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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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eine Reihe in Wasserfarben ausgeführter Blumenstücke, die, in zierliche Rahmen gefaßt, von so zarter Tönung waren wie die getrockneten Blumen, die man unter Glas aufbewahrt zur Erinnerung an eine Liebe oder an eine Tote. Als sie in ein weiteres Zimmer traten, sagte die Foscarina:
    »
Vergänglichkeit!
Auch hier.«
    Auf einer Konsole stand die Marmorübertragung der Figur des Francesco Torbido, in der Plastik noch abschreckender durch das minutiöse Studium des Bildhauers, der mit dem Meißel jede Furche, Sehne und Vertiefung einzeln herausgearbeitet hatte. Und an den Türen der Zimmer erschienen die Geister der gekrönten Frauen, die ihr Unglück und ihren Niedergang in dieser Behausung verborgen hatten, die geräumig war wie ein Königsschloß und wie ein Kloster.
    »Marie Luise von Parma im Jahre 1817« – fuhr die eintönige Stimme fort.
    Und Stelio unterbrach:

    »Ah, die Königin von Spanien, die Gemahlin Karls IV. und die Geliebte von Manuel Godoi! Diese interessiert mich vor allen anderen. Sie kam hierher während der Zeit ihrer Verbannung. Wissen Sie, ob sie sich hier mit dem Konig und dem Günstling aufgehalten hat?«
    Der Führer wußte nichts weiter als den Namen und die Jahreszahl.
    »Warum interessiert Sie diese?« – fragte die Foscarina. – »Ich weiß nichts von ihr.«
    »Ihr Ende, die letzten Lebensjahre in der Verbannung, nach so viel Leidenschaft und so viel Kämpfen, sind von einem unsäglich poetischen Reiz.«
    Und er schilderte ihr diese leidenschaftliche und zähe Persönlichkeit, den schwachen und leichtgläubigen König, den schönen Abenteurer, der der Bettgenosse der Königin gewesen und von der wütenden Menge auf das Straßenpflaster geschleift worden war, die Erschütterungen dieser drei durch das Schicksal miteinander verknüpften Leben, die durch den Willen Napoleons wie Strohhalme in einen Strudel gewirbelt wurden, den Aufruhr von Aranjuez, die Abdankung, die Verbannung.
    »Dieser Godoi also, den Friedensfürst, wie ihn der König genannt hatte, folgte seinen Souveränen getreulich in die Verbannung; er blieb seiner königlichen Geliebten treu und sie ihm. Und sie lebten immer zusammen unter demselben Dach, und Karl hegte nie den leisesten Zweifel an Marie Luisens Tugend und schirmte die beiden Liebenden gleichmäßig mit seinem Wohlwollen bis zum Tode. Stellen Sie sich ihren Aufenthalt hier an diesem Ort vor, stellen Sie sich diese Liebe vor, die aus dem furchtbaren Orkan gesichert hervorging. Alles war zerbrochen, zerschmettert, in Staub aufgelöst unter des Zerstörers Macht. Bonaparte war darüber hingefahren, aber er hatte unter den Trümmern diese schon ergraute Liebe nicht ersticken können! Die Treue dieser beiden ungestümen Seelen rührt mich ebenso wie der Glaube des sanften Königs. So alterten sie. Denken Sie nur! Erst starb die Königin, dann der König; und der Günstling, der jünger als die beiden war, lebte noch einige Jahre, von einem Orte zum andern irrend...«
    »Das ist das Zimmer des Kaisers!« – sagte feierlich der Führer, eine Tür weit öffnend.
    Der große Schatten schien allgegenwärtig in der Villa des Dogen Alvise. Die kaiserlichen Adler, das Sinnbild seiner Macht, beherrschten von der Höhe alle die verblichenen Reliquien. Aber in dem gelben Zimmer füllte er das geräumige Bett, streckte sich unter dem Baldachin, zwischen den vier von Oriflammen gekrönten Säulen. Das gewaltige Wappen leuchtete in dem Lorbeerkranze auf dem Spiegel von trübem Glase fort, zwischen zwei Siegesgöttinnen, die die Kandelaber trugen.
    »In diesem Bett hat der Kaiser geschlafen?« – fragte der junge Mann den Führer, der ihm das Bildnis des Condottiere an der Wand zeigte, dargestellt im Hermelinmantel mit Krone und Szepter, spaßhaft anzusehen, wie bei der weihevollen Einsegnung durch Pius VII. – »Ist das ganz sicher?«
    Er war erstaunt, daß er nicht jenen ehrfürchtigen Schauer empfand, den die Spuren des Helden den ehrgeizigen Gemütern verursachen, das nachdrückliche Klopfen des Herzens, das ihm so wohlbekannt war. Vielleicht war es die eingeschlossene Luft, der Modergeruch der alten Stoffe und Polster, die seinen Geist abstumpften, das dumpfe Schweigen, in dem der große Name keinen Widerhall erweckte, während das Picken eines Holzwurmes so deutlich und beharrlich zu vernehmen war, daß er vermeinte, es im Ohr zu haben.
    Er lüftete einen Zipfel der gelben Bettdecke und ließ ihn schnell zurückfallen, als sei das darunter liegende Kissen voller

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