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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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mich übergeben oder die Penne an die Wand schmeißen zu müssen, und schaute meinem Vater und Giselle nur zu, wie sie schweigend ihre Nudeln aßen.
    Nach dem Essen ging ich in die Küche, um mir etwas Wasser zu holen. Giselle war dabei abzuspülen. Sie trat hinter mich, um die Teller in die Spüle zu stellen, und als sie sich bewegte, hörte ich, dass sie sagte: Du bist ein verzogener Fratz. Die Worte hingen um mich in der Luft wie Rauchschwaden. Ich sah nicht, dass sie ihren Mund bewegte.
    »Was hast du gesagt?«
    »Nichts«, antwortete sie überrascht.
    Mein Vater erwartete mich in seinem Arbeitszimmer in einem gemusterten alten Schaukelstuhl, der seinem Onkel gehört hatte. Ich entschied mich, für mich zu behalten, was Giselle meiner Meinung nach gesagt hatte.
    »Bleibst du heute Nacht hier bei mir?«, fragte ich ihn stattdessen und setzte mich auf die kleine Ledercouch neben ihm. Der Fernseher war abgestellt, daher machten wir Small Talk. Unser Gespräch wurde durch Pausen unbehaglichen Schweigens unterbrochen. »Ich habe Angst, allein zu sein.«
    »Natürlich«, antwortete er.
    Dann: »Lass mich alleine! Geh aus dem Zimmer!«
    Und dann wieder: »Es tut mir leid. Bleibst du bitte?«
    So ging es mehrere Stunden weiter, zwischen Hysterie und Anschuldigungen, immer wieder gefolgt von Entschuldigungen. Abgesehen davon kann ich mich nicht an viel in dieser Nacht erinnern, was daran liegen könnte, dass es eine Möglichkeit für meinen Körper war, eine gewisse Selbstachtung zu bewahren. Niemand hat sich gerne als Monster in Erinnerung. Auch mein Vater erinnert sich nicht mehr, wobei er sich wohl bewusst dafür entschieden haben dürfte, es zu vergessen. Ich weiß, dass ich etwas Schreckliches zu ihm sagte – etwas so Grauenhaftes, dass mein Vater zu weinen anfing. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich ihn weinen sah. Aber anstatt dass es Mitleid in mir erweckt hätte, trug dies nur noch weiter zu meinem verdrehten Machtbedürfnis bei. Ich befahl ihm, das Zimmer zu verlassen und nach oben ins Schlafzimmer zu gehen.
    Kurz darauf ertönte von oben ein schreckliches Krachen und Donnern. Bumm, bumm, bumm . Ich entschied mich dafür, es zu ignorieren.
    Ich ging in sein Kriegszimmer, nahm den Säbel aus dem Unabhängigkeitskrieg, zog ihn aus der Scheide, war wie gebannt von seiner Klinge, dann legte ich ihn zurück. Nun hörte ich Giselles Stimme. Sie flehte meinen Vater an. »Bitte tu mir nicht weh«, bettelte sie. »Tu mir nicht weh wegen ihr.«
    Dann wieder das unwirkliche Bumm, bumm, bumm .
    Ich ging zurück ins Arbeitszimmer und setzte mich wieder auf die Ledercouch.
    Ein Gemälde von dem Entwurf der Unabhängigkeitserklärung war plötzlich von Betriebsamkeit erfüllt. Über dem Kamin wurde ein großes Ölgemälde von einer Eisenbahnszene lebendig, die Lokomotive stieß Wolken von kohlegeschwärztem Rauch aus. Die eingefallenen Augen von Lincolns Büste schienen mir mit dem Blick zu folgen. In dem Puppenhaus, das mein Vater für mich gebaut hatte, als ich Kind war, spukte es.
    Bumm, bumm, bumm .
    Es war das Geräusch von Fäusten, die auf einen harten Gegenstand wie einen Schädel schlugen. Ich sah es klar vor mir. Er schlug sie, weil sie über mich verärgert war.
    Bumm, bumm, bumm .
    Ich musste einen Ausgang finden. Es musste doch eine Möglichkeit geben herauszukommen. Ich rüttelte wie wahnsinnig an der Wohnungstür, aber sie war von außen versperrt. Hält er mich hier fest, um mich als Nächste umzubringen? Ich warf mich gegen die Tür und ignorierte den Schmerz, der durch meine rechte Schulter schoss. Ich muss hier raus. Lasst mich raus.
    »Lasst mich raus! Lasst mich raus! Hilfe!«, schrie ich und hämmerte mit den Fäusten gegen die Tür. Ich hörte die schweren Schritte meines Vaters auf der Treppe über mir. Ich rannte. Wohin? Ins Bad. Ich versperrte die Tür hinter mir und versuchte, den schweren Schrank vor die Türe zu schieben, um mich zu verbarrikadieren. Das Fenster. Es lag zwei Stockwerke über dem Erdboden; ich begriff, dass ich den Sturz überleben könnte.
    »Susannah, ist alles in Ordnung? Bitte öffne die Tür.«
    Ja, ich wäre wahrscheinlich gesprungen. Aber dann fiel mein Blick auf einen kleinen Buddha, den Giselle auf dem Waschtisch stehen hatte. Er lächelte mich an. Ich lächelte zurück. Alles würde gut werden.

Kapitel 14
Weitere Suche – weitere Anfälle
    F rüh am nächsten Morgen kamen meine Mama und Allen, um mich abzuholen. Als ich den Subaru sah, stürzte ich aus dem

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