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Feuer (German Edition)

Feuer (German Edition)

Titel: Feuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele d'Annunzio
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verstanden. Gewiß war, was er sagte, die Wahrheit, aber die Geliebte hatte nach einer anderen Wahrheit gefragt. Jäh brach er ab, er konnte den Ton seiner Worte nicht mehr ertragen. Er fühlte, daß in diesem Augenblick zwischen ihm und der Schauspielerin die Kunst keinen Widerhall fand, keinen lebendigen Wert hatte. Eine andere Macht, gebieterischer und finsterer, beherrschte sie. Die von dem Intellekt geschaffene Welt war leblos wie diese alten Steine, über die sie schritten. Die einzige lebendige und furchtbare Macht war das Gift, das in ihr Menschenblut einströmte. Der Wille der einen sagte: »Ich liebe dich und will dich ganz für mich allein besitzen, Leib und Seele.« Der Wille des anderen sagte: »Ich will, daß du mich liebst und mir dienst, aber ich kann im Leben auf nichts verzichten, was mein Begehren reizt.« Der Kampf war ungleich und grausam.

    Da die Frau schwieg und unwillkürlich ihren Schritt beschleunigte, machte er sich bereit, der anderen Wahrheit ins Auge zu blicken.
    »Ich verstehe, daß es nicht dies war, was Sie wissen wollten ...«
    »Ja, nicht dies. Nun wohl.«
    Sie wandte sich ihm zu mit einer Art krampfhafter Heftigkeit, die ihn an die Raserei eines fernen Abends erinnerte und an den wilden Schrei: »Geh, lauf! Sie erwartet dich.« Auf diesem stillen Quai, zwischen dem trägen Wasser und den zarten Glaswaren, auf der verödeten Insel, erschien ihm wieder, wie in einem Blitz, das Antlitz der Gefahr.
    Aber ein zudringlicher Mensch trat ihnen entgegen und bot ihnen an, sie zu dem nahegelegenen Schmelzofen zu führen.
    »Laß uns hineingehen, laß uns hineingehen« – bat die Frau, dem Manne folgend, und sich in den Eingang drängend wie in einen Zufluchtsort, um den Schimpf der offenen Straße, das profane Tageslicht über ihrer Verdammnis zu vermeiden.
    Der Ort war feucht, mit Salzlake befleckt, und roch nach Salz wie eine Meergrotte. Sie gingen über einen Hof, auf dem Brennholz hoch aufgeschichtet lag, und durch eine verfallene Tür tretend, standen sie vor dem Herd des Feuers,wurden sie von dem feurigen Atem umhüllt, sahen sie vor sich den großen glühenden Altar, der ihre Augen schmerzhaft blendete, als fingen plötzlich ihre Augenbrauen Feuer.
    ›Verschwinden, verschlungen werden ohne eine Spur zu hinterlassen!‹ schrie das Herz des zerstörungstrunkenen Weibes. ›In einem Augenblick könnte dieses Feuer mich verzehren, wie dürres Reisig, wie trockenes Stroh.‹ Und sie näherte sich den Offnungen, durch die man die flüssigen Flammen gewahrte, leuchtender als ein Sommernachmittag, wie sie die irdenen Tiegel umhüllten, in denen das formlose Metall zum schmelzen gebracht wurde, das die hinter ihren Schutzschirmen stehenden Arbeiter mit einer eisernen Röhre schöpften, um es durch das Blasen mit den Lippen und mit den Kunstwerkzeugen zu formen.
    ›Wunderkraft des Feuers!‹ dachte der Wecker, seiner Unruhe entzogen durch die wunderbare Schönheit des Elements, das ihm vertraut war wie ein Bruder seit dem Tage, an dem er die offenbarende Melodie gefunden hatte. ›Ach, könnte ich dem Leben der mich liebenden Wesen Gestalten in der Vollkommenheit schenken, nach der ich strebe! Könnte ich in höchster Glut alle ihre Schwächen zum Schmelzen bringen und eine gefügige Materie daraus machen, um ihr die Gebote meines heroischen Willens und die Bilder meiner reinen Dichtkunst aufzuprägen! Warum, meine Freundin, warum wollen nicht Sie die bewegliche göttliche Statue meines Geistes sein, das Werk des Glaubens und des Schmerzes, durch das unser Leben den Sieg über unsere Kunst davontragen würde? Warum sind wir auf dem Punkte, kleinlichen Liebesleuten zu gleichen, die jammern und sich verwünschen? Ich glaubte in Wahrheit, daß Sie mir mehr zu geben hätten als Liebe, da ich von Ihren Lippen das herrliche Wort vernahm: ›Das kann ich, was die Liebe nicht vermag.‹ Alles, was die Liebe kann und was sie nicht kann, muß man immer können, um meiner unersättlichen Natur zu genügen.‹
    Rings um den Schmelzofen wurde die Arbeit eifrig betrieben. Am Ende der eisernen Blasröhren blähte sich das geschmolzene Glas, wand sich, wurde silberglänzend wie eine Wolke, leuchtete wie der Mond, wurde auseinander gesprengt, teilte sich in tausend feinste, klirrende, funkelnde Splitter, die zarter waren und dünner als die Fäden, die man des Morgens in den Wäldern sich von einem Zweig zum andern spinnen sieht. Die Arbeiter formten die anmutigen Kelche, jeder bei der Arbeit einem eigenen

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