
»Offenbar können Geister Spiegeln nicht widerstehen«, sagt Vanessa. »Wahrscheinlich sind sie eitel oder so.«
Mit kalten Fingern greift das Entsetzen nach Idas Gesicht. Sie muss nachts unbedingt den Spiegel in ihrem Zimmer zuhängen.
»Dann brauchen wir noch die Zutaten für die Zirkel. Natürlich das Ektoplasma. Außerdem muss jede von uns dort, wo Matilda beerdigt ist, ein Stück Fingernagel vergraben. Also in der Kärrgruva. Die müssen da eine Nacht bleiben und dann wieder ausgegraben werden.«
»Ist es wichtig, dass es Fingernägel sind, oder gehen auch Zehennägel?«, fragt Anna-Karin.
»Uhh, ihh!«, sagt Ida.
»Ich glaube, das ist egal«, sagt Vanessa.
»
Mir
ist das nicht egal«, sagt Ida. »Ich muss schließlich damit rumschmieren.«
»Ansonsten brauchen wir noch ein bisschen Erde aus der Kärrgruva«, sagt Vanessa, »Salz und Eisenspäne. Das alles muss mit dem Ektoplasma vermischt werden. Zusammen mit …« Sie macht eine Pause und schaut erst zu Linnéa, die auf dem Boden sitzt, und dann zu Minoo. »… der Asche von etwas, das Elias gemacht hat, und etwas von Rebecka.«
»Gemacht hat?«, sagt Minoo. »Was meinst du damit?«
»Es muss irgendetwas sein, das sie mit ihren Händen hergestellt haben«, sagt Vanessa.
»Zum Beispiel etwas, das Rebecka geschrieben hat?«, sagt Minoo.
»Ich glaube schon«, sagt Vanessa.
»Und das muss dann verbrannt werden?«, fragt Linnéa.
Vanessa nickt.
Linnéa denkt an die Kiste mit Elias’ Briefen. Jeder einzelne von ihnen ist so kostbar für sie. Sie fragt sich, wie sie entscheiden soll, welchen davon sie opfert.
Sie würde so gerne ein letztes Mal mit ihm reden können. Sich richtig von ihm verabschieden.
Aber wenn man mit den Toten sprechen kann …
Linnéa hat noch eine andere Kiste zu Hause. Ein verwaschenes Kurt-Cobain-T-Shirt liegt darin. Eine Kassette mit Liebesliedern – FÜR BJÖRN VON EMELIE . Ein Brief, den ihre Mutter an ihren Vater geschrieben hat, als der im Heim lebte und sie selbst bei Pflegeeltern, die sie zwangen, auf einer Matratze im unbeheizten Keller zu schlafen. Sie schrieb ihm, wie sehr sie ihn vermisst und dass sie nicht weiß, wie sie es ohne ihn aushalten soll. Eine Gedichtsammlung von Karin Boye. EIGENTUM VON EMELIE LUNDÉN , steht mit Tinte auf dem Vorsatzblatt geschrieben. Ein paar grüne Babysöckchen, die ihre Mutter gestrickt hat. Und ein Foto, auf dem sie im Storvallspark sitzt, die Hände vor ihrem riesigen Bauch verschränkt. Sie war zwanzig, als sie schwanger wurde, aber sie sieht fast jünger aus als Linnéa jetzt. Die dicken schwarzen Haare hängen ihr ins Gesicht und man kann ihre Augen kaum sehen. Aber sie lacht. Hat keine
Weitere Kostenlose Bücher