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Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns

Titel: Feuer im Kopf - meine Zeit des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Calahan
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und flüsterte mir ins Ohr: »Susannah, du sollst wissen, dass wir alle für dich da sind und an dich denken.« Ich konnte meine Arme nicht biegen, um die Umarmung zu erwidern.
    Lindsey, die hinter uns stand und die Szene beobachtete, machte sich zur Verabschiedung bereit. Sie hatte keine Neigung zu Theatralik und weinte selten. Während ihrer Besuchstage war sie immer stoisch geblieben und hatte sich nie anmerken lassen, wie quälend der Aufenthalt für sie gewesen war, aber jetzt konnte sie sich nicht mehr beherrschen.
    Sie ließ ihr Gepäck fallen und umarmte mich. Plötzlich weinte ich auch.
    Lindsey reiste an diesem Vormittag ab, ohne zu wissen, ob sie ihre beste Freundin je zurückbekommen würde.

Kapitel 34
California Dreamin’
    A m 29. April, weniger als zwei Wochen nach meiner Krankenhausentlassung, kehrte ich für eine Woche wieder in das New York University Medical Center zu einem Plasmaaustausch zurück. Da meine Symptome nicht mehr als epileptisch galten, sondern im Zusammenhang mit der Autoimmun-Enzephalitis gesehen wurden, kam ich in den siebten Stock auf die neurologische Station. Anders als die Epilepsie-Station war diese Abteilung im alten Hospital nicht renoviert worden. Es gab keine Flachbildschirm-Fernseher, alles wirkte schäbiger und die Patienten schienen älter, gebrechlicher und irgendwie dem Tod näher zu sein. Eine senile Frau in einem Einzelzimmer am Ende des Korridors verbrachte ihre Nachmittage damit, immer und immer wieder »PIZZA!« zu rufen. Als mein Vater nach dem Grund fragte, erklärte die Schwester, die Frau liebe die Freitage, an denen es Pizza gebe.
    Ich teilte ein Zimmer mit einer adipösen Schwarzen namens Debra Robinson. Obgleich sie an Diabetes litt, glaubten die Ärzte, ihre Probleme würden von einer Darmkrebserkrankung herrühren, hatten diese Theorie aber noch nicht bestätigt. Debra war so übergewichtig, dass sie ihr Bett nicht verlassen und zur Toilette gehen konnte. Stattdessen erledigte sie ihr Geschäft in einer Bettpfanne, wodurch das Zimmer regelmäßig mit allen erdenklichen üblen Gerüchen erfüllt war. Sie entschuldigte sich aber jedes Mal und es war unmöglich, sie nicht zu mögen. Sogar die Schwestern und Pfleger liebten sie.
    Der Plasmaaustausch erfolgte über einen Katheter, der direkt in meine Halsvene eingeführt wurde. »Oh mein Gott«, sagte Stephen, als er zusah, wie die Schwester die Nadel einführte. Es machte Popp , als sie meine Halsvene durchstach. Während sie den Katheter in seiner Position hielt, wickelte eine andere Schwester festes Klebeband in der Konsistenz von Malerkrepp um den Katheter, damit er senkrecht fixiert blieb, sodass er senkrecht aus der rechten Seite meines Halses herausragte. Das Klebeband war so rau, dass es rote Striemen auf meiner Haut hinterließ. Auch wenn der Katheter abscheulich unangenehm war, musste er die ganze Woche über während der Behandlung dort bleiben.
    Das Verfahren zum Plasmaaustausch hat seinen Ursprung in einem schwedischen Milchentrahmer aus dem späten 19. Jahrhundert, der den Quark von der Molke trennt. Die Wissenschaftler waren von dieser einfachen Maschinerie so begeistert, dass sie versuchten, sie zum Trennen von Plasma (der gelben Flüssigkeit, in der die Zellen schwimmen und in der die Antikörper enthalten sind) und Blut (das die roten und weißen Blutkörperchen enthält) zu verwenden. Das Blut fließt in den Zellseparator, der das Blut wie eine Wäscheschleuder mischt und in diese beiden Komponenten spaltet – Plasma und Blutzellen. Anschließend transportiert das Gerät das Blut zurück in den Körper und ersetzt das ursprüngliche Plasma – in dem sich viele schädliche Auto-Antikörper befinden – durch eine neue, proteinreiche Flüssigkeit, die keine Antikörper enthält. Jeder Vorgang dauert rund drei Stunden. Die Ärzte hatten fünf Sitzungen verordnet.
    Bei diesem zweiten Aufenthalt durften meine Freunde nach Belieben kommen und gehen und erhielten von mir alle ihre Spezialaufträge: Hannah brachte mir weitere Zeitschriften, meine Schulfreundin Jen einen Pumpernickel-Bagel mit Butter und Tomaten und Katie Diät-Cookies.
    An meinem vierten Tag im Krankenhaus kam Angela zu Besuch, aber sie war noch immer über mein Aussehen erschrocken. Später schrieb sie Paul in einer E-Mail, dass ich »blass, dünn, weggetreten … schön gruselig« ausgesehen hätte. Vor mir lag noch ein weiter Weg.
    Es ist meine letzte Nacht im Krankenhaus. Meine Zimmergenossin Debra bekam soeben neue

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