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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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stereotaktische Neurochirurgie« nennt. Es umfasst die drei- und zweidimensionale optische Kartierung des Gehirns, sodass der Chirurg rasch und präzise einen bestimmten Bereich des Gehirns anvisieren kann – in meinem Fall den rechten Frontallappen. Er hatte bereits einen Bereich ausgewählt, einen Bereich, in dem es keine großen ableitenden Venen gab und der am weitesten entfernt von den Anteilen des Gehirns liegt, die für die motorischen Funktionen zuständig sind. Meine Liege wurde zum OP-Tisch gefahren und mein Kopf desinfiziert. Anschließend erhielt ich eine Vollnarkose.
    »Zählen Sie von 100 rückwärts«, instruierte mich der Anästhesist.
    »100 … 99 …«
    Als ich meine Augen schloss, befestigten sie den Kopfhalter an meinen Schläfen, damit mein Kopf bewegungslos in einer Position bleiben würde. Dr. Doyle nahm mit einem Skalpell einen S-förmigen Einschnitt vor, vier Zentimeter von der Mittellinie der Kopfhaut über der rechten Schläfenregion. Der S-Bogen verlief bis direkt hinter den Haaransatz. Er durchtrennte die Haut mit einer scharfen Klinge und fixierte beide Teile mit Retraktoren. Er hielt einen Hochgeschwindigkeitsbohrer in der Hand wie ein geschickter Zimmermann, setzte diesen an meinem Schädel an und bohrte ein »Trepanationsloch« in die Schädeldecke, eine Öffnung mit einem Zentimeter Durchmesser. Anschließend überarbeitete er das Trepanationsloch mit einem Kraniotom, einem dickeren Bohrer, mit dem der Knochen sehr fein zermahlen wird. Er entfernte ein drei Zentimeter großes Stück der Knochenplatte und legte die Dura frei, die äußerste, harte Hirnhaut. Einen Teil davon hob er auf, um ihn zusammen mit Hirngewebe zur Untersuchung einzuschicken.
    Mit einer dünnen #11-Skalpellklinge und einem Seziermesser schnitt er mehrere Würfel von etwa einem Kubikzentimeter aus dem Gewebe, diese beinhalteten weiße Substanz (Nervenfasern) und graue Substanz (Nervenzellkörper). Proben davon wurden für spätere Untersuchungen aufgehoben und eine Extraprobe eingefroren, falls weitere Untersuchungen erforderlich sein würden. Er reinigte abschließend die Gehirnsubstanz und stoppte die Blutung mit speziellen Wattebäuschen, die aus einer stark absorbierenden synthetischen Faser bestehen.
    Nun legte er mit größter Sorgfalt ein Stück Duragewebe auf die äußere Hirnschicht, nähte beides zusammen und fügte anschließend die Knochenplatte wieder ein. Er drückte die Platte auf einer Seite so hinein, dass sie durch den vorhandenen Knochen fixiert wurde, und sicherte die Platte dann mit Schrauben und einer kleinen Metallplatte. Er beendete den Eingriff, indem er die äußere Hautschicht wieder in ihre ursprüngliche Position brachte, und schloss die Naht mit Metallklammern. Die gesamte Operation dauerte vier Stunden.
    »Zählen Sie von 100 rückwärts«, sagte eine körperlose Stimme.
    »100 … 99 …98 …«
    Dunkelheit.
    Blinzel. Blinzel. Blinzel. Ich bin noch wach.
    Dunkelheit.
    Ein überfüllter Aufwachraum. Ich bin alleine. Rechts neben mir wird ein anderer Patient von seiner Familie umringt. Wo sind meine Eltern?
    Dann sehe ich sie. Mama und Papa. Ich kann mich nicht bewegen.
    Dann Stephen und Allen. Ich versuche, meinen Arm etwas zu heben, um zu winken; er fühlt sich an, als sei er mindestens 20 Kilogramm schwer.
    Dunkelheit.
    »Durst.« Meine Stimme ist heiser. »Durst.«
    »Hier«, antwortet eine Schwester barsch und schiebt mir einen in Wasser getränkten Schwamm in den Mund. Die Konsistenz ist unangenehm, aber das Wasser ist ein Geschenk des Himmels. Ich sauge und sauge. »Durst.« Sie schiebt einen neuen Schwamm in meinen Mund. Ich höre, wie die Eltern nebenan ihr Kind mit Eisstückchen füttern. Ich hebe meinen Arm. Ich möchte auch welche. Ein Pfleger nähert sich. »Eis.« Er bringt mir ein paar Eisstücke und legt sie auf meine Zunge. Ich kann hören, wie die Schwester zu ihm sagt, er solle mir kein Wasser geben. »Sie darf kein Wasser haben. Beachte sie einfach nicht.«
    »Wasser, Wasser«, stöhne ich.
    Sie kommt zu mir. »Es tut mir leid, aber Sie dürfen keines mehr haben.«
    »Ich werde allen erzählen, wie Sie mich behandeln. Ich werde es allen erzählen, wenn ich hier herauskomme.«
    »Was haben Sie gesagt?« Ihr Tonfall ängstigt mich.
    »Nichts.«
    Dunkelheit.
    Ich bin in einem Einbettzimmer, das mir Platzangst bereitet. Ich muss pinkeln. Ich muss pinkeln. Ich drücke. Der Katheter löst sich und der Urin spritzt über das Bett. Ich stoße einen Schrei aus. Eine

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